Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Anspruch von landwirtschaftlich tätigen Personengesellschaften, die nur infolge des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG als Gewerbebetrieb zu beurteilen sind, auf Nichtaktivierung des Feldinventars im Billigkeitswege. keine Bindungswirkung der Gestattung der Nichtaktivierung des Feldinventars in Einkünftefeststellungsbescheiden für erstmalig erlassene Gewerbesteuermessbetragsbescheide

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine ausdehnende Auslegung von R 14 Abs. 2 S. 3 EStR, wonach bei landwirtschaftlichen Betrieben mit jährlicher Fruchtfolge von einer Aktivierung des Feldinventars und der stehenden Ernte aus Billigkeitsgründen abgesehen werden kann, in der Weise, dass auch landwirtschaftlich tätige Personengesellschaften, die nur infolge des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG als Gewerbebetrieb zu beurteilen sind, die Billigkeitsregelung in Anspruch nehmen dürfen, kommt nicht in Betracht.

2. Wurde einer land- und forstwirtschaftlich tätigen Persongesellschaft in bestandskräftigen Bescheiden über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft im Billigkeitswege (R 14 Abs. 2 Satz 3 EStR i.V.m. § 163 AO) gestattet, das Feldinventar nicht zu aktivieren, und werden ihre Einkünfte nach einer Betriebsprüfung erstmals als gewerblich behandelt und deswegen erstmalig Gewerbesteuermessbeträge festgesetzt, so hat die mit den ursprünglichen Feststellungsbescheiden verbundene bestandskräftige Billigkeitsentscheidung betreffend die Nichtaktivierung des Feldinventars keine Bindungswirkung auf die Bescheide über den Gewerbesteuermessbetrag, sondern betrifft ausschließlich die Feststellungsbescheide; infolgedessen kann das Feldinventar bei der Ermittlung des Gewerbeertrags anders als in den Einkünftefeststellungsbescheiden gewinnerhöhend zu aktivieren sein.

3. Hat der Kläger im Einspruchs- und im Klageverfahren gegen den Gewerbesteuermessbetragsbescheid ausdrücklich auch einen Anspruch auf eine abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen geltend gemacht (hier: Nichtaktivierung des Feldinventars) und das FA darüber auch (ablehnend) entschieden, so ist von einer Verbindung beider Verfahren (Steuerfestsetzungsverfahren bzw. gesondertes Billigkeitsverfahren) im Wege einer objektiven Klagehäufung auszugehen, mit der Folge, dass das FG sowohl über die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags als auch über das Billigkeitsverfahren entscheiden kann.

 

Normenkette

GewStG § 7 S. 1, § 2 Abs. 1 S. 2; AO § 163 Sätze 1-2, § 182 Abs. 1; EStR R 14 Abs. 2 S. 3; EStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 2, 3 Nr. 1; FGO § 43

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 14.09.2017; Aktenzeichen IV R 51/14)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob das Feldinventar bei der Ermittlung der Gewerbesteuermessbeträge gewinnerhöhend zu erfassen ist.

Die Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechtes (nachfolgend GbR genannt). An der GbR sind Herr W zu 75 v. H., Herr S zu 15 v. H. sowie Herr R zu 10 v. H. beteiligt. Zweck der GbR ist:

  • die Errichtung und Unterhaltung eines landwirtschaftlichen Betriebes,
  • die Beteiligung an Gesellschaften, deren Zweck auf die Unterhaltung land- und forstwirtschaftlicher Betriebe gerichtet ist sowie
  • die Vornahme ergänzender und den Gesellschaftszweck fördernder Maßnahmen und Rechtsgeschäfte.

Die Klägerin hat ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr vom 01. Juli bis zum 30. Juni. Das Feldinventar hatte die Klägerin nicht aktiviert, sondern von der Billigkeitsregelung gemäß R 131 EStR 2001/ R 14 Abs. 2 Satz 3 Gebrauch gemacht.

Der Beklagte stellte die Einkünfte der Klägerin für die Streitjahre mit den Feststellungsbescheiden vom 06. August 2004 (2002), 21. Juli 2005 (2003), 18. August 2006 (2004), 08. August 2007 (2005) und 29. September 2008 (2006) erklärungsgemäß als Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft fest. Eine Bilanzierung des Feldinventars erfolge nicht. Sämtliche Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen von 2002 bis 2006 ergingen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO).

In der Zeit vom 04. Dezember 2007 bis 24. September 2008 fand bei der Klägerin betreffend die Veranlagungszeiträume 2002 bis 2006 (Umsatzsteuer 2001 bis 2005) eine Betriebsprüfung statt.

Der Prüfer stellte fest, dass die Klägerin in den Streitjahren neben land- und forstwirtschaftlichen Umsätzen auch Umsätze aus Lohnarbeit und Maschinenmiete erzielt hatte. Ab dem Wirtschaftsjahr 2001/2002 nahm die Klägerin eine teilweise Umstrukturierung im Unternehmen vor. Die Lohnarbeiten wurden nicht mehr wie bisher durch die Klägerin, sondern durch die neu gegründete Gesellschaft S GbR für fremde Dritte ausgeführt. An der S GbR waren seit dem 1. August 2001 folgende Personen beteiligt: W (75 %), S (15 %) sowie R (10 %). Die Klägerin veräußerte die für die Lohnarbeiten notwendigen Maschinen nicht an die S GbR, sondern vermietete sie für die Durchführung der ents...

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