Entscheidungsstichwort (Thema)

Maßgeblichkeit der chemischen Beurteilung

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. L-Ascorbinsäure-2-glucosid (AA-2G), das von seiner Struktur her sowohl ein Vitamin C-Derivat als auch ein Zuckeracetal ist, ist unter Berücksichtigung seiner ausschließlichen chemischen Funktion als Vitamin C-Derivat der Position 2936 27 00 KN zuzuweisen.
  2. Bei der chemischen Beurteilung ist neben der Struktur eines Stoffs auch dessen Funktion zu betrachten.
 

Normenkette

KN Pos. 2936 2700; KN Pos. 2940 0000

 

Streitjahr(e)

2003

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 10.06.2008; Aktenzeichen VII R 22/07)

BFH (Urteil vom 10.06.2008; Aktenzeichen VII R 22/07)

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt im Wege der Fortsetzungsfeststellungsklage die Feststellung der Rechtswidrigkeit einer verbindlichen Zolltarifauskunft der Beklagten.

Am 10.01.2003 beantragte die Klägerin die Erteilung einer verbindlichen Zolltarifauskunft für die chemische Verbindung L-Ascorbinsäure-2-glucosid (L-ascorbic acid 2-glucoside, abgekürzt AA-2G), die sie als stabilisiertes Vitamin C beschrieb und die der Unterposition 2936 2700 der Kombinierten Nomenklatur – KN – zugewiesen werden sollte. Für die Ware legte sie folgende chemische Darstellung vor:

Für die Anwendung der durch ein japanisches Patent geschützten und von einem japanischen Unternehmen hergestellten Ware ist nur die Vitaminwirkung erheblich.

Mit verbindlicher Zolltarifauskunft vom 15.01.2003 wies die Beklagte die Ware der Unterposition 2940 0090 KN zu, da es sich bei AA-2G um ein synthetisch hergestelltes Zuckeracetal von Vitamin C (Ascorbinsäure) handele, bei dem die Ascorbinsäure durch Maskierung der Hydroxylgruppen mit Glucose gegen Oxidation geschützt sei. Diese Verbindung werde im menschlichen Stoffwechselprozess durch das Enzym (-Glukosidase zu Glukose und Vitamin C verändert. Nach Anmerkung 3 zu Kapitel 29 seien chemische Verbindungen, für die mehrere Positionen des Kapitels in Betracht kämen, der letzten in Frage kommenden Position zuzuweisen. Daher seien Glucoside von Vitaminen als Zuckeracetale und nicht als Derivate von Vitaminen einzureihen.

Zur Begründung ihres dagegen fristgerecht eingelegten Einspruchs, mit dem die Klägerin darzulegen suchte, dass AA-2G nicht von der Position 2940 erfasst werde, legte sie eine Produktpräsentation vor. Darin wurde AA-2G als synthetisch hergestelltes Derivat von Vitamin C, ein sog. stabilisiertes Vitamin C bezeichnet, bei dem die C2-Hydroxylgruppen mit Glukose maskiert seien und das herstellungsbedingt 1-2% Feuchtigkeit und Asche enthalte. Der effektive und größere Teil der chemisch einheitlichen Verbindung sei das Vitamin C. AA-2G habe besondere dermatologische Effekte. Es werde zum Schutz vor UV-Strahlungen sowie zur Vorbeugung vor Melaninpigmentierung und bei der Herstellung von Kosmetika verwendet. Hierbei unterstütze AA-2G den intradermalen Effekt des Vitamin C-Derivats, fördere die Kollagensynthese, beuge gegen Melaninpigmentierung vor, helle bestehende Melanine auf und unterdrücke UV-Hautschädigungen.

Die Vermarktung des Produkts weise auf seine kosmetischen Effekte hin. Sein Handelspreis liege über 300 EUR/kg.

Mit Einspruchsentscheidung vom 02.12.2003 wies die Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück, da die Ware sowohl von der Position 2936 als auch von der Position 2940 erfasst werde und nach Anmerkung 3 zu Kapitel 29 in die Position 2940 gehöre.

Zuckeracetale müssten nach dem Wortlaut der Position 2940 nicht chemisch rein sein.

Mit Inkrafttreten der KN in der Fassung der VO (EG) 1789/2003 v. 11.09.2003 (ABl. Nr. L 281/1) zum 01.01.2004 entfiel die Unterposition 2940 0090 KN, so dass die erteilte verbindliche Zolltarifauskunft nach Art. 12 Abs. 5 Buchst. a Ziff. i VO (EWG) Nr. 2913/92 des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften – ZK – ungültig wurde.

Mit ihrer fristgerecht erhobenen Klage begehrt die Klägerin die Feststellung der Rechtswidrigkeit der ihr erteilten verbindlichen Zolltarifauskunft. Die Klage sei als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig, da sie beabsichtige, für die Ware eine neue verbindliche Zolltarifauskunft zu beantragen, habe sie ein Feststellungsinteresse. Zudem sei die Änderung der KN, die zur Ungültigkeit der ursprünglich angefochtenen verbindlichen Zolltarifauskunft geführt hätte, nur formaler Art gewesen. Wäre die verbindliche Zolltarifauskunft nämlich zutreffend, gehörte die Ware nunmehr in die Unterposition 2940 00 00 KN.

Zur Begründung der Einreihung der Ware in die Position 2936 verweist die Klägerin auf die von ihr vorgelegten Gutachten und Stellungnahmen:

das Gutachten des Handels- und Umweltschutzlaboratoriums X GmbH,

die Gutachten der Y GmbH vom 22.02.2006 und 02.03.2006, bestätigt durch deren weitere Stellungnahme vom 08.05.2006,

das Schreiben des Prof. Dr. Z vom 08.06.2006,

das Gutachten des U-Instituts vom 02.03.2006,

das Gutachten des V-Instituts vom 13.03.2006,

die Gutachten des W-Instituts vom 22.02.2006 und 15.05.2006 und

das Schreiben der T-AG vom 11.01.2006.

Auf diese Gutachten und Schreiben wird ...

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