Entscheidungsstichwort (Thema)

Beteiligte und anzuwendendes Verfahrensrecht für Antrag auf Aufhebung eines bestandskräftigen Rücknahmebescheids der Bestellung zum Steuerbevollmächtigten. Wiederaufgreifen eines Verwaltungsverfahrens

 

Leitsatz (amtlich)

1. Trotz der Übertragung der Zuständigkeit für die Rücknahme der Bestellung von Steuerberatern nach § 46 Abs. 4 StBerG in der Neufassung durch das Gesetz zur Änderung von Vorschriften über die Tätigkeit der Steuerberater vom 24. Juni 2000 (BGBl I 2000, 874) – 7. StBÄndG – auf die Steuerberaterkammern verbleibt es für den Fall der vor dem 1.7.2000 erfolgten Rücknahme einer vorläufigen Bestellung als Steuerberater i. S. von § 40a StBerG a. F. bei den bisherigen Beteiligten (hier: weitere Passivlegitimation der Oberfinanzdirektion).

2. Ist ein Bescheid, mit dem die Bestellung zum Steuerbevollmächtigten zurückgenommen worden ist, bestandskräftig geworden, so ist ein Antrag auf Aufhebung dieses Rücknahmebescheids verfahrensrechtlich nicht nach den Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes, sondern nach der Abgabenordnung zu behandeln (hier: § 130 AO 1977).

3. Zu den Voraussetzungen der Bestellung zum Steuerbevollmächtigten nach § 70 der Steuerberaterordung der DDR.

 

Normenkette

StBerG § 46 Abs. 6, § 40a Abs. 1 S. 6; FGO § 63 Abs. 1 Nr. 2; StBerG § 46 Abs. 1 S. 2; AO 1977 § 130; StBerO DDR § 70; StBerG § 157 Abs. 6, § 164a Abs. 1, § 46 Abs. 4

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 22.01.2002; Aktenzeichen VII R 19/01)

BFH (Urteil vom 22.01.2002; Aktenzeichen VII R 19/01)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert wird auf 100.000,– DM festgesetzt.

 

Tatbestand

Der Kläger ist mit Urkunde vom 8. August 1990 von der Bezirksverwaltungsbehörde … „gem. der Steuerberatungsordnung vom 27.06.1990 als Steuerbevollmächtigter zum 15.08.1990 bestellt” worden. Diese Bestellung ist von der Beklagten mit Bescheid vom 11. Dezember 1991 zurückgenommen worden. Die hiergegen gerichtete Klage wies der erkennende Senat durch Urteil vom 17. Februar 1998 (143/96) ab. Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers wies der Bundesfinanzhof durch Beschluss vom 28. Juni 1999 (VII B 147/98) als unbegründet zurück.

Nach Rechtskraft des Urteils beantragte der Kläger beim Ministerium der Finanzen des Landes Sachsen-Anhalt, ihn endgültig als Steuerberater zu bestellen, und berief sich darauf, dass er neue Tatsachen vortragen könne, die ein Wiederaufgreifen des Verwaltungsverfahrens zu seinen Gunsten rechtfertigten.

Zur Unterstützung dieses Begehrens beantragte der Kläger unter Hinweis auf § 130 der AbgabenordnungAO – am 09. Dezember 1999 bei der Beklagten, den Rücknahmebescheid vom 11. Dezember 1991 aufzuheben. Der Rücknahmebescheid sei rechtswidrig. Das Gericht, das die Rücknahme bestätigte, weil der Kläger zum Zeitpunkt seiner Bestellung kein Bürger der DDR war und diese Voraussetzung auch kannte, sei unzutreffend davon ausgegangen, dass nach § 70 der Steuerberatungsordnung der DDR vom 27. Juni 1990 – StBerO – (Gesetzblatt – GBl – der DDR vom 27. Juli 1990, Sonderdruck Nr. 1455) nur Bürger der DDR als Steuerbevollmächtigter hätten bestellt werden dürfen. Aus Unterlagen, die sich im Bundesarchiv Berlin befänden, ergäbe sich, dass der Verordnungsgeber bewusst davon abgesehen habe, für „originäre” Bestellungen als Steuerbevollmächtigte i.S.d. § 70 Abs. 1 StBerO i.V. mit §§ 1, 2 der Anordnung des Ministers der Finanzen und Preise über die Zulassung zur Ausübung der selbständigen Tätigkeit als Helfer in Steuersachen und die Registrierung von Stundenbuchhaltern vom 07. Februar 1990 (GBl DDR I 1990 S. 92) die Staatsbürgerschaft der DDR zu fordern. Die nachträgliche Berichtigung des § 70 Abs. 1 StBerO durch Anfügung eines zweiten Satzes, wonach die in der Anordnung getroffenen Regelungen nur für Bürger der Deutschen Demokratischen Republik anzuwenden sind (GBl DDR I 1990 S. 1257, ausgegeben am 27. August 1990), sei in bewusster Abweichung und gegen den in der Beschlussfassung des Ministerrats zum Ausdruck gekommenen Willen des Normgebers erfolgt. Im übrigen habe der Kläger zum Zeitpunkt seiner Bestellung zumindest annehmen können, Bürger der DDR zu sein, weil ihm zuvor ein vorläufiger Personalausweis der DDR ausgehändigt worden sei und nach dem Staatsbürgerschaftsgesetz der DDR die Staatsbürgerschaft auch mit Aushändigung des für DDR-Bürger bestimmten Personalausweises erworben werden konnte.

Mit Bescheid vom 12. April 2000 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers ab. Die Sach- und Rechtslage habe sich nicht verändert. § 70 Abs. 1 StBerO sei mit der Anfügung des zweiten Satzes nicht rechtswidrig geändert worden, sondern, wie der Bundesfinanzhof bereits in seiner Entscheidung vom 28. Juni 1999 über die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ausgeführt habe, lediglich klargestellt worden. Das Erfordernis der DDR-Staatsbürgerschaft ergebe sich aus dem eindeutigen Wortlaut der Steuerberatungsordnung. Unzutreffend sei ferner die Annahme des Kläge...

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