rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Handelsrechtliche Ausschüttungssperre

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Ein Verstoß gegen das Kapitalerhaltungsgebot berührt die Wirksamkeit des Gewinnverteilungsbeschlusses nicht, denn die gesellschaftsrechtlichen Kapitalerhaltungsvorschriften verbieten generell nicht die Beschlussfassung selbst, sondern allenfalls eine Ausführung des Gewinnverteilungsbeschlusses.

2) Eine Kapitalrücklage mindert nicht das allein nach dem Unterschiedsbetrag von Aktiva und Verbindlichkeiten zu ermittelnde Reinvermögen einer GmbH.

3) Das "Leg-Ein-Hol-Zurück-Verfahren" zur Vermeidung einer handelsrechtlichen Ausschüttungssperre und Mobilisierung vorhandener Bestände steuerbelasteten Eigenkapitals unterliegt keinen Bedenken.

 

Normenkette

GmbHG § 30 Abs. 1; KStG a.F. § 27

 

Tatbestand

Die Klägerin steht im Anteilsbesitz der Frau FQ (70 %) und des Herrn EQ (30. %). In der Gesellschafterversammlung vom 23.12.2000 beschlossen die Gesellschafter zum 28.12.2000 eine Zuzahlung in die Kapitalrücklage der Gesellschaft in Höhe von 280.000 DM entsprechend ihrem Gesellschafteranteil. Die entsprechenden Beträge von 73.850 DM und 206.150 DM wurden am 28.12.2000 auf das Konto der Klägerin eingezahlt.

Am 3.1.2001 beschlossen die Gesellschafter zum 5.1.2001 „eine Gewinnausschüttung aus den Gewinnen von Vorjahren (vor dem Jahr 2000)” in Höhe von 84.000 DM für Herrn Q und in Höhe von 196.000 DM für Frau Q. Die Kapitalertragsteuer und der entsprechende Solidaritätszuschlag sollten von den Gläubigern getragen werden.

In der am 9.5.2001 aufgestellten und bei dem Beklagten eingereichten Bilanz zum 31.12.2000 wies die Klägerin unter anderem folgende Passivposten aus:

A Eigenkapital

I. eingezahltes Stammkapital

50.000,00 DM

II. Verlustvortrag

./. 27.612,01 DM

+ Bilanzgewinn

+ 55.756,55 DM

28.144,54 DM

B Kapitalrücklagen

280.000,00 DM.

Die Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals der Klägerin stellten sich zum 31.12.2000 vor Anwendung des § 36 KStG n. F. wie folgt dar:

EK 45

220.495 DM

EK 40

./. 18.885 DM

EK 02

./. 173.466 DM

EK 04

280.000 DM

Summe der Teilbeträge

308.144 DM.

In ihrer Körperschaftsteuererklärung für das Streitjahr begehrte die Klägerin im Hinblick auf die im Jahre 2001 abgeflossene Ausschüttung von 280.000 DM eine Körperschaftsteuerminderung in Höhe von 60.000 DM.

Bei der Körperschaftsteuerveranlagung mit Bescheid vom 28.1.2002 berücksichtigte der Beklagte diese Körperschaftsteuerminderung nicht, weil die beschlossene Gewinnausschüttung nicht den handelsrechtlichen Vorschriften entspreche und daher als andere Ausschüttung zu werten sei, für die die Ausschüttungsbelastung nicht für das dem Beschluß vorausgehende Jahr hergestellt werden könne. Zum einen sei nicht bestimmt worden, für welche konkreten Jahre Gewinne in jeweils welcher Höhe ausgeschüttet werden sollten. Schon weil das Jahr 2000 insoweit ausdrücklich ausgeschlossen worden sei, könne eine Verrechnung mit den festgestellten Eigenkapitalbeständen zum 31.12.2000 nicht vorgenommen werden. Im übrigen reiche das Eigenkapital für die beschlossene Gewinnausschüttung nicht aus. Die Einzahlung in die Kapitalrücklage könne nicht für eine ordentliche Gewinnausschüttung verwendet werden.

Mit dem hiergegen gerichteten Einspruch trug die Klägerin vor, daß sie wegen der Änderung der Körperschaftsteuer zum Halbeinkünfte-Verfahren die im EK 45 noch vorhandenen Eigenkapitalanteile im Jahre 2001 zur Ausschüttung gebracht habe, um noch die Körperschaftsteuerminderung zu erlangen. Die im Rahmen der Ausschüttung gewählte Vorgehensweise entsprechende dabei exakt dem allgemein anerkannten „Leg-Ein-Hol-Zurück-Verfahren”, mit dem das erforderliche handelsrechtliche Ausschüttungsvolumen geschaffen worden sei. Gesellschaftsrechtliche Regelungen, die die Angabe konkreter Jahre für Gewinnausschüttungen zwingend vorschrieben, existierten nicht.

Mit Einspruchsentscheidung vom 24.5.2002 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, daß der Gewinnverteilungsbeschluß vom 3.1.2001 gegen §§ 29, 30 und 46 GmbHG sowie gegen § 272 HGB verstoße. Gemäß § 29 Abs. 1 GmbHG habe die Klägerin lediglich die Differenz zwischen Jahresüberschuß und Verlustvortrag in Höhe von 28.144,54 DM ausschütten dürfen. Eine zusätzliche Auszahlung des Stammkapitals verstoße gegen § 30 Abs. 1 GmbHG. Von der in § 29 Abs. 2 GmbHG eingeräumten Möglichkeit, die Einlage in Höhe von 280.000 DM in die Gewinnrücklage einzustellen, sei ausweislich der Bilanz zum 31.12.2000 kein Gebrauch gemacht worden. Dies erweise sich auch nach § 272 Abs. 2 Nr. 4 und Abs. 3 HGB als zutreffend, da eine derartige Gewinnrücklage aus dem Ergebnis der Klägerin nicht habe gebildet werden können. Die Kapitalrücklage dürfe demgegenüber nicht für Gewinnausschüttungen verwendet werden. Die Voraussetzungen für das „Leg-Ein-Hol-Zurück-Verfahren” seien deshalb nicht erfüllt. Weiterhin liege ein Verstoß gegen § 46 Nr. 1 GmbHG in Verbindung mit § 27 KStG vor, da die Verwendung des Ergebnisses nicht konkret bestimmt worden...

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