Entscheidungsstichwort (Thema)

Vermögensverwaltung für Anlagegesellschaften als Verwaltung von Sondervermögen i.S.v. Artikel 13 Teil B Buchstabe d Nr. 6 der 6. EG-RL umsatzsteuerfrei

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Bei Fonds, die Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren i.S. der OGAW-Richtlinie darstellen, handelt es sich grundsätzlich um Sondervermögen i.S. dieser Vorschrift.

2) Die Verwaltung der Vermögenswerte solcher Fonds durch außenstehende Verwalter, die insbesondere berechtigt sind, An- und Verkäufe von Wertpapieren und Optionen vorzunehmen, Wertpapiere zu konvertieren oder umzutauschen, Bezugsrechte auszuüben, zu kaufen oder zu verkaufen, Devisen anzuschaffen oder zu veräußern sowie alle übrigen Maßnahmen zu treffen, die ihr bei der Verwaltung der Vermögenswerte als zweckmäßig erscheinen, ist umsatzsteuerfrei gemäß Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 6. EG-Richtlinie.

3) Auf die im Vergleich zu § 4 Nr. 8 h UStG weitergehende Steuerbefreiung gemäß Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der 6. EG-Richtlinie kann der Stpfl. sich unmittelbar berufen.

 

Normenkette

6. EG-RL Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6; RL 85/611/EWG (OGAW-Richtlinie) Art. 1 Abs. 2; UStG § 4 Nr. 8 Buchst. h

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 05.09.2019; Aktenzeichen V R 2/16)

 

Tatbestand

Ursprünglich ist zwischen den Beteiligten streitig gewesen, ob bestimmte Leistungen der Klägerin als Umsätze im Geschäft mit Wertpapieren bzw. mit der Vermittlung dieser Umsätze gemäß § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG steuerbefreit sind oder als Verwahrung und Verwaltung von Wertpapieren von dieser Steuerbefreiung nicht erfasst werden. Im Laufe des Klageverfahrens hat sich auf der Grundlage der neueren Rechtsprechung des EuGH und BFH geklärt, dass diese Bestimmung im Streitfall nicht einschlägig ist. Die Klägerin macht nunmehr geltend, dass die streitbefangenen Umsätze nach Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17.05.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (6. EG-Richtlinie) umsatzsteuerbefreit sind.

Bei der Klägerin handelt es sich um eine in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft geführte Kapitalgesellschaft, deren Unternehmensgegenstand ausweislich § 2 ihrer Satzung vom ….1996 u.a. die Verwaltung eigenen und fremden Vermögens ist, namentlich die Übernahme der Geschäftsführung und Vertretung solcher Gesellschaften, die eigenes Vermögen verwalten. …

In diesem Zusammenhang initiierte die Klägerin die Gründung der jeweils in der Rechtsform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts geführten Fondsgesellschaften Gemeinschafts-Aktiendepot „Q”, Unternehmens-Beteiligungsdepot „Q1”, Gemeinschafts-Anleihendepot „Q2”, Gemeinschaftsdepot „Q3” und Immobilien-Beteiligungsdepot „Q4”. Rechtliche Grundlage dieser Fondsgesellschaften waren dabei fünf jeweils inhaltlich identisch abgefasste Gesellschaftsverträge (vgl. Bl. 277 bis 281 der Gerichtsakte).

Nach § 2 der Gesellschaftsverträge ist es jeweils der Zweck der Fondsgesellschaft, eine Investitionsmöglichkeit für Anleger und Anlegerinnen zu schaffen, die ihre … Überzeugungen auch bei der Geldanlage berücksichtigt sehen wollen. Gegenstand der Fondsgesellschaft ist die gemeinsame, langfristige und wertsteigernde Geldanlage in Wertpapiere unter Berücksichtigung spezieller Kriterien. Deshalb ist die Fondsgesellschaft bestrebt, das Gesellschaftsvermögen, soweit dies möglich ist, nur in solche Wirtschaftsbereiche und Firmen zu investieren, die sich durch aktiven Umweltschutz auszeichnen sowie keine militärischen Güter oder Dienstleistungen produzieren und keine politische oder soziale Diskriminierung verursachen oder unterstützen. Die Fondsgesellschaft übt keine gewerbliche Tätigkeit aus. Die Fondsgesellschaft darf keine Geschäfte tätigen, die nicht im direkten Zusammenhang mit der Förderung des vorstehenden Gesellschaftszweckes und im Einklang mit den Bedingungen dieses Vertrages stehen.

Gesellschafter wird nach § 5 derjenige, der durch seine Unterschrift den Gesellschaftsvertrag anerkennt und seine Einzahlung auf das in § 7 des Gesellschaftsvertrags genannte Treuhandkonto leistet.

Das Gesellschaftsvermögen steht den Gesellschaftern nicht zur gemeinsamen Hand, sondern nach Bruchteilen zu. § 427 BGB findet keine Anwendung (§ 6).

Nach § 7 unterhalten die Gesellschafter ihr gemeinsames Konto und Depot beim amerikanischen Brokerhaus B …, USA. Alle Gesellschafter sind Kontoinhaber. Die uneingeschränkte Verfügung über dieses Konto liegt ausschließlich bei dem Treuhänder H aus S.

Die Einzahlungen der Gesellschafter werden in Anteile umgerechnet, die kontenmäßig gutgeschrieben werden und auch den Bruchteil eines Anteils ausmachen können (Unit-System). Die Bewertung des Gesellschaftsvermögens erfolgt monatlich mit den zuletzt festgestellten Kursen und Preisfeststellungen der Börse am letzten Handelstag der ersten Woche des Monats (Wochenschlusskurse). Der Wert der Anteile errechnet sich aus der Summe des Gesellschaftsvermögens im Verhältnis zur Anzahl der vorhandenen Anteile (§ 8).

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