Nachgehend

BFH (Urteil vom 14.10.1997; Aktenzeichen III R 102/96)

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger der Pflegepauschbetrag nach § 33 b Abs. 6 EStG in voller Höhe oder nur zur Hälfte zusteht.

Der Kläger pflegte im Streitjahr seinen pflegebedürftigen Vater in dessen Wohnung gemeinsam mit seiner Mutter. In seiner Einkommensteuererklärung beantragte der Kläger den Pflegepauschbetrag. Der amtliche Nachweis über die Pflegebedürftigkeit des Vaters lag dem Beklagten vor. Die Mutter des Klägers stellte keinen Antrag auf Berücksichtigung des Pflegepauschbetrags.

Mit dem Einkommensteuerbescheid vom 02.03.1992 berücksichtigte der Beklagte den Pflegepauschbetrag zur Hälfte. Der Bescheid erging bezüglich der Frage der Aufteilung des Pflegepauschbetrags nach § 165 Abs. 1 AO vorläufig.

Nach Ergehen der Lohnsteuer-Richtlinien 1993, die in Abschnitt 100 Abs. 15 Satz. 7 die Weisung enthalten, daß der Pflegepauschbetrag auch dann aufzuteilen sei, wenn nur eine von mehreren Pflegepersonen den Pauschbetrag in Anspruch nehme, die anderen entweder nicht oder ihre Aufwendungen im Rahmen des § 33 EStG nach Abschnitt 93 Abs. 2 geltend machen, erklärte der Beklagte den Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr bezüglich der Aufteilung des Pflegepauschbetrags für endgültig. Der Einspruch, mit dem der Kläger die Berücksichtigung des vollen Pflegepauschbetrags begehrte, hatte keinen Erfolg. Seine ablehnende Entscheidung stützte der Beklagte auf Abschnitt 100 Abs. 15 Satz 7 LStR 1993. Er betrachtete es als unerheblich, ob die Mutter des Klägers die Vergünstigung des Pflegepauschbetrags in Anspruch nehme.

Mit der Klage macht der Kläger geltend, die Anweisung in den Lohnsteuer-Richtlinien entspreche nicht dem Gesetzesinhalt des § 33 b Abs. 6 EStG. Danach sei eine Aufteilung nicht vorzunehmen, wenn nur eine von mehreren Pflegepersonen die Voraussetzungen nach § 33 b Abs. 6 Sätze 1 und 2 EStG erfülle. Dazu gehöre die Geltendmachung des Pflegepauschbetrages. Der Kläger stützt sich dabei im wesentlichen auf im Schrifttum vertretene Auffassungen.

Der Kläger beantragt,

den Einkommensteuerbescheid vom 12.10.1993 in der Weise zu ändern, daß weitere außergewöhnliche Belastungen in Höhe von 900,00 DM berücksichtigt werden, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Der Beklagte nimmt Bezug auf die Einspruchsentscheidung.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

Der Beklagte hat den Kläger zu Unrecht lediglich den halben Pflegepauschbetrag gewährt. Dem Kläger steht der volle Pflegepauschbetrag in Höhe von 1.800,00 DM zu.

Nach § 33 b Abs. 6 Satz 1 EStG 1990 kann ein Steuerpflichtiger wegen der außergewöhnlichen Belastungen, die ihm wegen der Pflege einer Person erwachsen, die nicht nur vorübergehend so hilflos ist, daß sie für die gewöhnlich und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens im erheblichem Umfang fremder Hilfe dauernd bedarf, anstelle einer Steuerermäßigung nach § 33 einen Pauschbetrag von 1.800/00 DM im Kalenderjahr geltend machen (Pflegepauschbetrag). Nach Satz 2 der Vorschrift ist Voraussetzung, daß der Steuerpflichtige die Pflege im Inland entweder in seiner Wohnung oder in der Wohnung des Pflegebedürftigen persönlich durchfuhrt. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind im Streitfall unstreitig erfüllt. Der Vater des Klägers ist pflegebedürftig und wird in seiner Wohnung vom Kläger und der Mutter des Klägers gepflegt.

Der dem Kläger zustehene Pflegepauschbetrag ist nicht deswegen nach § 33 b Abs. 6 Satz 3 EStG um die Hälfte zu kürzen, weil der Kläger seinen Vater nicht allein, sondern gemeinsam mit seiner Mutter gepflegt hat. Nach dieser Vorschrift wird der Pauschbetrag nach der Zahl der Pflegebedürftigen, bei denen die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 vorliegen, geteilt, wenn ein Pflegebedürftiger von mehreren Steuerpflichtigen im Veranlagungszeitraum gepflegt wird.

Die entscheidungserhebliche Streitfrage, ob die Verweisung des Satzes 3 auf das Vorliegen der Voraussetzung der Sätze 1 und 2 die Geltendmachung des Pflegepauschbetrags einschließt, wird unterschiedlich beurteilt. Während Abschnitt 100 Abs. 15 Satz 7 LStR 1993 (entsprechend nunmehr R 194 Abs. 2 EStR) lediglich auf die Pflege und nicht auf die Geltendmachung des Pflegepauschbetrags durch mehrere Personen abstellt (ebenso Schmieszek in Hartmann/Böttcher/Nissen/Bordewin, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 33 b Abs. 7 Rdn. 83 ohne Begründung allein durch Verweis auf die LStR) erfordert die Aufteilung des Pflegepauschbetrags nach ganz herrschender Meinung im Schrifttum, daß der Pauschbetrag tatsächlich von mehreren Personen geltend gemacht wird (Kanzler in Herrmann/Heuer/Raupach, § 33 b EStG Rdn. 142; derselbe, FR 1992, 669, 675; Schmidt/Glanegger, EStG, 15. Auflage 1996, § 33 b Rdn. 22; Fitsch in Lademann/Söffing, EStG und KStG, § 33 b Rdn. 63; Blümich/Oepen, EStG, § 33 b Rdn. 49; Borggreve in Littmann/Bitz/Hellwig, EStG, § 33 b Rdn. 49).

Die Stre...

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