Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozesszinsen bei allgemeiner Leistungsklage

 

Leitsatz (amtlich)

Prozessverzinsung von marktordnungsrechtlichen besonderen Vergünstigungen, die im Rahmen einer allgemeinen Leistungsklage geltend gemacht werden.

 

Normenkette

MOG § 14; AO § 236

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 06.05.2008; Aktenzeichen VII R 10/07)

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Gewährung von Prozesszinsen im Rahmen einer allgemeinen Leistungsklage.

Das beklagte Hauptzollamt setzte gegenüber der Klägerin mit bestandskräftigem Bescheid vom 22.11.1993 Ausfuhrerstattungen in Höhe von insgesamt DM 917.947,73 fest, die es jedoch lediglich in Höhe von DM 1.128,45 an die Klägerin auszahlte. In Höhe des nicht ausgezahlten Teils von DM 916.819,28 erklärte das beklagte Hauptzollamt in dem Bescheid vom 22.11.1993 die Aufrechnung mit Rückzahlungsforderungen aus zwei von der Klägerin angefochtenen Rückforderungsbescheiden vom 8. bzw. 16.7.1993.

Die Klägerin, die die Aufrechnung mit den von ihr angegriffenen Rückzahlungsforderungen für unwirksam hielt, erhob am 15.9.1997 gegen das beklagte Hauptzollamt Leistungsklage auf Zahlung der festgesetzten Ausfuhrerstattungen in Höhe von DM 916.890,28 zuzüglich 8,75 % Zinsen seit Rechtshängigkeit; dieses Verfahren wurde zunächst unter dem Aktenzeichen IV 818/97, später unter dem Aktenzeichen 4 K 115/06 geführt.

Nachdem das Finanzgericht Hamburg mit rechtskräftigen Urteilen vom 22.2.2006 (IV 83/05 bzw. IV 84/05) die Rückforderungsbescheide vom 8. und 16.7.1993 aufgehoben hatte, verurteilte das Finanzgericht Hamburg das beklagte Hauptzollamt mit Urteil vom 20.9.2006 (4 K 115/06) auf Zahlung von DM 916.890,28 an die Klägerin. Die von der Klägerin insoweit ebenfalls geltend gemachten Prozesszinsen hatte das Gericht zuvor mit Beschluss 20.9.2006 abgetrennt; dieser Zinsanspruch ist nunmehr Gegenstand dieses Verfahrens.

Die Klägerin beantragt insoweit, das beklagte Hauptzollamt zu verurteilen, an sie 8,75 % Zinsen seit Rechtshängigkeit bezogen auf das Verfahren 4 K 115/06 (vormals IV 818/97) auf DM 916.890,28 zu zahlen.

Das beklagte Hauptzollamt beantragt, die Klage abzuweisen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten 4 K 115/06 und 4 K 185/06 Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Gemäß § 90a Abs. 1 FGO entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid.

Die erhobene Leistungsklage führt in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zum Erfolg (Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 6 % Zinsen seit Rechtshängigkeit bezogen auf das Verfahren 4 K 115/06 auf DM 916.890,28 zu zahlen). Die Klägerin hat gegenüber dem beklagten Hauptzollamt Anspruch auf die geltend gemachten Prozesszinsen, allerdings lediglich in Höhe von 6 %.

Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Zinsanspruch ist die Vorschrift des § 14 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes zur Durchführung der gemeinsamen Marktorganisationen und der Direktzahlungen (MOG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 27.8.1996 (BGBl. I 1986, S. 1397). Danach sind Ansprüche auf besondere Vergünstigungen, zu denen auch Ausfuhrerstattungen zählen (vgl. § 6 Abs. 1 Nr. 1 MOG), ab Rechtshängigkeit nach Maßgabe der §§ 236, 238 und 239 der Abgabenordnung (AO) zu verzinsen. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind im Streitfall erfüllt.

Allerdings hat der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 29.4.1997 (VII R 91/96, juris) erkannt, dass die Vorschrift des § 14 Abs. 2 MOG eine Rechtsgrundverweisung beinhalte mit der Folge, dass sie den Regelungsgehalt der Bezugsnorm, soweit sie keine eigenständige Regelung enthalte, voll in sich aufnehme. Eigenständig regele § 14 Abs. 2 Satz 1 MOG aber lediglich den Gegenstand der Prozessverzinsung sowie den Verzinsungsbeginn. Im Übrigen werde durch die vom Gesetzgeber verwandte Formulierung "nach Maßgabe" auf § 236 AO verwiesen, dessen Voraussetzungen strikt zu beachten seien. Dieses Normverständnis hätte im konkreten Fall zur Konsequenz, dass die Klägerin die geltend gemachten Zinsen nicht beanspruchen könnte. Denn der Ausfuhrerstattungsbetrag über DM 916.890,28, dessen Verzinsung die Klägerin begehrt, ist ihr nicht - so wie es die Vorschrift des § 236 Abs. 1 Satz 1 AO voraussetzt - durch bzw. aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung, sondern durch Erlass des seit langem bestandskräftigen Bescheides vom 22.11.1993 gewährt worden. Mit Urteil vom 20.9.2006 (4 K 115/06) hat das Gericht das beklagte Hauptzollamt lediglich verurteilt, der Klägerin die ihr mit Bescheid vom 22.11.1993 bereits gewährten - d.h. ihr gegenüber schon festgesetzten - Ausfuhrerstattungen auch auszuzahlen.

Dem vorstehend skizzierten Normverständnis vermag sich der erkennende Senat nur bedingt anzuschließen. Die Vorschrift des § 14 Abs. 2 MOG geht zurück auf den Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Durchführung der Gemeinsamen Marktorganisationen (BT-Drucksache 10/5236 vom 20.3.1986). In der Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung heißt es insoweit: "Durch die Regelung in Absatz 2 wird bestimmt, daß i...

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