rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Kindergeldanspruch bei Au-pair-Aufenthalt der Tochter in den USA und Besuch von Kursen über amerikanische Geschichte, Kultur und Präsidenten

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Auslands-Sprachaufenthalte volljähriger Kinder können nur dann als Berufsausbildung i. S. v. § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG anerkannt werden, wenn der Erwerb der Fremdsprachenkenntnisse nicht dem ausbildungswilligen Kind allein überlassen bleibt, sondern Ausbildungsinhalt und Ausbildungsziel von einer fachlich autorisierten Stelle vorgegeben werden. Sind Auslandssprachaufenthalte z. B. im Rahmen von Au-pair-Verhältnissen nicht mit anerkannten Formen der Berufsausbildung verbunden, z. B. mit dem Besuch einer allgemeinbildenden Schule, eines Colleges oder einer ausländischen Universität, können sie regelmäßig nur dann als Berufsausbildung anerkannt werden, wenn sie von einem theoretisch-systematischen Sprachunterricht im Umfang von mindestens 10 Unterrichtsstunden pro Woche begleitet werden.

2. Von der volljährigen Tochter im Rahmen eines Au-pair-Aufenthalts in den USA besuchte, nicht vorrangig auf die Sprachausbildung gerichtete Kurse über amerikanische Geschichte, Kultur und Präsidenten genügen grundsätzlich auch dann nicht den Anforderungen an eine hinreichend gründliche theoretisch-systematische Sprachausbildung, wenn zwar in diesen Kursen nur Englisch gesprochen worden ist bzw. alle schriftlichen Arbeiten auf Englisch zu erfolgen hatten, wenn jedoch die Kurse an deutlich weniger als zehn Stunden pro Woche stattgefunden haben und zudem nicht zwingende Zugangsvoraussetzung für das von der Tochter anschließend aufgenommene BWL-Studium waren.

 

Normenkette

EstG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 26.10.2012; Aktenzeichen VI R 102/10)

BFH (Urteil vom 26.10.2012; Aktenzeichen VI R 102/10)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um Kindergeld für die Tochter des Klägers …, geboren … März 1984. Diese befand sich von August 2003 bis Januar 2005 in einem Au-Pair-Programm in den USA und lebte bei freier Unterkunft und Verpflegung bei einer amerikanischen Gastfamilie. Sie erhielt ein Taschengeld in Höhe von 139 US$ pro Woche.

Mit Antrag vom 30. März 2005 beantragte der Kläger für seine Tochter Kindergeld. Dem Antrag waren verschiedene in englischer Sprache abgefasste Zertifikate beigefügt:

  • US Presidents Course, 3 Credits, vom 11. Dezember 2004
  • XAuPair, Teilnahme am EurAupair Programm USA, vom 21. Januar 2005
  • Au Pair Programm, 3 Credits, vom 05. Juni 2004
  • American history and culture (von Februar bis Dezember 2004), 10 Stunden die Woche, vom 24. Oktober 2004
  • XAupair Au Pair Workshop, 3 credits, vom 11. Mai 2004
  • XAuPair 21. Juli 2004 – 21. Januar 2005 Au Pair, 3 credits oder 36 Unterrichtsstunden, vom 25. Oktober 2004

Nachfolgend forderte die Beklagte den Kläger auf, Nachweise vorzulegen. Die Tochter des Klägers wies sodann darauf hin, dass sie nach Rückkehr aus den USA diese Nachweise nicht mehr vorlegen könne bzw. die Zertifikate bereits vorgelegt worden seien.

Mit Bescheid vom 28. Juni 2005 setzte die Beklagte Kindergeld ab Februar 2005 (nach Rückkehr aus den USA) fest. In dem Bescheid wird ausgeführt, dass über den Anspruch vor Februar 2005 noch nicht entschieden sei. Mit Bescheid vom 29. Juli 2005 lehnte die Beklagte sodann den Antrag für den Zeitraum August 2003 bis Januar 2005 ab und führte aus, dass die Voraussetzungen für die Anerkennung des Au-Pair-Aufenthaltes als Berufsausbildung nicht erfüllt seien.

Mit undatiertem und nicht unterschriebenem Schreiben, Eingang bei der Agentur für Arbeit … am 08. September 2005, legte der Kläger „Widerspruch” ein. Er wies darauf hin, dass die Au-Pair-Organisation den Kindergeldanspruch bestätigt habe und bei anderen Kindern Kindergeld gezahlt worden sei.

Mit Einspruchsbescheid vom 27. Dezember 2005 wies die Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Die Einspruchsfrist thematisierte sie nicht. Die Beklagte hielt an ihrer Rechtsauffassung fest und führte aus, dass ein Kurs in amerikanischer Geschichte und Kultur grundsätzlich nicht darauf gerichtet sei, landessprachliche Kenntnisse der Teilnehmer theoretisch-systematisch fundiert zu vertiefen. Der Sprachaufenthalt der Tochter sei nicht mit einem Besuch einer regulären allgemeinbildenden Schule, einem College oder einer Hochschule verbunden gewesen. Auch fehle es an den erforderlichen zehn Wochenstunden theoretisch-systematischen Unterrichts, so dass keine Berufsausbildung i.S.v. § 32 Abs. 4 Nr. 2a Einkommensteuergesetz (EStG) vorliege.

Am 26. Januar 2006 hat der Kläger Klage erhoben. Er ist der Ansicht, dass seine Tochter während ihres Auslandsaufenthaltes einen Unterricht belegt habe, der mehr als zehn Unterrichtsstunden pro Woche umfasse, wie die vorgelegten Zertifikate beweisen würden.

So weise die Bescheinigung vom 24. Oktober 2004 aus, dass der Kurs in „Amerikanischer Geschichte und Kultur” von Februar bis Dezemb...

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