Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebseinnahmen einer Betreuerin eines Kindes wegen Honorar- und Sachkosten steuerpflichtig

 

Leitsatz (redaktionell)

Erbringt eine Betreuerin Erziehungsleistungen im Sinne von § 34 SGB VIII zu einem weit über den Pauschalen des § 33 SGB VIII liegenden Honorar, so ist dieses steuerpflichtige Betriebseinnahme, die nicht gem. § 3 Nr. 11 EStG steuerbefreit ist.

 

Normenkette

EStG § 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 2; SGB VIII § 34; EStG § 3 Nr. 11

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 05.11.2014; Aktenzeichen VIII R 29/11)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Frage der Steuerpflicht von Honorar- und Sachkosten, die die Klägerin von der Firma A in B, Mitglied im C (Bundesarbeitsgemeinschaft für …) für die Vollzeitbetreuung eines Kindes bezieht.

Die Klägerin schloss mit der Firma A am 22.06.2005 einen Betreuungsvertrag zur Betreuung des Kindes D. In diesem Zusammenhang wurde eine Honorar- und Sachkostenvereinbarung geschlossen, wonach die Klägerin ein Tageshonorar von 83,82 EUR zuzüglich von Sachkostenpauschalen in Höhe von 27,06 EUR (ohne Supervision) bzw. 32,09 EUR (mit Supervision) erhalten sollte. Mit Verträgen vom 27.10.2006 bzw. 20.11.2008 schloss die Klägerin vergleichbare Verträge mit der Firma A für zwei weitere Kinder ab. Auf die abgeschlossenen Verträge, sowie den Leitfaden-Betreuungsvertrag sowie die Leistungsbeschreibung der Firma A, welche die Klägerin zu den Akten gereicht hat, wird Bezug genommen.

Mit Bescheid vom 04.06.2008 schätzte der Beklagte die Einkommensteuer 2006. Auf Basis einer anschließend eingereichten Einkommensteuererklärung der Klägerin erließ der Beklagte einen Einkommensteuerbescheid 2006 am 24.06.2008. Mit Datum vom gleichen Tage erließ er darüberhinaus einen Vorauszahlungsbescheid für Einkommensteuer 2007 sowie einen Vorauszahlungsbescheid ab dem III. Quartal 2008 sowie für das Jahr 2009. Der Beklagte ging davon aus, dass die von der Firma A bezogenen Einnahmen abzüglich der diesbezüglichen Ausgaben einen steuerpflichtigen Gewinn darstellten.

Hiergegen wandte sich die Klägerin mit Einspruch vom 04.07.2008, wobei sie die Auffassung vertrat, dass die Zahlungen der Firma A gemäß § 3 Nr. 11 EStG nicht als selbständige Einkünfte aus ihrer Tätigkeit als Erzieherin steuerpflichtig seien.

Den Einspruch wies der Beklagte mit Bescheid vom 13.03.2009 als unbegründet zurück.

Gegen die Einkommensteuerfestsetzung des Jahres 2006 wandte sich die Klägerin mit Klage vom 08.04.2009. Am 17.04.2009 erweiterte sie ihre Klage im Hinblick auf die festgesetzten Vorauszahlungen im Jahre 2007 und 2008. Dieses Verfahren wird unter dem Aktenzeichen 10 K 1122/09 geführt.

Mit Klage vom 17.04.2009 wandte sich die Klägerin gegen die Festsetzung der Einkommensteuervorauszahlung für die Jahre ab 2009.

Zur Begründung ihrer Klage trägt die Klägerin vor, dass sie als ausgebildete Erzieherin von der Firma A Kinder zur Betreuung vermittelt bekommen habe. Bei der Firma A handele es sich um einen Träger, der Gelder aus öffentlichen Fördermitteln des Jugendamtes beziehe und diese zu individualpädagogischen Betreuungsformen und beziehungsorientierter Betreuungsarbeit einsetze. Dieses erfolge dergestalt, dass die Firma A mit unterschiedlichen Erziehern Verträge abschließe, woraufhin diese Erzieher Kinder zur Betreuung in ihren Haushalt aufnehmen und betreuen.

Dabei erhielten die Erzieher von der Firma A die zuvor ausgehandelten Honorare sowie angefallene Sachkosten erstattet. Die Firma A – welche eine Betriebserlaubnis im Sinne von § 44 SGB VIII von Seiten des LVR erhalten habe – stelle ihrerseits ihre Leistungen dem Jugendamt in Rechnung. Dabei würden im Wesentlichen diejenigen Beträge, die an die Betreuer ausbezahlt worden seien, dem Jugendamt in Rechnung gestellt, so dass die Zahlungen an die Erzieher letztlich durchlaufende Posten seien.

Entscheidend für die Frage, ob eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 11 EStG vorliege, sei, dass die Klägerin eine Vollzeitpflege nach § 33 SGB VIII betreibe. Eine Erziehung nach § 34 SGB VIII liege bereits deshalb nicht vor, weil die Klägerin keine „Einrichtung” im Sinne des § 22 Abs. 1 SGB VIII betreibe. Hierunter fielen lediglich Kindergärten, Horte und andere Einrichtungen. Bei der Betreuung in einem Privathaushalt fehle es jedoch an den Tatbestandsmerkmalen „organisatorische und personelle Ressourcen”. Gerade im Hinblick auf die personellen Ressourcen sei darauf hinzuweisen, dass die Klägerin keine sozial pädagogisch ausgebildete Fachkraft sei. Ohne eine solche Fachkraft könne ein Pflegehaushalt jedoch keine Einrichtung nach § 34 SGB VIII sein.

Die von der Klägerin betreuten Pflegekinder seien in ihrer Entwicklung besonders beeinträchtigt, da sie durch diverse Straftaten bzw. durch Drogenkonsum im Alter zwischen zehn und sechzehn Jahren auffällig geworden seien. Häufig seien sie Opfer häuslicher Gewalt geworden und selbst gewalttätig. In der Folge hätten sie an geistigen und psychischen Krankheiten zu leiden.

Nach den BMF-Schreiben vom 07.02.1990 und 20.11.2007 werde eine Pflege solch...

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