rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfassungsmäßigkeit des Berliner Vergnügungsteuergesetzes

 

Leitsatz (redaktionell)

Das Berliner Vergnügungsteuergesetz in der ab 1. Juli 2000 geltenden Fassung verstößt, soweit es eine höhere Besteuerung von in Spielhallen aufgestellten Geldspielautomaten als an sonstigen Orten aufgestellten festlegt, nicht gegen das Grundgesetz.

 

Normenkette

GG § 12; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 12

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 26.02.2007; Aktenzeichen II R 2/05)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darum, ob der Beklagte die von der Klägerin geschuldete Vergnügungssteuer zu Recht auf der Grundlage des Berliner Gesetzes über eine Vergnügungsteuer für Spielautomaten - VgStG-Sp Bln - vom 28.Oktober 1988 in der Fassung des Vierten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über eine Vergnügungsteuer für Spielautomaten (GVBl. Bln. 2000, S. 343) und den danach ab dem 01. Juli 2000 geltenden erhöhten Steuersätzen festgesetzt hat. Die Klägerin hält die gesetzliche Neuregelung der Steuersätze für nicht verfassungsgemäß.

Die Klägerin betreibt ein Automatenaufstellungsgewerbe mit in Spielhallen aufgestellten Glücksspielautomaten. Der Beklagte setzte die Vergnügungsteuer der Klägerin für Juli 2000 abweichend von deren Vergnügungssteueranmeldung mit Bescheid vom 01. September 2000 auf der Grundlage der ab 01. Juli 2000 geltenden höheren Steuersätze fest.

Dagegen legte die Klägerin Einspruch ein und führte zur Begründung an, die landesgesetzliche Neuregelung der Steuersätze sei verfassungswidrig. Sie sei mit Art. 3 GG unvereinbar, weil der Gesetzgeber damit eine unverhältnismäßige Differenzierung der Besteuerung zwischen in Spielhallen aufgestellten Automaten und an anderen Orten, insbesondere Gaststätten aufgestellten Geräten eingeführt habe. Die Steuer je Spielautomat und angefangenen Kalendermonat für Spielautomaten in Spielhallen sei gegenüber der früheren Regelung verdoppelt worden und sei nunmehr 12 mal so hoch wie diejenige für die Spielautomaten an sonstigen Orten. Gemessen an den verschiedenen Ertragssituationen sei diese Differenzierung unverhältnismäßig, weil die Erträge von Spielhallenautomaten im allgemeinen weit geringer seien als das 12fache der Automatenerträge in Gaststätten und anderen in § 1 Abs. 1 VgStG-Sp genannten Örtlichkeiten. Das Ausmaß der Erhöhung der Vergnügungsteuer für Spielautomaten stehe mithin in keinem sachlichen Bezug zur Unterschiedlichkeit der vom Aufstellort abhängigen Ertragssituation und sei deshalb mit Art. 3 GG unvereinbar.

Mit Einspruchsentscheidung vom 12. Januar 2001 wies der Beklagte den Einspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Er habe die Vergnügungsteuer der Klägerin gesetzeskonform auf der Grundlage der ab 01. Juli 2000 neu geltenden Steuersätze festgesetzt. Das durch den Einspruch eingeleitete außergerichtliche Rechtsbehelfsverfahren diene lediglich der Überprüfung, ob die Verwaltungsbehörde das geltende Recht zutreffend angewandt habe.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der vorliegenden Klage.

Das Vierte Gesetz zur Änderung des Gesetzes über eine Vergnügungsteuer für Spielautomaten (s. GVBl. Bln. 2000, S. 343) verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes. Die Erhöhung des Steuersatzes bei Spielhallen und die damit verbundene Ungleichbehandlung der Spielhallen gegenüber den Gaststätten knüpfe mit der Bezugnahme auf den Aufstellort nicht nur an Sachverhalte an, sondern sie bewirke durch die unmittelbare sachverhaltsbezogene Differenzierung mittelbar zugleich eine personenbezogene Differenzierung. Die Regelung nehme zwar nicht personengebundene Merkmale zum Maßstab der Differenzierung, aber sie wirke sich mittelbar auf die Personengruppen der Gaststättenbetreiber einerseits und der Spielhallenbetreiber andererseits unterschiedlich aus. Die Vergnügungsteuer schmälere das wirtschaftliche Ergebnis des jeweils betroffenen Aufstellunternehmens und damit mittelbar des Gaststättenbetreibers und des Spielhallenbetreibers, der in der Regel - so im Falle der Klägerin - mit dem Aufstellunternehmen identisch sei. Dies habe zur Folge, dass das Änderungsgesetz für den Gaststättenbetreiber wegen des unveränderten Steuersatzes ohne Auswirkungen bleibe, während es den Spielhallenbetreiber wegen der Verdoppelung des Steuersatzes zusätzlich belaste. Wenn eine ungleiche Behandlung von Sachverhalten mittelbar eine ungleiche Behandlung von Personengruppen bewirke, so seien die gleichen Maßstäbe wie bei einer unmittelbaren ungleichen Behandlung von Personengruppen anwendbar.

Die Klägerin wende sich ausdrücklich nicht dagegen, dass die Unterschiedlichkeit der Ertragssituation der verschiedenen Aufstellungsorte jeweils unterschiedliche Steuersätze geboten erscheinen lassen. Allein die vom Gesetzgeber vorgenommene Erhöhung der Vergnügungssteuer ab 01.07.2000 halte verfassungsrechtlichen Maßstäben nicht stand, weil sie gegen das Verhältnismäßigkeitsprinzip verstoße, das im Rahmen des Art. 3 GG zu beachten sei. Danach müssten Ungleichbehandlung und rechtferti...

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