Entscheidungsstichwort (Thema)

Energiesteuerbefreiung für den Einsatz von Tierfett als Heizstoff durch eine Tierkörperbeseitigungsanstalt

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Die Steuerbefreiung nach § 26 Abs. 1 EnergieStG kann einer Tierkörperbeseitigungsanstalt nur soweit gewährt werden, wie der Einsatz des von ihr produzierten Tierfetts als Heizstoff zur Herstellung von Energieerzeugnissen eingesetzt worden ist.
  2. Diese Zweckbestimmung fehlt, soweit das hergestellte Tierfett an Unternehmen der Oleochemie veräüßert wird.
  3. Das zugleich mit der Herstellung des Tierfetts anfallende Tiermehl ist nur dann ein sogenanntes Kuppelprodukt, das bei der Berechnung des Umfangs der Steuerbefreiung für das als Heizstoff eingesetzte Tierfett außer Acht zu lassen ist, wenn es auch nicht zu einem geringen Preis verkauft werden kann, mithin Abfall ist.
 

Normenkette

EnergieStG § 4 Nr. 1, § 8 Abs. 1, § 26 Abs. 1; RL (EG) 2003/96 Art. 21 Abs. 3 S. 3

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 19.03.2019; Aktenzeichen VII R 13/18)

 

Tatbestand

Die Klägerin betrieb eine Tierkörperbeseitigungsanstalt, in der tierische Rohstoffe (tierische Nebenprodukte der Kategorie 1 der Verordnung (EG) Nr. 1774/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 03.10.2002 mit Hygienevorschriften für nicht für den menschlichen Verzehr bestimmte tierische Nebenprodukte) zu Tiermehl und Tierfett verarbeitet wurden. Tiermehl verkaufte sie als Brennstoff, Tierfett zum Teil als Energieerzeugnis, zum Teil verwendete sie Tierfett auch als Heizstoff für die Erzeugung von Prozessdampf. Einen Teil des Tierfetts verkaufte sie an Unternehmen der Oleochemie.

Der Klägerin war eine Erlaubnis zur Herstellung von Energieerzeugnissen unter Steueraussetzung erteilt worden, nach der sie u.a. den Eigenverbrauch von Energieerzeugnissen zu ermitteln hatte.

Der auch unter Einsatz von Tierfett erzeugte Dampf wurde bei der Sterilisation und der Trocknung eingesetzt. Erst nach der Trocknung der gesamten Masse erfolgte eine mechanische Trennung in Tierfett einerseits und einem Vorprodukt des Tiermehls, das dann zu Tiermehl verarbeitet wurde.

Die Klägerin gab für das von ihr zum Heizstoff bestimmte und für die eigene Dampferzeugung verwendete Tierfett keine Steueranmeldung ab, da dieses Tierfett der Herstellung von Energieerzeugnissen gedient habe, § 26 des Energiesteuergesetzes (EnergieStG).

Für die Jahre 2009 und 2010 fand bei der Klägerin eine Außenprüfung durch das Sachgebiet Prüfungsdienste des Beklagten statt, die am 15.12.2010 begann und deren Ergebnis im Prüfungsbericht vom 06.04.2011, AB-Nr. 290020100523 — D 2109, zusammengefasst wurde. Nach Auffassung des Prüfungsbeamten habe das Tierfett mit dem Einsatz oder dem Verkauf zum Verheizen die Zweckbestimmung Heizstoff erhalten und sei dadurch zu einem Energieerzeugnis nach §§ 1 Abs. 2 Nr. 1, 4 Nr. 1 EnergieStG geworden. Es könne daher nur insoweit steuerfrei gestellt werden, als es zur Herstellung von Energieerzeugnissen eingesetzt worden sei, d.h. für 2009 in Höhe von 30,59% und für 2010 in Höhe von 18,09%. Für den insoweit nicht begünstigten Teil des Tierfetts seien für 2009 und für 2010 Energiesteuer entstanden und noch zu erheben.

In ihrer Stellungnahme vom 20.05.2011 zum Prüfungsbericht führte die Klägerin aus, der gesamte Einsatz von Tierfett sei steuerfrei. Das BFH-Urteil vom 23.02.2010, VII R 34/09, betreffe einen anderen Fall und im Senatsurteil vom 10.03.2010, 4 K 3407/09 VSt sei es nur um die Einordnung ihres Unternehmens in die WZ 2003 gegangen.

Der Beklagte folgte den Feststellungen und rechtlichen Wertungen des Prüfungsberichts und setzte mit Steueränderungsbescheid Energiesteuer fest.

Dagegen legte die Klägerin fristgerecht Einspruch ein und trug zur Begründung vor, Gegenstand des BFH-Urteil vom 29.10.2012, VII R 26/12 sei nur der Fall der Herstellung von Energieerzeugnissen und anderer Produkte als Energieerzeugnisse gewesen. Unberührt davon seien sog. Kuppelprodukte, die wie Abfälle zwangsläufig mit der Herstellung von Energieerzeugnissen entstünden. Diese Produkte müssten im Rahmen des Herstellerprivilegs nach § 26 EnergieStG unberücksichtigt bleiben (Gotterbarm, Mineralölsteuer, Mineralölzoll § 3 Nr. 9; BMF - Erlasse vom 27.07.2006, III A 1 — V 9905/05/0001, und vom 04.07.2008, III A 1 — V 8230/07/0003).

Mit Einspruchsentscheidung vom 19.04.2017 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück und führte dazu aus:

Nach § 8 Abs. 1 EnergieStG entstehe die Steuer u.a. dadurch, dass Energieerzeugnisse innerhalb eines Steuerlagers zum Ge- oder Verbrauch entnommen worden seien. Der Herstellungsbetrieb der Klägerin sei auf Grund der ihr erteilten Erlaubnis ein Steuerlager. In diesem habe sie einen Teil des gewonnenen Tierfetts in ihrem Dampfkessel zur Aufrechterhaltung ihres Betriebs eingesetzt. Insoweit sei das Tierfett ein Energieerzeugnis.

Der Klägerin sei zugleich die steuerfreie Verwendung nach § 26 Abs. 1 EnergieStG bewilligt worden. Diese Bewilligung sei verwendungsbezogen, so dass mit dem Einsatz des Tierfetts der Hauptzweck des He...

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