Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer: Ordnungsgemäße Buchführung bei Einnahmenüberschussrechnung - vorwiegend Barumsätze - Schätzungsbefugnis

 

Leitsatz (amtlich)

Auch der Betreiber einer Eisdiele, welcher seinen Gewinn mittels Einnahmenüberschussrechnung ermittelt und nahezu ausschließlich Barumsätze tätigt, ist grundsätzlich jedenfalls dann verpflichtet, jeden einzelnen Umsatz getrennt aufzuzeichnen, wenn er ein modernes PC-gestütztes Kassensystem vorhält und grundsätzlich nutzt.

 

Normenkette

AO §§ 146, 162; EStG § 4 Abs. 3

 

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen Änderungsbescheide nach erfolgter Außenprüfung durch den Antragsgegner.

Der Antragsteller betreibt eine Eisdiele in XX in Hamburg. Seinen Gewinn ermittelte er in den Streitjahren 2013 und 2014 gemäß § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) mittels Einnahmenüberschussrechnung (EÜR). In dem kleinen Geschäftslokal befanden sich neben einem Tresen für Eis eine Softeismaschine, ein Kühlschrank für Getränke sowie ein Kaffee-Vollautomat. Im Ladenlokal gab es keine Sitzmöglichkeiten. Vor dem Lokal befanden sich mehrere Sitzgruppen, bestehend aus Rattan-Möbeln unter einem Sonnenschirm. Auf einer Treppe vor dem Lokal standen der Kundschaft in den Streitjahren 40 Liegestühle zur Verfügung. Der Kläger bezog sein Eis aus ... Dieses verkaufte er im Streitjahr in Portionsgrößen zwischen einer und fünf Kugeln, wobei er die erste Kugel mit ... € und jede weitere Kugel mit ... Euro berechnete. Daneben verkaufte er Softeis, Heißgetränke, alkoholische und nicht alkoholische Getränke in Flaschen, Hot Dogs sowie diverse Cocktails bzw. Longdrinks.

In den Streitjahren beschäftigte der Antragsteller diverse Angestellte. Das Geschäftslokal verfügte über eine moderne PC-Kasse mit Touchscreen und Möglichkeit zur dauerhaften Datensicherung mittels USB-Ports. Mithilfe dieses Kassensystems erfassten der Antragsteller bzw. seine Angestellten die jeweiligen Einzelumsätze im Jahr 2013 nur teilweise, 2014 nur sehr vereinzelt. Die täglichen Bareinnahmen ermittelte der Antragsteller durch Auszählen des Geldbestandes in der Kasse. Die Differenz zwischen bereits gebuchten Beträgen und dem so ermittelten Barbestand gab er in das Kassensystem mittels zweier weiterer Buchungen (Verzehr außer Haus mit 7 % Umsatzsteuer bzw. Verzehr an Ort und Stelle mit 19 % Umsatzsteuer) ein. Letzteres Verhältnis schätzte er anhand von Erfahrungswerten. Dieses Tagesergebnis hielt er mithilfe von Z-Bons fest und übertrug es in eine Excel-Tabelle. Insbesondere im Jahr 2014 weisen die Z-Bons überwiegend nur diese zwei Abschlussbuchungen des Kassenbestandes auf.

Für die Streitjahre erklärte der Antragsteller Einkünfte aus Gewerbebetrieb i. H. v. ... € (2013) sowie i. H. v. ... € (2014). Umsatzsteuer erklärte er in seinen Jahressteuererklärungen Höhe von ... € (2013) sowie i. H. v. ... € (2014).

Der Antragsteller wurde zunächst erklärungsgemäß zur Einkommensteuer veranlagt. Den jeweiligen Jahressteuererklärungen über Umsatzsteuer stimmte der Antragsgegner zu. Bescheide betreffend die Gewerbesteuer erließ der Antragsgegner nicht.

Im Rahmen einer beim Antragsteller durchgeführten Außenprüfung für die Streitjahre bemängelte der Prüfer insbesondere die Kassenbuchführung des Antragstellers. Aufgrund der Ausstattung mit einem modernen Kassensystem sei es dem Antragsteller möglich und zumutbar gewesen, jeden einzelnen Geschäftsvorgang aufzuzeichnen. Dies habe er pflichtwidrig unterlassen. Selbst für den Fall, dass die Kasse als offene Ladenkasse betrachtet würde, fehle es an täglichen Kassenberichten über die Auszählung der Ladenkasse. Im Übrigen habe der Antragsteller die Auswertungs-, Programmier- und Stammdatenänderungsdateien sowie Handbücher, Bedienungs- und Programmieranleitungen nicht eingereicht. Zudem seien erhebliche Kassenfehlbeträge festzustellen, welche jeweils durch Einlagebuchung ausgeglichen worden seien. Mit Verweis auf diese Feststellungen verwarf der Prüfer die Buchführung und schätzte die Besteuerungsgrundlagen. Anhand des Wareneinsatzes und der gültigen Preislisten kalkulierte er die Umsatzerlöse. Nach diversen Einwendungen des Antragstellers berücksichtigte der Prüfer dabei insbesondere folgende Parameter:

Softdrinks kalkulierte er zu Gunsten des Antragstellers nicht nach. Unberücksichtigt blieben insbesondere für 2013 diverse nicht vorgelegte Rechnungen über Getränkeeinkäufe. Bei Kugeleis berücksichtigte er zunächst einen Schwund von 10 % und ging von zehn Kugeln pro verbleibendem Liter Eis aus, welche er mit einem durchschnittlichen Verkaufspreis von ... € pro Kugel ansetzte. Für Softeis setzte er aufgrund des Verderbs bei mehrtägiger Nichtnutzung der Softeismaschine einen Schwund von 25 % an und ging von einer Portionsgröße von 135 g aus. Die Zahl verkaufter Hot Dogs ermittelt er anhand der eingekauften Hot Dog-Tüten unter Berücksichtigung eines Schwunds von 5 %. Bei Kaffeespezialitäten setzte er eine Pulvermenge von 10 g pro einzelnem Kaffee a...

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