Entscheidungsstichwort (Thema)

Gewährung von Prozesszinsen auf den zu erstattenden Sanktionsbetrag

 

Leitsatz (amtlich)

Die Sanktion ist eine Abgabe zu Marktordnungszwecken im Sinne von § 12 Abs. 1 MOG mit der Folge, dass § 236 AO Anwendung findet und nicht nur auf den Ausfuhrerstattungsbetrag sondern auch auf den zu erstattenden Sanktionsbetrag Prozesszinsen zu gewähren sind.

 

Normenkette

MOG § 12 Abs. 1; AO § 236

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 26.06.2007; Aktenzeichen VII R 53/06)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über einen Anspruch auf Zahlung von Prozesszinsen.

Im Sommer 1999 führte die Klägerin Rindfleisch nach Bulgarien aus. Antragsgemäß wurde die Ausfuhrerstattung mit Bescheid vom 06.07.1999 - zunächst unter Vorbehalt - auf 12.668,81 DM festgesetzt. Mit der Begründung, sie habe nicht die erforderliche Ausfuhrlizenz besessen, forderte der Beklagte von der Klägerin mit Änderungsbescheid vom 23.03.2000 14.569,13 DM zurück (die unter Vorbehalt gezahlten 12.668,81 DM zuzüglich 15% = 1.900,32 DM). Mit Bescheid vom 20.04.2000 setzte der Beklagte gegen die Klägerin darüber hinaus eine Sanktion in Höhe von 6.334,40 DM (= 3.238,73 EUR) fest. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhob die Klägerin am 14.08.2001 Klage vor dem Finanzgericht Hamburg sowohl gegen den Änderungs- als auch gegen den Sanktionsbescheid. Mit rechtskräftigem Urteil vom 24.03.2004 (IV 245/01) hob der Senat beide Bescheide auf und verpflichtete den Beklagten zur antragsgemäßen Zahlung der Ausfuhrerstattung. Dem entsprach der Beklagte und erstattete der Klägerin die zurückgeforderte Ausfuhrerstattung sowie die gezahlte Sanktion.

Mit Bescheid vom 19.05.2004 gewährte der Beklagte gemäß § 236 AO i.V.m. § 14 Abs. 2 MOG Prozesszinsen für den Ausfuhrerstattungsbetrag, lehnte die Zahlung von Prozesszinsen für den Sanktionsbetrag jedoch ab.

Den dagegen erhobenen Einspruch der Klägerin vom 04.06.2004 wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 19.07.2004 zurück.

Mit ihrer am 03.08.2004 bei Gericht eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie meint, auch für die angeforderte Sanktion seien Prozesszinsen zu zahlen. Dieser Anspruch ergebe sich aus § 12 Abs. 1 MOG i.V.m. § 236 AO. Es handele sich bei der Sanktion um eine Abgabe zu Marktordnungszwecken. Darunter seien alle finanziellen Belastungen im Marktordnungssektor zu verstehen, die durch einen formalen Bescheid festgesetzt würden. Hilfsweise bestehe der Anspruch auf Prozesszinsen aus §§ 248, 291 BGB analog.

Die Klägerin beantragt, den Bescheid über Prozesszinsen vom 19.05.2004 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 19.07.2004 aufzuheben, soweit die Zahlung von Prozesszinsen für den Sanktionsbetrag abgelehnt wurde.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Er meint, bei dem Sanktionsbetrag handele es sich weder um einen Anspruch auf Erstattung von besonderen Vergünstigungen im Sinne von § 14 Abs. 2 MOG noch um eine Abgabe zu Marktordnungszwecken im Sinne von § 12 Abs. 1 MOG, so dass ein Anspruch auf Prozesszinsen nicht in Betracht komme. Eine besondere Vergünstigung stelle die Sanktion nicht dar, da sie in § 6 MOG nicht erwähnt sei. Eine Abgabe zu Marktordnungszwecken sei zum Beispiel die Milchgarantienmengenabgabe, da diese marktregulierende Wirkung habe, da die Produktionsmenge eingeschränkt werden solle. Demgegenüber würden Sanktionen verhängt, um eine ordnungsgemäße Gewährung von Ausfuhrerstattung zu gewährleisten und den Ausführer zu veranlassen, das diesbezügliche Gemeinschaftsrecht einzuhalten. Sie reguliere nicht den Markt, sondern den Missbrauch. Eine entsprechende Anwendung von §§ 248, 291 BGB komme nicht in Betracht, da § 14 Abs. 2 Satz 1 MOG eine abschließende Regelung der Prozesszinsen enthalte. Einen allgemeinen Rechtsgrundsatz auf angemessene Verzinsung rückständiger Staatsleistungen gebe es nicht.

Die Beteiligten haben sich schriftsätzlich mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie die Sachakten des Beklagten Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Im Einverständnis der Beteiligten ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, § 90 Abs. 2 FGO.

Die zulässige Klage ist begründet.

I. Soweit der Beklagte die Zahlung von Prozesszinsen auf den erstatteten Sanktionsbetrag mit Bescheid vom 19.05.2004 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 19.07.2004 versagt hat, ist dies rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO.

Der Anspruch auf Prozesszinsen ergibt sich nicht aus § 14 Abs. 1 MOG, da die Sanktion, worauf der Beklagte zutreffend hinweist, ersichtlich keine besondere Vergünstigung ist. Dies ergibt sich bereits aus § 6 MOG, dem zu entnehmen ist, was unter "besonderen Vergünstigungen" zu verstehen ist.

Der Anspruch ergibt sich jedoch aus § 12 Abs. 1 Satz 1 MOG i.V.m. § 236 AO. Nach § 12 Abs. 1 Satz 1 MOG sind die Vorschriften der Abgabenordnung mit Ausnahme des § 222 Satz 3 und 4 AO auf Abgaben zu Marktordnungszwecken, die nach Regelungen...

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