Entscheidungsstichwort (Thema)

Tarifierung von maßangefertigten Kissen für Rollstuhl. Zollrecht

 

Leitsatz (amtlich)

Ein nach individuellen Maßen angefertigtes Kissen für einen Rollstuhl, das in erster Linie der Korrektur, dem Stützen und Halten von Becken und Rumpf im Rollstuhl dient, und damit dieselbe Funktion hat wie andere orthopädische Apparate und andere orthopädische Vorrichtungen, gehört in die Unterposition 90211910 der Kombinierten Nomenklatur.

 

Normenkette

KN Unterposition 90211910

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 14.11.2000; Aktenzeichen VII R 83/99)

 

Tenor

1. Unter Aufhebung des Bescheides vom 08.05.1998 in der Form der Einspruchsentscheidung vom 18.08.1998 wird der Beklagte verpflichtet, eine verbindliche Zolltarifauskunft zu erlassen, dass das streitige X..-Sitzkissen in die Codenummer 9021 1910 00 1 einzutarifieren ist.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten bleibt es nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages abzuwenden, soweit nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die zolltarifliche Einreihung eines sogenannten X..-Sitzkissens. Die beklagte Oberfinanzdirektion reihte die Ware in die Unterposition 8714 2000 00 0 ein. Die Ware wurde, was zwischen den Beteiligten unstreitig ist, wie folgt beschrieben:

„Rollstuhlzubehör, sogenanntes X..-Kissen, erkennbar ausschließlich oder hauptsächlich für Rollstühle der Position 8713 bestimmt, ein Anti-Dekubitus-Sitzkissen darstellend mit individuellen Maßen, hergestellt aus offenporigem Schaumgummi mit atmungsaktiven und wasserfesten Bezügen. Durch die speziell geformte Sitzfläche des in den Rollstuhl einzulegenden Sitzkissens und die spezielle Herstellung sollen Druck- und Reibungsüberlastungen vermindert und Hautaufweichungen verhindert werden. Gleichzeitig wird eine verbesserte Sitzhaltung erzielt.” Gegen den Bescheid vom 08.05.1998, mit dem die Ware wie oben dargestellt eingereiht wurde, legte die Klägerin fristgerecht Einspruch ein, welcher mit Einspruchsentscheidung vom 18. August 1998 zurückgewiesen wurde.

Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage die Einreihung der Ware in die Codenummer 9021 1910 001, da es sich ihrer Auffassung nach um eine andere orthopädische Vorrichtung handelt, die dem Verhüten oder Korrigieren bestimmter körperliche Missbildungen oder zum Stützen oder Halten von Körperteilen nach Krankheit oder Operationen dient. Die Klägerin fügte der Klageschrift eine fachärztliche Stellungnahme zur medizinisch-orthopädischen Anwendung des Kissens bei. In dieser Stellungnahme heißt es, dass das Kissensystem seit mehreren Jahren bei der Sitzversorgung von querschnittsgelähmten Patienten mit erheblichen Beckenschiefständen sowie besonders ungünstigem Haut- und Weichteildeckungsverhältnis im Damm- und Sitzbeinbereich ebenso angewendet werde, wie bei der spezialisierten Sitzversorgung von Patienten mit Hüftgelenksexarticulationen oder Hemipelvektomien. Die Versorgung mit dem Kissensystem erfolge ausschließlich bei besonders schwierigen Sitzverhältnissen, nicht aber wegen der Verteilung des Sitzdrucks auf die gesamte Sitzfläche, da die Druckverteilung im Aufsitzbereich auch von anderen Sitzkissen erwartet werden könne. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die fachärztliche Stellungnahme vom 19.10.1998, die beiden Beteiligten bekannt ist, verwiesen. Bereits mit Einspruchsschreiben vom 27.05.1998 hatte die Klägerseite vorgetragen, dass vor Herstellung des Kissens zunächst eine Abnahme des Sitz- bzw. Rückenabdrucks auf einem mechanischen Messstuhl -dem sogenannten Shape Sensor- vorgenommen werde. Dieser zeichne den Sitzabdruck des Patienten auf. Mit dieser Information werde eine Sitzschale angefertigt, die dem Körperabdruck exakt entspreche. Der Sensor messe an jeweils 100 Punkten den Druck, der ausgeübt werde, und gebe diese Daten auf einem Messblatt wieder. Diese Daten würden dann in den Computer eingelesen. Es sei somit das einzige Kissen, das auf Maß gefertigt werde, andere Rollstuhlsitzkissen lägen in einer standardisierten Form vor. Ohne diese Kissen wären viele Benutzer nicht in der Lage, auf Grund von körperlichen Behinderungen wie Skoliosen, Dekubitus-Problemen oder Amputationen in einem Auto, auf dem Fussboden, in einer Liegeschale oder in einem Sessel zu sitzen. Das Kissen könne zudem auch außerhalb des Rollstuhles sinnvolle Verwendung finden.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verpflichten, unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 08.05.1998 in der Form der Einspruchsentscheidung vom 18.08.1998 eine verbindliche Zolltarifauskunft mit dem Inhalt zu erlassen, dass das von der Klägerin vertriebene X..-Sitzkissen in die Codenummer 9021 1910 001 für orthopädische Apparate und andere orthopädische Vorrichtungen einzustufen ist.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte führt aus, dass zwar in der ärztlichen Stellungnahme ausg...

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