Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufwendungen für den Austausch einer asbesthaltigen Heizung als außergewöhnliche Belastung

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Es bestehen Bedenken, ob Aufwendungen für den Austausch einer 27 Jahre alten Elektrospeicher-Heizungsanlage mit einer wirtschaftlichen Nutzungsdauer von 25 Jahren außergewöhnlich sind.

2) Ein bereits eingetretener wirtschaftlicher Verbrauch der ausgestauschten Geräte ist im Wege des Vorteilsausgleichs zu berücksichtigen.

3) Zwangsläufig können auch präventive Aufwendungen sein, wenn bei Unterlassen der Aufwendungen der Eintritt eines schwerwiegenden Gesundheitsschadens nach wissenschaftlichen Erkenntnissen höchst wahrscheinlich ist.

 

Normenkette

EStG § 33 Abs. 2, 1

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Kosten des Austausches von Elektrospeicherheizgeräten gegen eine Gaszentralheizungsanlage im Streitjahr 1994 als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen sind.

Die Kläger hatten ihr Einfamilienhaus im Jahr 1967 errichtet. Es war ursprünglich mit einem 300 Liter fassenden Warmwasserspeicher und mit elf Elektrospeicherheizgeräten und ausgestattet (7 seriengefertigte Blechheizköper und 4 sondergefertigte Kachelheizkörper). Im Jahr 1992 hatten die Kläger für einen Gesamtpreis von 1.870 DM den Warmwasserspeicher ihrer Heizung erneuert.

Da Elektrospeicherheizgeräte in den 50er und 60er Jahren vielfach Asbestplatten enthielten, erließ die OFD Köln mit Kurzinfo 10/93 vom 22. April 1993 eine innerdienstliche Weisung für die Anerkennung von Aufwendungen zur Vermeidung gesundheitlicher Schäden infolge von Asbestfasern als außergewöhnliche Belastung. Voraussetzung für die Anerkennung war danach

  1. der Nachweis, dass die bislang installierten Geräte tatsächlich Asbest enthielten;
  2. der Nachweis des tatsächlichen Ersatzes durch asbestfreie Elektrospeichergeräte und
  3. die tatsächliche Gefährdung durch austretende Asbestfasern, die im Einzelfall durch die Bestätigung der zuständigen amtlichen technischen Stelle erfolgen konnte.

Der Nachweis zu 1) konnte für seriengefertigte Geräte durch Bestätigung des Herstellers oder durch den typenbezogenen Auszug aus der Speicherheizgerätedatei erbracht werden, während der Nachweis für nicht seriengefertigte Geräte (beispielsweise gemauerte Kachelgeräte) individuell zu erbringen war.

Im Streitjahr 1994 entfernten die Kläger daraufhin sämtliche Elektrospeichergeräte und ersetzten diese durch eine Gaszentralheizung mit Warmwasserversorgung (120 Liter Warmwasserspeicher). Dabei entstanden in 1994 – nach Verrechnung eines Zuschusses für die Installation eines umweltfreundlichen Gasbrennwertkessels – Aufwendungen in Höhe von 21.820 DM. Zum Nachweis der Asbesthaltigkeit legte der Kläger eine Rechnung des Containerdienstes … vom 22. Juni 1994 vor, nach der neben einem Sperrmüllcontainer „7 Nachtspeicherheizungen (asbesthaltig)” entsorgt worden sind.

Der Beklagte versagte die Anerkennung der Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung. Zum einen sei das Vorliegen der Voraussetzungen zu 1) bis 3) nicht hinreichend nachgewiesen, zum anderen sei kein Ersatz durch asbestfreie Elektrospeichergeräte erfolgt, sondern eine Umstellung auf eine Gaszentralheizung. Damit liege eine Modernisierung vor, so dass ein Abzug auch auf Grund des erlangten Gegenwertes nicht in Betracht komme.

Im Zuge des Einspruchsverfahrens nahm der Beklagte am 10. Juli 1995 Rücksprache mit dem TÜV Rheinland, um zu klären, wie die tatsächliche Gefährdung durch austretende Asbestfasern nachgewiesen werden könne, nachdem der Kläger die alten Elektrospeichergeräte ausgebaut und entsorgt habe. Die Mitarbeiterin des TÜV Rheinland erklärte daraufhin, man könne über die Art.Nr. der Geräte und den Abgleich mit der Datei lediglich klären, ob die Geräte Asbestplatten enthielten; der Nachweis einer tatsächlichen Gesundheitsgefährdung durch austretende Asbestfasern sei nicht mehr möglich, weil man wegen der Entsorgung der Geräte weder Raumluftmessungen durchführen noch Proben entnehmen könne.

Der TÜV Rheinland bestätigte daraufhin die Asbesthaltigkeit der zwei kleinsten seriengefertigten und deshalb preisgünstigsten 1-kw-Geräte (ES 1060). Die anderen 5 seriengefertigten Geräte (3 × ES 4568, 4,5 kw; ESH 3085, 3 kw; ES 3068, 3 kw) waren nach Angaben des TÜV asbestfrei. Für die 4 sondergefertigten Kachelspeicherheizgeräte (10,5 kw, 6,5 kw, 4,5 kw und 3 kw) konnten keine Angaben gemacht werden. Die beiden asbesthaltigen 1-kw-Geräte waren in den WC's eingebaut. Ihr Austausch hätte ausweislich eines vom Kläger in der Folgezeit eingereichten Kostenvoranschlags vom 19. Dezember 1995 Kosten von 588 DM (incl. USt) verursacht. Der Beklagte erkannte deshalb ohne weiteren Nachweis der tatsächlichen Gefährdung durch Asbestaustritt aus den 1-kw-Geräten 588 DM als außergewöhnliche Belastung an, wodurch sich allerdings angesichts der zumutbaren Eigenbelastung von 3.299 DM keine Steuerminderung ergab. Die Kläger machten demgegenüber ihren Beweisnotstand hinsichtlich der 4 sondergefertigten Kachelöfen geltend, weil d...

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