Entscheidungsstichwort (Thema)

einstweiliger Anordnung

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 22.08.1995; Aktenzeichen VII B 153-154/95, VII B 167/95, VII B 172/95)

 

Tenor

I.

  1. Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung aufgegeben, … Kartons à 18,5 kg Drittlands-Bananen mit Herkunft aus … die am … 1995 mit dem Bananendampfer „…” im Hamburger Hafen anlanden, für die Antragstellerin ohne Vorlage von Lizenzen zum Zollsatz von 100 ECU/to auf Antrag der Antragstellerin zum freien Verkehr abzufertigen.
  2. Die einstweilige Anordnung ist befristet bis zum Abschluß des Hauptsacheverfahrens, längstens bis zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes über die Vorlagefragen zu Ziff. II 1 bis 4.

II.

Im übrigen wird das Verfahren ausgesetzt.

Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften werden folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

  1. Ist Art. 234 Abs. 1 EGV dahin auszulegen, daß Art. I, Art. II und Art. III des GATT in der Bundesrepublik Deutschland Anwendungsvorrang vor den Art. 18, Art. 19 i.V.m. Art. 17 der Verordnung (EWG) Nr. 404/93 haben?
    1. Ist die auf die Verordnung (EWG) Nr. 404/93 gestützte Verordnung (EG) Nr. 478/95 gültig?
    2. Falls ja, ist Art. 234 Abs. 1 EGV dahin auszulegen, daß Art. XIII GATT gegenüber dieser Verordnung Anwendungsvorrang zukommt?
  2. Falls die Fragen zu 1. und 2. b) bejaht werden: Kann der Gemeinschaftsbürger sich auf den Anwendungsvorrang der genannten GATT-Bestimmungen in einem Verfahren vor den Gerichten der Mitgliedstaaten der Gemeinschaft berufen?
  3. Unter welchen Voraussetzungen kann ein Gericht eines Mitgliedstaates vorläufigen Rechtsschutz durch Erlaß einer einstweiligen Anordnung gewähren, wenn es Zweifel an der Anwendbarkeit des der rechtlichen Beurteilung zugrundeliegenden sekundären Gemeinschaftsrechtes hat?
 

Tatbestand

A. Sachverhalt

Die Beteiligten streiten darum, ob die Verordnung (EWG) Nr. 404/93 des Rates vom 13. Februar 1993 über die gemeinsame Marktorganisation für Bananen (ABlEG 1993 Nr. L 47/1) und die darauf gestützte Verordnung (EG) Nr. 478/95 der Kommission vom 1. März 1995 (ABlEG 1995 Nr. L 49/13) in der Bundesrepublik Deutschland nicht anwendbar sind.

I.

Durch die Verordnung (EWG) Nr. 404/93 wurde mit Geltung vom 1. Juli 1993 an eine gemeinsame Marktorganisation für Bananen in der Gemeinschaft eingeführt. Dadurch wurde der bis zum 1. Juli 1993 in Deutschland mögliche – im wesentlichen – freie Handel mit Bananen beseitigt und durch eine Kontingentsregelung, gepaart mit der Einführung eines Gewichtszolls, ersetzt. Nach Art. 18 der Verordnung (EWG) Nr. 404/93 wurde für Drittlandsbananen und nicht herkömmliche Einfuhren von AKP-Bananen ein Zollkontingent in Höhe von 2 Mio Tonnen eröffnet, dessen Verteilung auf die Marktbeteiligten sich aus Art. 19 der genannten Verordnung ergibt. Die Höhe der Bezugsberechtigung dieser Marktbeteiligten ergibt sich nach Art. 19 Abs. 2 Unterabs. 2 Verordnung (EWG) Nr. 404/93 aus dem Durchschnitt der Bananenvermarktung in den Jahren 1989 bis 1991. Die Verordnung (EG) Nr. 478/95 der Kommission vom 1. März 1995 enthält Regelungen, die einen Teil des Bananenzollkontingents von 2 Mio Tonnen im Rahmen von individuellen Länderquoten den in Anhang I genannten Ländern zuteilen.

Die von der EG erlassene Bananenmarktordnung führte zu erheblichen Protesten der lateinamerikanischen Länder und der USA. Auf Initiative von Kolumbien. Costa Rica, Guatemala, Nicaragua und Venezuela wurde vom GATT ein Streitschlichtungsausschuß nach Art. XXII GATT eingesetzt, der im Januar 1994 folgendes feststellte:

  • Die durch die Bananenmarktordnung anstelle der Wertzölle eingeführten Gewichtszölle widersprechen der vertraglich eingeführten Zollbindung von 20 % gemäß Art. II GATT, weil der Gewichtszoll höher als der 20 %ige Wertzoll liegen kann;
  • die Gewährung von Präferenzzöllen an die AKP-Länder verstößt gegen den Grundsatz der Meistbegünstigung in Art. 1 GATT. weil durch das Lomé-Abkommen keine Freihandelszone nach Art. XXIV GATT begründet wird und auch keine vorläufige Freihandelszone nach Ziff. 7 des Art. XXIV GATT vorliegt;
  • die Aufteilung der Importlizenzen verstößt gegen das Diskriminierungsverbot in Art. III GAT und gegen das Meistbegünstigungsprinzip in dem Art. 1 GATT.

Der Panel-Bericht wurde vom GATT-Rat nicht angenommen. Die für die Annahme erforderliche Einstimmigkeit war nicht zu erreichen. Die Gemeinschaft verweigerte ihre Zustimmung im GATT-Rat.

Durch Urteil vom 05.10.1994 wies der EuGH in der Rs. C-280/93 (EuZW 1994, 688) die Klage der Bundesrepublik Deutschland gegen die gemeinsame Marktorganisation für Bananen ab. In Rz. 112 der Entscheidungsgründe stellte der EuGH fest, daß die Bundesrepublik Deutschland sich nicht auf die Bestimmung des GATT berufen kann, um die Rechtmäßigkeit bestimmter Vorschriften der Verordnung (EWG) Nr. 404/93 zu bestreiten.

Ober die vom VG Frankfurt am Main mit Beschlüssen vom 01.12.1993 (EuZW 1994, 157 und 160) im Vorabentscheidungsverfahren vorgelegten Fragen zur Gültigkeit der Verordnung (EWG) Nr. 404/93 und zur Befugnis nationaler Geri...

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