Entscheidungsstichwort (Thema)

Bindungswirkung einer tatsächlichen Verständigung – Beteiligung eines für die Steuerfestsetzung zuständigen Amtsträgers – Teilprüfung durch die Steuerfahndung aufgrund vereinbarter Arbeitsteilung – Abschlussbefugnis des Sachgebietsleiters der Steuerfahndung

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine tatsächliche Verständigung, die nicht von dem für die Steuerfestsetzung zuständigen Amtsträger, sondern vom Sachgebietsleiter der Steuerfahndung unterschrieben worden ist, entfaltet gleichwohl Bindungswirkung, wenn die Feststellungen der Steuerfahndung aufgrund der vereinbarten Arbeitsteilung einvernehmlich als „Teilbericht” in die Auswertungen der veranlagenden Betriebsprüfung eingehen sollten.

 

Normenkette

AO § 78 Nr. 3, § 88

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 27.06.2018; Aktenzeichen X R 17/17)

BFH (Urteil vom 27.06.2018; Aktenzeichen X R 17/17)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten im Anschluss an eine Prüfung der Steuerfahndung -Steufa- A sowie eine Betriebsprüfung -BP- des Beklagten über den Abzug von Betriebsausgaben und über das Vorliegen einer tatsächlichen Verständigung.

Der Kläger betreibt einen Handel und eine Verschiffung von Reststoffen, u. a. Monolithen. Im Rahmen einer BP versagte der Prüfer (Herr ...) den Betriebsausgabenabzug für zwei am 29.09.2007 verbuchte Barzahlungen an „B” über 57.279,80 EUR und 56.812,50 EUR. Es fehle an Belegen (Rechnungen, Quittungen, Eintrag im Kassenbuch). Zudem übernahm er die Gewinnkorrektur lt. Feststellungen der Steufa A. Hieraus ergaben sich Gewinnerhöhungen von 216.000 EUR (2006) und 6.600 EUR (2007) für nicht verbuchte Erlöse aus dem Verkauf von Monolith an die Firmen C GmbH und D GmbH. Der Kläger habe im Jahr 2006 einen Wareneinkauf von 87.563 kg Monolith verbucht, aber nur einen Warenverkauf von 17.929 kg. Der nicht verbuchte Warenverkauf von 72 t, erfasst als Einkauf zu 1 EUR/kg, sei ausweislich der in der Schlussbesprechung erzielten Einigung mit einer Gewinnmarge von 2 EUR/kg zu berücksichtigen, mithin mit einem Erlös von 72.000 kg x 3 EUR = 216.000 EUR. Für das Streitjahr 2007 sei ein Monolithverkauf von 3,3 t nicht verbucht. Da hier nicht zu ermitteln sei, ob der Kläger den Einkauf bereits erfasst habe, werde der Gewinn lediglich um 2 EUR/kg erhöht, mithin um 3.300 kg x 2 EUR = 6.600 EUR. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den BP-Bericht vom 03.12.2012, Tz. 2.4 und 2.10, sowie den Teilbericht der Steufa vom 03.09.2012 Bezug genommen. Am 28.08.2012, dem Tag der Beschuldigtenvernehmung des Klägers und auch der Schlussbesprechung, hatten u. a. der Kläger, der Prozessbevollmächtigte und der Sachgebietsleiter der Steufa A BP einen „Aktenvermerk” unterzeichnet mit folgendem Inhalt: „Nach Sachverhalt halten beide Seiten eine Gewinnmarge von 2 EUR pro kg für angemessen. Dies bezieht sich auf die nicht verbuchten Lieferungen an die Firmen D und C GmbH. 2006 wurden Lieferungen von 74 t und 2007 Lieferungen von 3,3 t nicht verbucht. Diese Lieferungen bilden die Bemessungsgrundlage für die genannten 2 EUR pro kg.” Unter Bezugnahme auf diesen „Aktenvermerk” wandte der Kläger am 24.09.2012 ein, angesichts der Gewinnmarge von 2 EUR sei zwar für 2007 die Gewinnerhöhung zutreffend berechnet, nicht indes für 2006; hier müsse reduziert werden auf 144.000 EUR (72.000 kg x 2 EUR). Hierauf erläuterte die SteuFA, dass betr. 2006 bereits ein Wareneinkauf von 1 EUR/Kg verbucht worden sei. Sie werde den Teilbericht an den Beklagten übersenden.

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren gegen die am 22.01.2013 geänderten Bescheide zur Einkommensteuer 2006, 2007 und vom 12.02.2013 wegen Gewerbesteuermessbeträgen 2006, 2007 (Einspruchsentscheidungen vom 14.10.2013) verfolgen die Kläger ihr Begehren mit der vorliegenden Klage weiter. Im Rahmen des gerichtlichen Erörterungstermins vom 18.06.2015 hat der Kläger sein Begehren betr. weiterer Streitpunkte eingeschränkt. Er trägt im Wesentlichen Folgendes vor:

Zu den beiden streitigen Barzahlungen vom 29.09.2007 hat der Kläger erstmals mit Schriftsatz vom 04.04.2015 zwei Quittungen vorgelegt (Bl. 173: B über 57.279,80 EUR und Bl. 190: E über 56.812,50 EUR, beide unterzeichnet unter dem 29.09.2007); die Quittungen habe er erst nach Rückgabe der Belege seitens der Staatsanwaltschaft wiedergefunden - in zwei mannshohen Aktenwagen mit unsortierten Unterlagen; der Fahndungsprüfer habe sie wohl in der ungeordneten Materialmenge übersehen. Zwar habe er die Beträge - formell ordnungswidrig - nicht in das Kassenbuch eingetragen; dies rechtfertige indes keine Zuschätzung, weil an der Richtigkeit der Quittungen kein Zweifel bestehe.

Ausweislich der zu den Akten gereichten Luftfrachtrechnungen, Zollbegleitpapiere, Zollabfertigungspapiere, Gutschriften und Verkaufsrechnungen habe der Kläger am 11.09.2007 (Fa. B) bzw. 15.09.2007 (Fa. E) Katalysator- und Auspuffmaterial per Luftfracht aus Nigeria bezogen (Kläger bezeichnet als Vertreter der Fa. D), hierüber zwei Gutschriften seines Abnehmers Fa. D erhalten und dieser wiederum am selben Tag wunschgemäß...

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