Entscheidungsstichwort (Thema)

Ohne Vorverfahren erhobene und auf Amtshaftung erweiterte Klage unzulässig

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine schon mangels vorheriger Bescheide unzulässige Klage kann nicht als Untätigkeitseinspruch an das Finanzamt abgegeben werden; anschließende Bescheide können die Unzulässigkeit nicht beseitigen.

2. Bei nach Nullbescheiden fehlender Beschwer kann die ohne Vorverfahren unzulässig erhobene Sprungklage auch nicht zur Behandlung als Einspruch an das Finanzamt abgegeben werden; eine Abgabe scheidet aus, wenn es auch danach bei der Unzulässigkeit bleiben würde.

3. Bei einer Klage wegen eines Folgenbeseitigungsanspruchs auf Schadensersatz ist der Finanzrechtsweg nicht gegeben, sondern handelt es sich um einen Amtshaftungsanspruch, für den die Zivilgerichte zuständig wären; eine Verweisung an das Landgericht würde ohne anwaltliche Vertretung nicht zur dortigen Zulässigkeit der Klage führen.

 

Normenkette

AO § 347 Abs. 1 S. 2; BGB § 839; FGO §§ 33, 40 Abs. 2, §§ 44-45, 65, 68, 155; GG Art. 34; GVG § 17a Abs. 2, §§ 70-71; ZPO § 78

 

Tatbestand

A. Tatbestand

I. Streitig ist in verfahrensrechtlicher Hinsicht die Zulässigkeit der Klage.

Nach Abgabe von Körperschaftsteuer-Erklärungen 1999-2001 war die ohne Vorverfahren am 29. Oktober 2002 erhobene Klage ursprünglich darauf gerichtet, den Beklagten (das Finanzamt -FA-) zu verpflichten, entsprechende Steuerbescheide zu erlassen (Finanzgerichts-Akte -FG-A- Bl. 1).

Nach Verlusten lauten die am 29. August 2003 erlassenen und die am 29. Oktober 2003 geänderten Körperschaftsteuerbescheide 1999-2001 jeweils auf eine tarifliche Körperschaftsteuer von null DM (ggf. abzüglich Körperschaftsteuer-Minderungsbetrag auf Ausschüttungen und anzurechnende Steuern; FG-A Bl. 20a ff, 30 ff).

II. Parallel mit der die Streitjahre 1996-1998 betreffenden Klage III 366/02 und nach Berücksichtigung verschiedener tatsächlicher Verständigungen wendet sich die Klägerin gegen die finanzamtliche Neuberechnung der Pensionsrückstellungen, wobei sie einen Zinsfuß von 4 % statt gesetzlicher 6 % und Altersgrenzen von 62 Jahren (männlich) und 60 Jahren (weiblich) statt 65 Jahren geltend macht.

Hierzu bezieht sie sich auf ihre zwischenzeitlich am 3. August 2004 beim FA eingereichten geänderten Körperschaftsteuer-Erklärungen.

Ohne in der Klage bestimmte Gewerbesteuermess- oder Gewerbesteuerbescheide angegriffen zu haben, wendet die Klägerin sich weiterhin gegen ihre Gewerbesteuerpflicht, da sie nur freiberuflich tätig und tätig gewesen sei.

Schließlich macht die Klägerin im Hinblick auf das bisherige Verwaltungs- und Gerichtsverfahren und wegen der Verfahrensdauer einen Folgenbeseitigungsanspruch auf Schadensersatz in Höhe von 385.000 EUR geltend.

III. Ergänzend wird Bezug genommen auf die (z.T. auch die Klage III 366/02 betreffenden) Protokolle vom 25. März, 9. September, 4. Dezember 2003, vom 22. April und vom 17. August 2004 sowie auf die oben bezeichneten Unterlagen und die damit zusammenhängenden Vorgänge aus der vorliegenden Klageakte und den folgenden Finanzgerichts-Akten:

III 346/01

Antrag der Tochtergesellschaft auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) vom 5. April 2001, erledigt am 10. Juli 2001,

III 347/01

Antrag der Klägerin vom 5. April 2001 auf AdV, erledigt am 10. Juli 2001,

III 366/01

Klage der Klägerin vom 29. Oktober 2002 wg. Körperschaftsteuer u.a. 1996-1998, entschieden durch Urteil vom 17. August 2004,

III 114/04

Antrag der Klägerin vom 16. April 2004 auf AdV Körperschaftsteuer 1996 ff, entschieden am selben Tag,

sowie aus den folgenden Steuerakten:

Rechtsbehelfs-Akten KSt 1996 ff (Rb-A) Bd. I + II,

Akte Allgemeines (Allg-A),

Bilanz- und Kontenblätter-Akten (Bil-A) Bd. I + II,

Körperschaftsteuer-Akten (KSt-A) Bd. II + III,

Betriebsprüfungs-Akte (Bp-A),

Betriebsprüfungs-Arbeitsakte (Arb-A),

Eigenkapital-Feststellungs-Akten (vEK-A) Bd. I + II,

Gewerbesteuer-Akten (GewSt-A) Bd. I + II,

Umsatzsteuer-Akten (USt-A) Bd. I + II.

 

Entscheidungsgründe

B. Entscheidungsgründe

I. Die Klage wegen Körperschaftsteuer 1999-2001 ist unzulässig.

1. Für die ursprünglich als Verpflichtungsklage erhobene Klage fehlt es sowohl an vorherigen Bescheiden als auch an der in § 44 Finanzgerichtsordnung (FGO) vorgeschriebenen Durchführung des Vorverfahrens. Diese Klage konnte nicht an das FA zur Behandlung als Untätigkeitseinspruch i.S.v. § 347 Abs. 1 Satz 2 Abgabenordnung (AO) abgegeben werden; die anschließend ergangenen Bescheide konnten die Unzulässigkeit der Klage nicht beseitigen und daher nicht gemäß § 68 FGO zulässige Verfahrensgegenstände werden (vgl. FG Hamburg vom 18. März 1997, II 115/96, Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- 1997, 1404, rechtskräftig).

2. Davon abgesehen fehlt es gemäß § 40 Abs. 2 FGO an der Beschwer der Klägerin nach Festsetzung von null DM tariflicher Körperschaftsteuer.

Letztere würde sich auch nicht durch die begehrte andere Berechnung der Pensionsrückstellungen und nach den diesbezüglich geänderten Erklärungen ändern.

3. Die Fortführung der Klage nach Erlass der Bescheide konnte auch...

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