Entscheidungsstichwort (Thema)

Freibetrag für Veräußerungsgewinne

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Der Verbrauch des Freibetrages für Veräußerungsgewinne gem. § 16 Abs. 4 EStG tritt auch dann ein, wenn er in der Vergangenheit zu Unrecht gewährt worden ist und die Steuervergünstigung nicht mehr rückgängig gemacht werden kann.
  2. Dies gilt auch bei einem zwischenzeitlichen Wechsel der Einkunftsart, da die Einmaligkeit des Freibetrages personenbezogen ist.
 

Normenkette

EStG § 16 Abs. 4 Sätze 1-2, § 18 Abs. 3

 

Streitjahr(e)

2008

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 21.07.2009; Aktenzeichen X R 2/09)

 

Tatbestand

Streitig ist die Berücksichtigung eines Freibetrages nach § 16 Abs. 4 des

Einkommensteuergesetzes (EStG).

Die Kläger sind miteinander verheiratet und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger ist von Beruf Arzt und war im Veranlagungszeitraum 1997 an der Arztpraxis A & B beteiligt. Aus dieser Beteiligung erzielte er im Veranlagungszeitraum 1997 neben laufenden Einkünften einen Veräußerungsgewinn i.H. von 50.000 DM. In der Einkommensteuererklärung 1997 gab der Kläger die laufenden Einkünfte aus selbständiger Arbeit mit 288.278 DM an und trug auf der Anlage GSE zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb in der Zeile „Der Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG wird nicht beantragt oder ist nicht zu gewähren” (Zeile 14) einen Betrag von 50.000 DM ein. Des Weiteren wies er in der Anlage GSE auf eine Beteiligung an C hin. Der Beklagte (das Finanzamt -FA-) zog bei der Ermittlung der Einkünfte aus selbständiger Arbeit im Einkommensteuerbescheid 1997 vom 01. Oktober 1998 von dem Veräußerungsgewinn i.H. von 50.000 DM einen Freibetrag von 50.000 DM ab, sodass der Veräußerungsgewinn im Ergebnis unberücksichtigt blieb. In der Folgezeit änderte das FA den Einkommensteuerbescheid 1997 wegen geänderter Feststellungsbescheide mehrmals. Im Änderungsbescheid vom 19. Mai 1999 erfasste es einen um 50.000 DM höheren Gewinn aus der Praxisbeteiligung des Klägers. Mit Einspruchsschreiben vom 27. Mai 1999 wies der Kläger darauf hin, dass der Veräußerungsgewinn i.H. von 50.000 DM doppelt erfasst worden sei. Das FA gab dem Einspruch statt und korrigierte diesen Fehler im Einkommensteuerbescheid 1997 vom 28. Juni 1999.

In der Einkommensteuererklärung 2003 (Streitjahr) wiesen die Kläger in der Anlage GSE auf die Beteiligung des Klägers an C hin, machten aber keine Angaben zur Höhe der Einkünfte. Dem Einkommensteuerbescheid 2003 vom 27. Juli 2004 und dem Änderungsbescheid vom 08. September 2004 lagen keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu Grunde. Aufgrund eines Feststellungsbescheides 2003 vom 14. März 2005, in dem das Finanzamt Y neben laufenden Einkünften und Sonderbetriebsausgaben auch ein „anzusetzendes Veräußerungsergebnis” von 71.928,52 Euro festgestellt hatte, änderte das FA den Einkommensteuerbescheid 2003 am 11. Mai 2005 erneut. Dagegen legten die Kläger Einspruch ein, mit dem sie den Ansatz des Freibetrages nach § 16 Abs. 4 EStG beantragten. Für den Veranlagungszeitraum 1997 habe der Kläger keinen Freibetrag beantragt. Ein solcher habe ihm damals auch nicht zugestanden, da er erst am 17. Juli 1998 das 55. Lebensjahr vollendet habe. Nachdem das FA den Einkommensteuerbescheid 2003 aus hier nicht maßgeblichen Gründen am 17. August 2007 erneut geändert hatte, wies es den Einspruch mit Entscheidung vom 30. Oktober 2007 als unbegründet zurück.

Mit ihrer Klage führen die Kläger aus, der vom FA im Einkommensteuerbescheid 1997 erfasste Freibetrag von 50.000 DM sei materiell fehlerhaft berücksichtigt worden, da ohne Antrag und Erfüllung der Altersvoraussetzungen die Tatbestandsmerkmale des § 16 Abs. 4 EStG nicht erfüllt gewesen seien. Bei sorgfältiger Bearbeitung des wegen der Doppelerfassung des Veräußerungsgewinns eingelegten Einspruchs hätte das FA den Fehler feststellen müssen. Damals sei eine Änderung der Einkommensteuerfestsetzung 1997 auch noch möglich gewesen. Bis zum 31. Dezember 2002 hätte das FA den Einkommensteuerbescheid 1997 nach § 129 der Abgabenordnung (AO) berichtigen können. Da der Einkommensteuerbescheid 1997 materiell rechtswidrig sei, sei der Anspruch auf den Freibetrag nicht verbraucht und könne bei der Einkommensteuerveranlagung 2003 noch berücksichtigt werden.

Die Kläger beantragen,

unter Änderung des Einkommensteuerbescheides 2003 vom 17. August 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30. Oktober 2007 die Einkommensteuer 2003 in der Weise herabzusetzen, dass ein Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG a.F. i.H. von 51.200 Euro berücksichtigt wird.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung trägt es unter Bezugnahme auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung vor, es sei unbeachtlich, dass der Freibetrag im Veranlagungszeitraum 1997 zu Unrecht gewährt worden sei, denn der Einkommensteuerbescheid 1997 habe Wirksamkeit erlangt. Der Kläger habe den Freibetrag für den Veranlagungszeitraum 1997 zwar nicht beantragt, aber er habe die unzutreffende Einkommensteuerfestsetzung gegen sich gelten lassen. Dies auch dann noch, al...

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