Entscheidungsstichwort (Thema)

Kindergeld für in Ausbildung befindliches, verheiratetes Kind. Innehaben einer "eigenen" Wohnung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Wohnung nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 7 EStG ist nur eine Unterkunft, die dem Steuerpflichtigen zuzurechnen ist, also seine „eigene” Wohnung ist. Eine gemeinschaftliche Wohnung kann danach „eigene” Wohnung sein, wenn der Steuerpflichtige selbst zwar noch eine eigene Wohnung besitzt, in der gemeinschaftlichen Wohnung aber nachweislich seit längerer Zeit ständig lebt und übernachtet.

2. Ein Zimmer eines verheirateten, in Ausbildung befindlichen Kindes im Hause seiner Eltern ist keine in diesem Sinne „eigene” Wohnung, wenn die – häufigen – Aufenthalte des Kindes dort Besuchscharakter haben und das Zimmer sich nach Größe und Ausstattung nicht als Familienwohnung für das Kind und seinen Ehegatten eignet.

 

Normenkette

EStG 2002 § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 S. 7, § 32 Abs. 4 S. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 22.10.2009; Aktenzeichen III R 48/09)

BFH (Urteil vom 22.10.2009; Aktenzeichen III R 48/09)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

 

Tatbestand

Die Tochter der Klägerin, …, geb. ….1983, absolvierte – wie auch deren Ehemann – 2004 ein Studium im gehobenen nichttechnischen Verwaltungsdienstes des Landes …. Von Januar bis Juni machte sie die praktische Ausbildung in H., von Juli bis Dezember 2004 befand sie sich zur theoretischen Ausbildung an der … Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege – Fakultät Steuerverwaltung – in R.

In H. bewohnte die Tochter der Klägerin mit ihrem Ehemann eine Drei-Zimmer-Wohnung.

Mit Bescheid vom 5. Mai 2005 hob der Beklagte die Kindergeldfestsetzung ab Januar 2004 auf. Den Einspruch wies er zurück, weil die Einkünfte … den Grenzbetrag überstiegen.

Dagegen hat die Klägerin Klage erhoben. Die Einkünfte ihrer Tochter würden keine kindergeldschädliche Höhe erreichen, weil für deren wöchentliche Fahrten zwischen W. und der Wohnung in H. bzw. der in R. weitere Werbungskosten für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu berücksichtigen seien. Während die Wohnung in H. nur zwangsweise zur Durchführung der Ausbildung angemietet worden sei, sei die elterliche Wohnung im Streitzeitraum Mittelpunkt der Lebensinteressen … gewesen. So habe eine enge Bindung zu der Klägerin bestanden. In W., der Heimatstadt ihrer Tochter und auch deren Ehemannes, haben die Verwandten und Freunde gewohnt, zu denen die Kontakte gepflegt worden seien. … habe die Klägerin im Urlaub, zu den ausbildungsfreien Zeiten und an den überwiegenden Wochenenden besucht. Arztbesuche seien in W. erledigt worden. Während der theoretischen Ausbildung in R. (Juli 2004- April 2005) sei die Wohnung in H. kaum aufgesucht worden, was auch der niedrige Energieverbrauch belege. Die Wohnung in H. sei auch in Zeiten des Nichtgebrauchs beibehalten worden, weil der Aufwand ihrer Auflösung angesichts des ständig wechselnden Ausbildungsortes unzumutbar hoch gewesen wäre. Im Übrigen habe nun auch der Beklagte den Mittelpunkt der Lebensinteressen in W. anerkannt, denn für das Kalenderjahr 2005 sei Kindergeld gewährt worden. In W. habe die Tochter der Klägerin mit ihrem Ehemann abwechselnd bei Eltern und Schwiegereltern gewohnt.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid vom 5. Mai 2005 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 30. Dezember 2005 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Weitere Werbungskosten für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte könnten nicht anerkannt werden, weil die Tochter der Klägerin in W. keinen Lebensmittelpunkt gehabt hätte. Nach Größe und Ausstattung entspräche die Wohnung in H. den Ansprüchen der Tochter und des Schwiegersohns der Klägerin auf längere Dauer. Unglaubhaft sei, dass die Wohnungen in H. und R. nur an Werktagen benutzt worden seien. In W. hätte die Tochter der Klägerin auch keine eigene Wohnung unterhalten, sondern bei den Eltern gewohnt.

Die Verwaltungsakte hat dem Gericht vorgelegen.

 

Entscheidungsgründe

Begründetheit

Die zulässige Klage ist unbegründet, weil die Einkünfte und Bezüge der Tochter der Klägerin eine kindergeldschädliche Höhe erreicht haben. Aufwendungen für die Fahrten zwischen W. und dem Beschäftigungsort sind nicht als weitere Werbungskosten anzuerkennen.

Neben anderen, hier nicht streitigen Voraussetzungen, wird Kindergeld für Kinder gewährt, deren Einkünfte und Bezüge, die zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung bestimmt oder geeignet sind, 7680 EUR nicht übersteigen, § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG.

Die Einkünfte und Bezüge betragen 9.475,62 EUR und übersteigen den Grenzbetrag:

Unstreitige Einnahmen

Ausbildungsvergütung

11.937,99 EUR

Einkünfte aus Kapitalvermögen

230,57 EUR

Wohngeld

628,00 EUR

Gesamt

12.796,56 EUR

Abzüge

Anerkannte Werbungskosten

2.335,74 EUR

Kostenpauschale

180,00 EUR

Werbungskosten Kapitalvermögen

51,00 EUR

Sozialversicherungsbeiträge

754,20 EUR

Gesamt

- 3.320,94 EUR

Einkünfte

9.475,62 EUR

Weitere Werbungskosten für Fahrten zwischen W. und den Beschä...

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