Entscheidungsstichwort (Thema)

Zollrecht: Prüfungsanordnung gegenüber Abnehmer des Einführers von Film-/Musikdatenträger zur Ermittlung von Lizenzzahlungen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Hat ein Abnehmer von einem Einführer Datenträger erworben und leistet er in diesem Zusammenhang Lizenzzahlungen an einen Dritten, setzt eine Überprüfung gemäß Art. 78 ZK beim Abnehmer hinreichend konkrete Anhaltspunkte dafür voraus, dass sie bei der Einfuhrabgaben(-nach-)erhebung in den Zollwert einfließen.

2. Art. 78 ZK ermächtigt nicht zur Ermittlung statistischer Daten.

 

Normenkette

ZK Art. 13-15, 29, 32, 78; AO § 193

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 28.01.2014; Aktenzeichen VII R 17/12)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rechtsmäßigkeit einer Zollaußenprüfung.

1. Die Klägerin hat innergemeinschaftlich Musik-CDs von einem Unternehmen C (C.) erworben. C. hatte die Datenträger aus einem Drittland eingeführt und unter Abgabe von Zollanmeldungen in den freien Verkehr überführt. Im Rahmen ihrer Zollanmeldungen hat die C. einen Zollwert angegeben, bei dem es sich offenbar nicht um den sog. Vorerwerberpreis handelt, also den Kaufpreis, den der drittländische Verkäufer, von dem C. die CDs erworben hatte, seinerseits für die Ware an einen etwaigen Vorlieferanten gezahlt hatte.

Die Klägerin selbst zahlte im Zusammenhang mit den von ihr erworbenen CDs Lizenzgebühren an Dritte.

2. Das beklagte Hauptzollamt (HZA) erließ am 25.03.2010 eine Prüfungsanordnung gegenüber der Klägerin. Als Prüfungsgrundlage nannte die Anordnung Art. 13, 14, 78 VO (EWG) Nr. 2913/92 (Zollkodex - ZK -) i. V. m. §§ 193 ff. Abgabenordnung (AO), als Prüfungsumfang die Ermittlung der Höhe der in die Zollwerte der von C. eingeführten DVDs einzubeziehenden Lizenzgebühren, als Prüfungszeitraum den 01.07.2002 bis zum 25.03.2010.

Auf den von der Klägerin rechtzeitig eingelegten Einspruch gab das HZA eine ausführlichere Begründung für die Prüfungsanordnung. Im Zusammenhang mit dem Vertrieb von eingeführten Tonträgern, Spielfilm-DVDs oder Videofilmen fielen in aller Regel Lizenzgebühren an, die für die Inanspruchnahme von Rechten an den Inhalten (Musikstücke, Spielfilme usw.) dieser Waren zu entrichten seien. Häufig würden diese Lizenzgebühren nicht von den Einführern der vorgenannten Waren entrichtet, sondern von den Unternehmen, die weiter hinten in der Käuferkette lägen und an der zollamtlichen Behandlung der Waren nicht unmittelbar beteiligt seien. Mit seinem grundlegenden Urteil vom 27.02.2007 (VII R 25/06) habe der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass der Wert der auf eingeführten DVDs gespeicherten Spielfilmen bei der Zollwertermittlung zu berücksichtigen sei. Der Wert der auf DVDs/CDs aufgebrachten Spielfilme/Musikstücke fände seinen Ausdruck in den Lizenzgebühren, die die Produzenten oder sonstigen Rechteinhaber für die Nutzung des Films/Musikmaterials verlangten. Ein vom HZA Köln - Bundesstelle Zollwert - geprüftes Einfuhrunternehmen habe bei der Überführung der eingeführten und anschließend u.a. an die Klägerin weiterverkauften CDs keine Lizenzgebühren bei der Ermittlung der Zollwerte angemeldet. Nach Art. 4 Nr. 1, 14, 78 Abs. 2 ZK und der Rechtsprechung des BFH müsse die Klägerin die Prüfung dulden, denn sie sei mittelbar an den Einfuhrvorgängen der C. beteiligt gewesen. Sie habe die von C. eingeführten Waren erworben, sei Lizenznehmer und nur bei ihr könnten die in den Zollwert einzubeziehenden Lizenzgebühren festgestellt werden. Die im Rahmen der Zollprüfung ermittelten durchschnittlichen Lizenzgebühren würden sodann der für die Abgabenerhebung zuständigen Zolldienststelle zur Verfügung gestellt werden, damit diese die Zollwerte für die eingeführten Musik-CDs entsprechend korrigieren könne. Eine von der Klägerin befürchtete Verletzung des Zollgeheimnisses (Art. 15 ZK) werde es nicht geben, denn für den jeweiligen Einführer sei nicht ersichtlich, bei welchen Kunden die Lizenzgebühren ermittelt worden seien.

Die - nunmehr vertretene - Klägerin ergänzte die Begründung ihres Einspruchs. Die vom HZA benannten Rechtsgrundlagen seien nicht einschlägig. Außerdem könne unter keinen Umständen ein Prüfungszeitraum ab dem 01.07.2002 begründet werden, denn dem stehe die zollrechtliche Regelverjährung von drei Jahren, Art. 221 Abs. 3 S. 1 ZK, entgegen. Weiterhin monierte die Klägerin, die Prüfungsanordnung lasse jede Auseinandersetzung mit dem Spannungsfeld vermissen, das daraus entstehe, dass die Klägerin Betriebsgeheimnisse offenbaren solle, die ein anderer Wirtschaftsteilnehmer anschließend unberechtigt erfahren könne.

Das HZA wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 27.07.2010 als unbegründet zurück. Lizenzgebühren gehörten als Grundlage für die zutreffende Erhebung des gesetzlich geschuldeten Abgabenbetrages bei der Einfuhr zum Zollwert. Nach dem unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) ergangenen Urteil des BFH vom 27.02.2007 (VII R 25/06) sei für die Zollwertermittlung der gesamte wirtschaftliche Einfuhrvorgang und nicht nur das e...

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