Entscheidungsstichwort (Thema)

Betrieb eines Möbeleinzelhandels als Liebhaberei

 

Leitsatz (redaktionell)

Der für die Gewinnerzielungsabsicht bei dem Betrieb eines Möbeleinzelhandels (ererbtes Familienunternehmen) streitende Anscheinsbeweis ist entkräftet, wenn der Betrieb ohne erkennbare außergewöhnliche Verlustursachen und Gegensteuerung des Steuerpflichtigen nach anfänglicher Gewinnphase seit 10 Jahren mit Verlust arbeitet, die Erzielung eines Totalgewinns bis zum voraussichtlichen Ruhestandseintritt des Steuerpflichtigen ausgeschlossen erscheint und die Betriebsführung eine wirtschaftlich steuerneutrale Behandlung der den Verlusten entsprechenden Lohnzahlungen an den Ehegatten des Steuerpflichtigen als einzigen Arbeitnehmer ermöglicht.

 

Normenkette

EStG § 15 Abs. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 17.11.2004; Aktenzeichen X R 62/01)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Klägerin ihr Einzelgewerbe in den Streitjahren mit Gewinnerzielungsabsicht oder aus sogenannter Liebhaberei betrieben hat.

Die Klägerin, geboren am …….., wird mit ihrem Ehemann, dem Kläger, zur Einkommensteuer zusammenveranlagt.

Der Kläger betreibt ein Bestattungsunternehmen mit Schreinerei; die Gewinne betrugen in den Streitjahren rund 40.000 bis 65.000 DM. Daneben erzielte der Kläger in den Streitjahren aus einer Anstellung im Betrieb der Klägerin Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

Die Klägerin hatte zum 01.01.1976 von ihrer Schwiegermutter einen Möbeleinzelhandel übernommen. Das Geschäftslokal in von dem Kläger gemieteten Räumen auf der A-Straße Nr. … in B lag an einer Hauptdurchgangsstraße; darüber hinaus hatte die Klägerin von dem Kläger Ausstellungs- und Lagerräume auf der C-Straße in B gemietet. In dem Zeitraum von 1993 bis 1996 führte der Landschaftsverband Y im Bereich des Geschäftslokals Straßenbaumaßnahmen durch, die Beeinträchtigungen in der Verkehrsführung mit sich brachten. Im Rahmen der Rückbaumaßnahmen wurden im Bereich des Ladenlokals der Klägerin keine Parkbuchten mehr angelegt. Mit Ablauf des Jahres 1998 gab die Klägerin die auf dem Grundstück C-Straße in B gelegenen Lager- und Ausstellungsräume auf, so dass seitdem die Kunden Möbel nach Prospekten und Katalogen aussuchen müssen. Mit Wirkung zum 31.03.1999 wurde der Möbeleinzelhandel mit dem Betrieb des Klägers, so der Klagevortrag, "zusammen gelegt". Zum 01.11.1999 kündigte die Klägerin das Anstellungsverhältnis mit dem einzigen Arbeitnehmer, ihrem Ehemann.

Die Klägerin erzielte mit dem Betrieb folgende Ergebnisse:

Jahr

Einkünfte

Erlöse

1976

- 4.545 DM

269.392 DM

1977

+ 21.167 DM

302.710 DM

1978

+ 26.508 DM

356.036 DM

1979

+ 46.609 DM

390.190 DM

1980

+ 35.988 DM

392.571 DM

1981

+ 16.092 DM

392.244 DM

1982

+ 22.723 DM

321.006 DM

1983

- 41.411 DM

204.773 DM

1984

- 20.782 DM

260.099 DM

1985

- 25.326 DM

218.773 DM

1986

- 29.705 DM

200.799 DM

1987

- 15.543 DM

205.185 DM

1988

- 23.113 DM

188.247 DM

1989

- 32.925 DM

167.274 DM

1990

- 20.978 DM

211.069 DM

1991

- 20.810 DM

230.652 DM

1992

- 25.201 DM

252.947 DM

1993

- 53.691 DM

155.946 DM

1994

- 50.355 DM

104.679 DM

1995

- 56.829 DM

142.710 DM

1996

- 59.634 DM

71.972 DM

1997

- 65.763 DM

68.122 DM

1998

- 59.368 DM

75.033 DM

Zum 31.12.1996 beliefen sich die Bankkredite der Klägerin auf 286.632 DM und ein unverzinsliches Darlehen des Klägers als Vermieter (Mietrückstand) auf 87.000 DM.

Im Anschluss an eine Betriebsprüfung für die Jahre 1994 bis 1996 vertrat der Beklagte die Ansicht, die Verluste könnten mangels Gewinnerzielungsabsicht nicht anerkannt werden. Er erließ am 01.02.1999 entsprechende auf § 165 Abs. 2 AO (1992, 1993) bzw. auf § 164 Abs. 2 AO (1995, 1996) gestützte Änderungsbescheide. Die von den Klägern nicht näher begründeten Einsprüche blieben erfolglos.

Hiergegen richtet sich die Klage. Die zunächst erhobenen verfahrensrechtlichen Einwendungen haben die Kläger in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich nicht mehr aufrechterhalten. In der Sache machen sie geltend, die erklärten Verluste seien steuerlich anzuerkennen. Der von der Klägerin geführte Einzelhandel spreche bereits seinem Gegenstand nach dafür, dass es sich auch im steuerlichen Sinne um einen Gewerbebetrieb gehandelt habe. Sie habe das Geschäft als wirtschaftlich eingerichteten Geschäftsbetrieb geführt, die Buchführung durch einen Steuerberater vornehmen lassen und hohe Investitionen getätigt, insbesondere nur Möbel renommierter Großhändler bezogen. Trotz der Verluste habe sie stets hohe Erlöse erzielt. Allein der Umstand, dass sie über lange Zeiträume Verluste erlitten und möglicherweise auch betriebswirtschaftliche Fehler begangen habe, lasse keinen Rückschluss auf eine fehlende Gewinnerzielungsabsicht zu. Die Umsatzrückgänge in den Jahren 1993 bis 1996 seien wesentlich auf die Straßenbaumaßnahmen zurückzuführen. 1996 sei noch eine mehrmonatige Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers hinzugekommen. In der Vergangenheit habe die Klägerin wiederholt überlegt, Strukturveränderungen durchzuführen oder aber den Betrieb einzustellen. Letztlich habe sie aber davon abgesehen, weil sie ...

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