Entscheidungsstichwort (Thema)

Gewerbesteuerpflicht einer fehlerhaften Steuerberatersozietät

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Haben ein zugelassener Steuerberater und ein Steuerfachgehilfe eine "Partnerschaft" zur Erbringung von Steuerberaterleistungen tatsächlich in Vollzug gesetzt und nach außen den Eindruck einer freiberuflichen GbR erweckt, so liegt einkommensteuerrechtlich eine gewerbliche Mitunternehmerschaft vor, die auch gewerbesteuerpflichtig ist.

2) Das Gesellschaftsverhältnis ist weder aufgrund des Verstoßes gegen das StBerG (§ 134 BGB) noch aufgrund einer nachträglichen Anfechtung des Gesellschaftsvertrages durch den Steuerberater nichtig (§§ 123, 142 BGB); vielmehr sind lediglich die Rechtsgeschäfte zwischen der Gesellschaft und ihren Mandanten unwirksam.

3) Die Rückabwicklung der fehlerhaften Gesellschaft bewirkt nicht das Entfallen der Gewerbesteuerpflicht, weil sich aus § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG ergibt, dass die Mitunternehmerschaft jedenfalls gewerblich tätig gewesen ist. Insoweit ergibt sich aus dieser Vorschrift steuerlich etwas anderes im Sinne von § 41 Abs. 1 Satz 2 AO.

 

Normenkette

StBerG § 5 Abs. 1 Satz 1; GewStG § 5 Abs. 1 Satz 3; AO § 41 Abs. 1 Satz 2; StBerG § 56

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 10.08.2010; Aktenzeichen VIII R 45/07)

 

Tatbestand

Die Kläger sind Vater und Sohn. Der Kläger V ist als Steuerberater zugelassen, der Sohn S ist Diplom-Kaufmann und Steuerfachgehilfe.

Der Kläger V führte bis zum 00.00.1995 als Steuerberater eine Einzelpraxis. Er nahm den Kläger S zum 00.00.1995 in die Einzelpraxis auf. Ein schriftlicher Gesellschaftsvertrag wurde nicht geschlossen. Eine Anzeige der Sozietätsgründung bei der Steuerberaterkammer erfolgte nicht.

Ab dem Veranlagungszeitraum 1995 bis einschließlich 1999 gaben die Kläger Erklärungen zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die Einkommensbesteuerung ab. Sie bezeichneten sich im Rahmen der Feststellungserklärungen als „J-Partner” und gaben an, dass der Kläger V mit einem Gewinnanteil i.H.v. 60 v.H. und Kläger S mit einem Gewinnanteil von 40 v.H., ab 1999 beide Gesellschafter mit jeweils 50 v.H. an der Gesellschaft beteiligt sein sollten. In allen Feststellungserklärungen erklärten die Kläger gemeinschaftliche Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Die den Feststellungserklärungen zugrunde liegenden Gewinnermittlungen für die Streitjahre 1996-1999 wurden von den Klägern nach den Grundsätzen der Einnahme-Überschussrechnung gem. § 4 Abs. 3 EStG ermittelt. Der Kläger V war bestellter Empfangsbevollmächtigter der Kläger.

Im Außenverhältnis firmierten die Kläger unter der Anschrift „J-Partner”, K-straße in B. Für die weiteren Einzelheiten wird auf die in der Handakte des Betriebsprüfers abgelegten Schreiben der Kläger an den P Verlag vom 6.10.1997, an die Treuhand K vom 13.11.1997, das Schreiben des Verlags C über die Änderung der Anzeige für das Adressbuch der Stadt B, einem Schreiben an den Zeitungsverlag B, Korrespondenz mit H, der V-OHG Adressbuchverlag wegen der Eintragung der Sozietät im örtlichen Telefonbuch, der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte verwiesen (Bl. 92-100 der Prüferhandakte).

Die Kläger wurden bei der Einkommensteuer für die Streitjahre 1996, 1997 und 1998 durch entsprechende Gewinfeststellungsbescheide zunächst jeweils erklärungsgemäß veranlagt.

Der Kläger S war zugleich Schatzmeister des Sportvereins U. Im Zusammenhang mit steuerstrafrechtlichen Ermittlungen wurde er in 2002 in Untersuchungshaft genommen. Im Rahmen seiner Vernehmungen gestand er, nicht über eine Zulassung als Steuerberater zu verfügen.

Zu einem nicht näher bekannten Zeitpunk nach der Inhaftierung und dem Geständnis seines Sohnes erklärte der Kläger V die Zusammenarbeit mit seinem Sohn für beendet.

Der Kläger V wandte sich mit Schreiben vom 00.00.2002 an die Steuerberaterkammer und zeigte an, Kenntnis erlangt zu haben, dass sein Sohn nicht zum Steuerberater bestellt worden sei. Er habe hieraus die Konsequenz gezogen und die Mitarbeit beendet, was er seinen Mandanten zur Kenntnis geben werde. Sein Sohn habe ihm erklärt, nach seinem zweiten Versuch, im Jahr 1994/1995 die Steuerberaterprüfung zu absolvieren, dass er diese bestanden habe. Er habe im Vertrauen darauf vor der Aufnahme seines Sohnes in die Einzelpraxis nicht die Vorlage der Prüfungsurkunde zur Einsicht verlangt.

Der Beklagte führte eine Betriebsprüfung wegen Einkommen- und Gewerbesteuer durch. Zugleich gab er den Klägern die Eröffnung des Ermittlungsverfahrens wegen des Verdachts der Gewerbsteuerhinterziehung bekannt. Der Prüfer ging davon aus, dass der Kläger S zwar Mitunternehmer der Steuerberatungssozietät geworden sei, die Steuerberatungssozietät mangels der Bestellung aller Mitunternehmer zu Steuerberatern aber Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG erziele. Er setzte die bislang als Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit ermittelten Gewinnanteile als Einkünfte aus Gewerbebetrieb an und ermittelte im übrigen die Sonderbetriebseinnahmen und -ausgaben...

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