rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Kindergeld für auf Ausbildungsbeginn wartende Kinder; Überschreiten der kindergeldrechtlichen Einkommensgrenze als zu einer Rückforderung berechtigendes "rückwirkendes Ereignis"

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein Kind ist auch dann kindergeldrechtlich nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2c EStG zu berücksichtigen, wenn es schon einen Ausbildungsplatz sicher hat, aber noch auf den Beginn des nächsten Ausbildungsturnus warten muss (hier: Kindergeldanspruch für die Zeit von der Beendigung des Grundwehrdienstes bis zum frühest möglichen Studienbeginn).

2. Für den Kindergeldanspruch nach § 32 Abs.4 Satz 1 Nr.2b EStG ist es unbeachtlich, aus welchen Gründen die Berufsausbildung nicht begonnen oder fortgesetzt werden kann; insoweit ist also nicht Voraussetzung, dass z.B. eine ablehnende Entscheidung über die Bewerbung um den angestrebten Ausbildungsplatz getroffen wurde.

3. Wird erst nach Bewilligung des Kindergeldes im Laufe des Jahres klar, dass die Einkünfte und Bezüge des Kindes über dem kindergeldrechtlich "unschädlichen" Grenzbetrag liegen werden, darf das Kindergeld aufgrund eines "rückwirkenden Ereignisses" nach § 175 Abs.1 Satz 1 Nr.2 AO 1977 zurückgefordert werden.

 

Normenkette

EStG 1996 § 32 Abs. 4 S. 1 Nrn. 2b, 2c; EStG § 32 Abs. 4 S. 2; AO 1977 § 175 Abs. 1 S. Nr. 2, § 155 Abs. 6; EStG 1996 § 31 S. 3

 

Tatbestand

Die Klägerin hat einen im Jahr 1977 geborenen Sohn, der in der Zeit von Juli 1996 bis April 1997 seinen Grundwehrdienst leistete; im Oktober 1997 nahm er ein Informatikstudium auf. Dieser Studiengang unterlag keinen Zulassungsbeschränkungen.

Im Streitjahr 1997 erhielt der Sohn der Klägerin neben seinem Wehrsold ein Entlassungsgeld in Höhe von DM 1.500, das ihm am 30. April ausgezahlt wurde. In den Monaten Oktober bis Dezember 1997 wurde dem Sohn der Klägerin eine als Zuschuss gezahlte Ausbildungsförderung aufgrund des Bundesausbildungsförderungsgesetzes –Bafög– von insgesamt DM 525 gewährt. Darüber hinaus erzielte der Sohn der Klägerin in den Monaten Mai bis Dezember 1997 aus einer Tätigkeit bei Bruttoeinnahmen von DM 8.340,21; Feiertags- und Nachtzuschläge wurden ihm außerdem in Höhe von DM 960,36 ausgezahlt.

Der Beklagte hatte zunächst vom Monat Mai 1997 an Kindergeld bewilligt. Durch den in Streit stehenden Bescheid vom 16. Juni 1998 änderte er die Kindergeldfestsetzung gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung –AO– und setzte das Kindergeld für die Monate Mai bis Dezember 1997 auf DM 0 herab. Das überzahlte Kindergeld von DM 1.760 forderte er zurück. Der Beklagte führte zur Begründung an, dass die Einkünfte und Bezüge des Kindes die maßgebliche Einkommensgrenze von DM 8.000 überschreiten würden. Den hiergegen gerichteten Einspruch der Klägerin vom 11. Juli 1998 wies der Beklagte durch die Einspruchsentscheidung vom 24. September 1998 zurück. Er machte unter Berufung auf seine Dienstanweisung aus dem Jahr 1998 geltend, dass das Entlassungsgeld in die Berechnung der anspruchsschädlichen Einkünfte einzubeziehen sei, da es dazu diene, die Zeit nach Beendigung des Wehr- bzw. Ersatzdienstes bis zum Beginn regulärer Gehaltszahlungen zu überbrücken.

Die Klägerin hat am 23. Oktober 1998 Klage erhoben. Sie führt an, das Entlassungsgeld habe in die Berechnung der anspruchsschädlichen Einkünfte nicht einbezogen werden dürfen. Ihr Sohn sei unmittelbar nach Beendigung des Zivildienstes einer Erwerbstätigkeit nachgegangen, so dass das Entlassungsgeld nicht an die Stelle von Einnahmen getreten sei, die der Wehrpflichtige an sich hätte, wenn er sich rechtzeitig eine andere Erwerbsquelle hätte beschaffen können. Außerdem habe ihr Sohn das Entlassungsgeld bereits im Monat April für Ausbildungsmaterial ausgegeben. Der Beklagte könne sich auch nicht auf eine Dienstanweisung aus dem Jahr 1998 berufen, da Kindergeld für das Jahr 1997 in Streit stehe.

Die Klägerin beantragt.

den Änderungsbescheid vom 16. Juni 1998 und den Einspruchsbescheid vom 24. September 1998 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte verweist unter Hinweis auf das Urteil des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 26. April 1991 (III R 48/89, BStBl. II 1991, 716) im wesentlichen auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet. Der Beklagte hat zu Recht die Kindergeldfestsetzung von Mai 1997 an auf DM 0 herabgesetzt und das überzahlte Kindergeld für die Monate Mai bis Dezember 1997 zurückgefordert. Da der Klägerin dem Grunde nach für die Monate Mai bis Dezember 1997 Kindergeld zustand, waren die gesamten in diesem Zeitraum erzielten Kindeseinkünfte und Bezüge in die Überprüfung der Einkommensgrenze einzubeziehen. Die Einkünfte und Bezüge, die der Sohn der Klägerin in dieser Zeit erzielt hat, haben die vom Beklagten zutreffend errechnete Einkommensgrenze deutlich überschritten.

I. Die Klägerin hatte, da ihr Sohn das 18. Lebensjahr im Streitjahr bereits vollendet hatte, nur unter den Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes – EStG– (i.V. ...

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