Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen für die Bildung einer Existenzgründerrücklage

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bei von Anfang an fehlenden Voraussetzungen für die Bildung der Existenzgründerrücklage gemäß § 7g Abs. 7 EStG (i.d.F. ab 1997) ist diese schon im Veranlagungsjahr ihrer Bildung zu streichen, wenn diese Veranlagung im Zeitpunkt der Erkenntnis der fehlenden Voraussetzungen noch offen ist.

2. Kein Existenzgründer ist, wer in den Vorjahren Gewinneinkünfte hatte, auch wenn diese nur gering waren.

 

Normenkette

AO § 174 Abs. 4; EStG § 2 Abs. 1 Nr. 2, § 7g Abs. 7

 

Tatbestand

A. Mit dem AdV-Antrag wenden sich die Antragsteller dagegen, dass der Antragsgegner (das FA) die Existenzgründerrücklage aus 1997 für die Antragstellerin nicht anerkannt und nunmehr in der bestandskräftigen Veranlagung 1997 wegen widerstreitender Steuerfestsetzung gestrichen hat, nachdem es die Rücklage ursprünglich im Folgejahr 1999 aufgelöst hatte und die Veranlagung 1999 sodann auf Antrag der Antragsteller wieder zu ihren Gunsten geändert hat.

I. 1. Die Antragstellerin hatte seit den Vorjahren gewerbliche Einkünfte aus Versicherungs-Provisionen und -Unterprovisionen. Diese wurden (nach pauschalem Betriebsausgaben-Abzug) erklärt und veranlagt für 1995 mit 5.124 DM, für 1996 mit 275 DM, für den Streitzeitraum 1997 mit 277 DM und für 1998 mit 207 DM (ESt-A Bd. VII Bl. 6R, 18; 31, 60R; 67, Bd. VIII 164R; Bd. VII Bl. 110, Bd. VIII 148).

2. Weiterhin erzielte die Antragstellerin gewerbliche Einkünfte aus Immobilien-Maklertätigkeit. Diese betrugen für 1998 8.000 DM und wurden für 1999 im März 2002 erklärt mit (201.820 DM abzüglich weiterer Ansparrücklage 200.000 DM =) 1.820 DM (ESt-A Bd. VII Bl. 110, 192, Bd. VIII Bl. 148; 29, 167R).

3. Nach der für das Streitjahr 1997 am 31. Oktober 2000 eingereichten Erklärung und ursprünglichem Bescheid vom 11. Januar 2001 beantragte sie mit Einspruch vom 6. (7.) Februar 2001 und Begründung vom 1. März 2001, eine Ansparrücklage für Existenzgründer in Höhe von 75.000 DM anzusetzen, und zwar "für Betriebs- und Geschäftsausstattungen sowie für ein betriebliches Kfz" (ESt-A Bd. VII Bl. 66, 105, 162 f, 167). Mit Schreiben vom 3. (4.) Mai 2001 reichte sie eine Einnahmeüberschussrechnung 1997 nach und begehrte die Ansparrücklage nunmehr in Höhe von 90.000 DM "für die Anschaffung neuer betrieblicher Kraftfahrzeuge und sonstige bewegliche Wirtschaftsgüter" (ESt-A Bd. VII Bl. 191).

3. Mit Änderungsbescheid 1997 vom 12. Juni 2001 erkannte das FA die Ansparrücklage an und legte Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von (-90.000 DM + 277 DM =) -89.723 DM zugrunde (ESt-A Bd. VII Bl. 197), ebenso mit nochmaligem Änderungsbescheid vom 22. August 2003, in dem zugleich der Nachprüfungsvorbehalt aufgehoben wurde; letzterer Bescheid wurde nicht angefochten und daher bestandskräftig (ESt-A Bd. VIII Bl. 143).

4. Die Existenzgründerrücklage 1997 wurde auch in den zwischenzeitlichen Veranlagungen für 1998 vom 11. Januar und 12. Juni 2001 und 21. August 2003 sowie für 1999 vom 7. Dezember 2001 und 30. April 2002 nicht aufgelöst (ESt-A Bd. VII Bl. 146; Bd. VIII Bl. 18, 62).

5. Aufgrund Betriebsprüfung für 1998-2000 kam das FA im Juli 2003 zu dem Ergebnis, dass die 1997 gebildete Existenzgründer-Rücklage wegen der bereits vorher ausgeübten gewerblichen Tätigkeit der Antragstellerin aufzulösen sei und löste sie mit Änderungsbescheid vom 22. August 2003 für 1999 gewinnerhöhend auf (90.000 DM + 12 % Gewinnzuschlag 10.800 DM = 100.800 DM plus erklärte gewerbliche Einkünfte 1.820 DM = 102.620 DM; Bp-A Bl. 3, 6; ESt-A Bd. VIII Bl. 153).

Der gegen den Änderungsbescheid 1999 am 16. September 2003 eingelegte Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 21. Oktober 2003 zurückgewiesen (Rb-A Bd. I Bl. 1, 11). Über die dagegen am 20. November erhobene Klage III 395/03 ist noch nicht entschieden. Nachdem die Kläger in jenem Vorprozess geltend gemacht haben, dass die Rücklage nicht für 1999, sondern für 1997 aufzulösen sei, hat das FA mit Bescheiden vom 14. Juni 2004 antragsgemäß die Veranlagung 1999 auf den erklärten gewerblichen Gewinn von 1.820 DM geändert und die Veranlagung 1997 dahin geändert, dass der ursprünglich erklärte Gewerbegewinn von 277 DM ohne Abzug einer Existenzgründerrücklage zugrunde gelegt wird (FG-A III 395/03 Bl. 1, 28, 31, 34, 36, ESt-A Bd. VIII Bl. 167, 164). Zugleich hat das FA sich einen Widerruf des Änderungsbescheids 1999 für den Fall vorbehalten, dass der Änderungsbescheid 1997 nicht bestandskräftig wird.

6. Gegen den Änderungsbescheid 1997 vom 14. Juni 2004 haben die jetzigen Antragsteller am 13. (14.) Juli 2004 Einspruch eingelegt und AdV beantragt (Anlage Ast 1). Das FA hat den AdV-Antrag am 23. Juli 2004 abgelehnt; die Rücklage sei irrig in 1999 statt 1997 aufgelöst worden, nachdem der Finanzierungszusammenhang nicht binnen zwei Jahren hinreichend konkretisiert und buchmäßig nachgewiesen worden sei (Anlage Ast 2).

II. Zur Begründung des am 3. August 2004 beim Finanzgericht (FG) gestellten Antrag auf AdV tragen die Ant...

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