Entscheidungsstichwort (Thema)

Zeitpunkt der Sachspende bei im Rahmen der Gründung einer privatrechtlichen gemeinnützigen Stiftung vereinbarter Schenkung eines Grundstücks in den Vermögensstock der Stiftung und erst in späteren Jahren nachgeholter notarieller Beurkundung der Grundstücksübertragung bzw. Eintragung der Stiftung im Grundbuch als Eigentümerin. wirtschaftliches Eigentum der Stiftung ab dem Zeitpunkt ihrer Anerkennung durch das zuständige Landesministerium

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine Sachspende an eine Stiftung ist dann bewirkt, wenn die Stiftung das wirtschaftliche Eigentum an dem betreffenden Wirtschaftsgut erlangt.

2. Wird bei der nicht notariell beurkundeten Errichtung einer privatrechtlichen gemeinnützigen Stiftung die Schenkung eines im Miteigentum aller Stiftungsgründer stehenden Grundstücks in den Vermögensstock der Stiftung vereinbart, so erlangt die Stiftung bereits zum Zeitpunkt ihrer Anerkennung durch das zuständige Landesministerium das wirtschaftliche Eigentum an dem Grundstück; denn ab diesem Zeitpunkt sind die Stifter gem. § 82 S. 1 BGB an ihr Zuwendungsversprechen gebunden und besteht ein Rechtsanspruch der Stiftung gegenüber den Stiftern auf Übertragung des Grundstücks. Insoweit ist unerheblich, dass die Grundstücksübertragung erst zwei Jahre später notariell beurkundet worden ist, dass die Stiftung erst drei Jahre nach ihrer Gründung als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen worden ist, dass der Grundstücksübertragungsvertrag zunächst wegen Verletzung von § 311b Abs. 1 S. 1 BGB gem. § 125 S. 1 BGB nichtig war und wie der Sachverhalt grunderwerbsteuerrechtlich zu behandeln ist.

3. Da für das Stiftungsgeschäft gemäß § 81 Abs. 1 S. 1 BGB die Schriftform genügt, bedarf das Stiftungsgeschäft auch nicht im Hinblick auf die im Stiftungsgeschäft erklärte Verpflichtung der Stifter zur Übertragung eines Grundstücks an die Stiftung der notariellen Beurkundung gem. § 311b Abs. 1 S. 1 BGB und ist demzufolge nicht formnichtig (§ 125 S. 1 BGB). § 311b BGB gilt nämlich nur für Verträge, das Anerkennungsverfahren (vgl. § 80 Abs. 1 und Abs. 2 BGB) ersetzt die Richtigkeitsgewähr der notariellen oder gerichtlichen Form.

4. Bei dem Antrag auf Berücksichtigung einer Neugründungsspende i. S. d. § 10b Abs. 1a S. 1 EStG handelt es sich um ein steuerliches Wahlrecht, das von den Steuerpflichtigen nach den allgemeinen Grundsätzen bis zur (formellen) Bestandskraft der betreffenden Veranlagung für den maßgeblichen Veranlagungszeitraum ausgeübt werden kann. Der Antrag kann für jeden Veranlagungszeitraum des Zehnjahreszeitraums getrennt gestellt werden. Eine zeitliche Beschränkung auf das Jahr, in dem die Stiftung gegründet wurde, lässt sich der Vorschrift nicht entnehmen.

 

Normenkette

EStG § 10b Abs. 1a S. 1, Abs. 3 S. 1, Abs. 1; BGB § 80 Abs. 1-2, § 81 Abs. 1 Sätze 1-2, § 82 S. 1, § 125 S. 1, § 126 Abs. 1-2, § 311b Abs. 1 S. 1, §§ 873, 925 Abs. 1; AO § 39 Abs. 2 Nr. 1 S. 1, § 41 Abs. 1 S. 1; KStG § 5 Abs. 1 Nr. 9

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 06.12.2018; Aktenzeichen X R 11/17)

 

Tenor

Unter Änderung des Bescheids über Einkommensteuer für 2005 vom 24. August 2007 sowie für 2006 und 2007, jeweils vom 22. Juli 2009, alle in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19. April 2010, wird die Einkommensteuer für 2005 bis 2007 jeweils unter Berücksichtigung von Sonderausgaben in Höhe von xx.xxx EUR (2005), xx.xxx EUR (2006) und xx.xxx EUR (2007) neu festgesetzt.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden, wenn nicht die Kläger zuvor Sicherheit leisten.

 

Tatbestand

Der Rechtsstreit betrifft die Berücksichtigung von Zuwendungen in den Vermögensstock einer Stiftung als Sonderausgaben bei der Einkommensteuerfestsetzung für die Jahre 2005 bis 2007.

Die Kläger sind Eheleute und werden beim Beklagten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Sie errichteten mit zwei weiteren Gründungsstiftern … die privatrechtliche Stiftung „…”. Ausweislich der privatschriftlichen Gründungssatzung ist Zweck der Stiftung „jede ihr mögliche Förderung, die Liebe Gottes für jeden einzelnen Menschen in seinem Wirkungsbereich erfahrbar zu machen sowie Menschen zu befähigen, den Plan Gottes für ihr Leben zu erkennen und in die Tat umzusetzen”. Das saarländische Ministerium für Inneres und Sport genehmigte die Errichtung der Stiftung … (§ 80 Abs. 1 BGB i.V.m. §§ 2, 3 SaarlStiftungsG). Der Beklagte erkannte die Stiftung am 3. Juli 2002 vorläufig als gemeinnützig an.

Die Gründungsstifter wandten der Stiftung das im gemeinschaftlichen Eigentum aller Stifter stehende Grundstück … in A zu. Der Wert des Grundstücks und damit des Anfangsvermögens der Stiftung wurde mit xxx.xxx DM beziffert (xxx.xxx DM abzüglich Belastungen in Höhe von etwa xxx.xxx DM). Dieser Wert ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Das Grundstück wurde vom Beklagten ausweislich der Einheitswertakte … der Stiftung zugerechnet. Im Hinblick darauf, ...

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