Entscheidungsstichwort (Thema)

Gewerbesteuerpflichtige Einkünfte, wenn das Gesamtbild einer Tätigkeit den typischen Aufgabenmerkmalen eines EDV-Beraters entspricht

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Liegt der die Gesamttätigkeit einer Ingenieurin untrennbar prägende Schwerpunkt auf der Betreuung, Weiterentwicklung, Anpassung von Anwendersoftware sowie auf diesbezüglicher Personalschulung und Controlling-Funktionen, ist diese Tätigkeit auch dann als gewerbliche EDV-Beratung anzusehen, wenn sie auch ingenieurähnliche Elemente aus den Bereichen beratende Betriebswirtschaft oder Systemsoftware aufweist.
  2. Im Rahmen der Vorfeldbetrachtung erstellte Analysen von Geschäftsprozessen und das Aufzeigen von betriebswirtschaftlichen Lösungsverfahren, die für die Weiterentwicklung der Anwendersoftware notwendig sind, stellen regelmäßig keine gegenüber der reinen gewerblichen EDV-Beratung abgrenzbare betriebswirtschaftliche Beratung im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG dar.
 

Normenkette

EStG § 15 Abs. 2, § 18 Abs. 1 Nr. 1

 

Streitjahr(e)

1994, 1995, 1996, 1997, 1998, 1999

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 18.04.2007; Aktenzeichen XI R 57/05)

BFH (Urteil vom 18.04.2007; Aktenzeichen XI R 57/05)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Gewerbesteuerpflicht der Klägerin für die Streitjahre 1994 bis 1999.

Die Klägerin absolvierte an der technischen Hochschule in…ein Studium mit dem Abschluss (30.12.1980) als „Magister Ingenieur Elektronik”.

Nachdem sie in der Folgezeit zunächst nichtselbstständig bei der Firma „A” im Bereich Software tätig war, meldete die Klägerin am 20.04.1994 zum 01.04.1994 den gewerblichen Betrieb „EDV-Organisation, Beratung, Programmierung, PC-Technologie sowie Verkauf von PCs und Zubehör” an.

Laut Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 3 des EinkommensteuergesetzesEStG – erklärte sie für die Streitjahre Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit gemäß § 18 EStG.

Auf Grund einer steuerlichen Außenprüfung für die Jahre 1995 bis 1997 kam der Prüfer in seinem Bericht vom 05.12.2000 u. a. zu folgendem Ergebnis:

Die Einkünfte der Klägerin seien solche aus Gewerbebetrieb und nicht solche aus selbstständiger Tätigkeit. Die Steuerpflichtige berate Firmen, die von der Firma „A” erworbene Computersysteme nutzten. Ihre Aufgabe bestehe darin, die Anwender in der Nutzung des Personal-, Abrechnungs- und Informationssystems zu unterstützen, dies beinhalte z. B. die Analyse von Geschäftsprozessen, Anleitungen zur methodischen Softwareentwicklung, die Analyse von Fehlern und deren Beseitigung und die telefonische Einsatzberatung. Das Gesamtbild ihrer Tätigkeit entspreche den typischen Aufgabenmerkmalen eines EDV-Beraters, dies gelte auch dann, wenn der EDV-Berater über einen Hochschulabschluss verfüge. Die Einkünfte seien daher als gewerbliche Einkünfte anzusetzen.

Auf den weiteren Inhalt des Prüfungsberichts wird Bezug genommen.

Hierauf erließ der Beklagte im Jahre 2001 für die Streitjahre entsprechende erstmalige Gewerbesteuerbescheide.

Gegen diese Bescheide legte die Klägerin Einspruch ein und trug u. a. vor, sie übe als Ingenieur mit dem Spezialgebiet Elektronik einen Katalogberuf im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG aus.

Der Einspruch blieb erfolglos.

Auf den Inhalt der Einspruchsentscheidung vom 04.03.2002 wird Bezug genommen.

Mit ihrer Klage trägt die Klägerin im Wesentlichen vor:

Die Gewerbeanmeldung im Jahre 1994 sei irrtümlich erfolgt, da sie, die Klägerin, angenommen habe, dass jegliche Art selbstständiger Tätigkeit bei der Stadt anzumelden sei. Ausweislich der vorgelegten Unterlagen (z. B. Projektbeschreibungen) und des nachfolgend dargestellten Projektablaufs sei ihre Tätigkeit nicht vergleichbar mit der Tätigkeit eines EDV-Beraters. Vielmehr übe sie im Bereich der Systemtechnik den von ihr erlernten Katalogberuf des Ingenieurs aus.

„Projektablauf:

1. Ist-Analyse: Interview mit dem Fachbereich

2. Problemfindung

3. Entwicklung von Lösungen

4. Entwicklung von Datenmodellen

5. Entwicklung eines neuen EDV-Systems

6. Testphase

7. Einsatz des EDV-Systems im Unternehmen

8. Überwachung des neuen Systems im Unternehmen

9. Behebung eventueller Schwachstellen.”

Ein weiterer Aspekt zur Einstufung ihrer Tätigkeit als Freiberuflerin wäre die Vergleichbarkeit ihrer Tätigkeit mit der eines Unternehmensberaters, der auf einem Spezialgebiet tätig sei. Ebenso wie ein Unternehmensberater auf seinem Gebiet analysiere sie die Datenprozesse in den Unternehmen der Auftraggeber, mache Verbesserungsvorschläge und optimiere die Abläufe. Dabei arbeite sie eng mit den Unternehmensberatern zusammen oder sei in deren Auftrag tätig.

Wegen des weiteren Vortragens der Klägerin wird auf die Schreiben vom 05.04., 11.05. und 14.08.2002 sowie vom 03.03.2004 Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt,

die angefochtenen Gewerbesteuermessbescheide 1994 bis 1999 sowie die Einspruchsentscheidung vom 04.03.2002 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er trägt u. a. vor:

Auf Grund der Tätigkeitsbeschreibung sei die Klägerin nicht selbstständig als Ingenieur im Sinne des § ...

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