Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachträgliche Änderung des Schenkungsteuerbescheides wegen erhöhter Ausgleichungspflicht des Beschenkten bei Tod des Schenkers

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein Schenkungsteuerbescheid ist nachträglich gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO zu ändern, wenn bei der Übertragung eines Grundstücks eine Ausgleichspflicht nach §§ 2050 ff. BGB angeordnet ist, die entgegen § 2056 Satz 1 BGB ausdrücklich nicht auf den Anteil am Nachlass beschränkt ist und es aus diesem Grund im Fall des Todes des Übertragenden zu einer tatsächlichen Nachschusspflicht des Zuwendungsempfängers kommt.

 

Normenkette

AO § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2; BGB §§ 2050, 2056 S. 1; ErbStG § 7 Abs. 1 Nr. 1

 

Tatbestand

Mit notariellem Vertrag vom 20. September 2005 (UR-Nr. 2 des Notars B in C) erwarb der Kläger im Wege der vorweggenommenen Erbfolge von seiner Mutter, Frau A, das im Grundbuch des Amtsgerichts D von E, Blatt 1, Flur …, Flurstück …, eingetragene Grundstück. Der übertragene Grundbesitz dient gewerblichen Zwecken und ist mit einer Gewerbehalle bebaut. Bis zur Übertragung auf den Kläger wurde es von der „A4 und A5 GbR” genutzt, die dort einen Karosseriebaumeisterbetrieb sowie einen Autolackiermeisterbetrieb unterhielt. Herr A4 war durch privatschriftliche Erklärung vom 5. September 2005 mit Wirkung zum 31. August 2005 aus der GbR ausgeschieden; seitdem führte der Kläger den Betrieb als Einzelunternehmer weiter.

Die Mutter des Klägers behielt sich den lebenslänglichen unentgeltlichen Nießbrauch an dem übertragenen Grundbesitz vor. Nach Abschnitt III.3 des Vertrags hatte der Kläger diese Grundstücksübertragung zudem bei der Teilung des dereinstigen Nachlasses seiner Mutter mit einem Betrag von 340.000 EUR (entsprechend einem eingeholten Wertgutachten der F-Bank vom 22. Juni 2005 zzgl. eines Betrags von 10.000 EUR für eine nicht bewertete Lackierkabine) nach §§ 2050 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) mit der Maßgabe zur Ausgleichung zu bringen, dass er einen Mehrempfang gegenüber dem Wert seines Erbteils unter Hinzurechnung der Grundstücksübertragung entgegen § 2056 BGB durch Zahlung in den Nachlass auszugleichen hatte.

Dem Grundstücksübertragungsvertrag liegt ein Gewerbemietvertrag zwischen dem Kläger und seiner Mutter bei. Danach vermietete die Mutter das Grundstück an den Kläger auf unbestimmte Zeit zu einer Miete von 2.336,20 EUR monatlich zzgl. USt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den notariellen Vertrag vom 20. September 2005 und die Anlagen hierzu verwiesen.

Nach Aufforderung durch den Beklagten gab der damalige Bevollmächtigte des Klägers am 17. März 2006 eine – nicht unterschriebene – Schenkungsteuererklärung ab. Er erklärte einen Grundbesitzwert von 372.500 EUR und eine Nutzungsauflage in Form des Nießbrauchs für die Mutter des Klägers mit einem Jahreswert in Höhe von 32.952 EUR.

Am 4. April 2006 setzte der Beklagte die Schenkungsteuer unter dem Vorbehalt der Nachprüfung auf 18.425 EUR fest. Von diesem Betrag wurden 15.023 EUR gemäß § 25 ErbStG zinslos gestundet. Der Bescheid enthält die Erläuterung, dass der Steuerfestsetzung der in der eingereichten Kopie der Steuererklärung zum Grundbesitzwert erklärte Wert zugrunde gelegt worden sei. Es werde um Einreichung einer unterschriebenen Steuererklärung gebeten. Der Nießbrauch sei nicht erwerbsmindernd zu berücksichtigen; die auf den Nießbrauch entfallende Steuer werde bis zum Wegfall der Belastung gestundet. Die unter Abschnitt III. 3 des notariellen Übertragungsvertrags vereinbarte Ausgleichsverpflichtung im Erbfall stehe unter der aufschiebenden Bedingung (§ 6 des Berwertungsgesetzes – BewG), dass der Kläger durch die Schenkung einen Mehrempfang gegenüber seinem Erbteil erhalten habe. Diese Belastung sei gemäß § 6 Abs. 2 BewG erst beim Eintritt der Bedingung erwerbsmindernd berücksichtigungsfähig.

Am … Januar 2010 verstarb die Mutter des Klägers. Erben wurden ausweislich des Erbscheins des Amtsgerichts C vom … März 2005 der Kläger zu 1/3, Herr A1 zu 1/3, Herr A2 zu 1/6 und Herr A3 zu 1/6. Der Nachlasswert betrug insgesamt 432.807,83 EUR, bestehend aus dem an den Kläger schenkweise übertragenen Grundstücks (340.000 EUR) und Bankguthaben in Höhe von insgesamt 92.807,83 EUR. Danach entfielen auf den Kläger und Herrn A1 jeweils 144.269,28 EUR, auf die Herren A2 und A3 jeweils 72.134,64 EUR. Hiernach ergab sich in Verbindung mit der Ausgleichungsverpflichtung in III.3 des Grundstücksübertragungsvertrags vom 20. September 2005 eine Zahlungsverpflichtung des Klägers in Höhe von insgesamt 195.730,72 EUR, die der Kläger mit Überweisungen vom 26. April 2010 erfüllt hat. Wegen der Einzelheiten wird auf die Berechnung des Klägers im Schriftsatz vom 25. August 2014 sowie die in der Anlage zu diesem Schriftsatz übersandten Kontoauszüge verwiesen.

Mit Schreiben vom 13. Oktober 2011 beantragte der Kläger, den Schenkungsteuerbescheid vom 4. April 2006 im Hinblick auf seine Ausgleichszahlungen an die anderen Erben zu ändern. Wegen der Beträge wird auf die Anlage zum Schreiben der Bev...

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