Entscheidungsstichwort (Thema)

Durch Baumängel und Verstöße gegen Brandschutzbestimmungen verursachte Aufwendungen für die Sanierung einer Dachgeschosswohnung keine außergewöhnlichen Belastungen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Müssen die Steuerpflichtigen den von ihnen durchgeführten Ausbau einer Dachgeschosswohnung in einem Altbau infolge gravierender Verstöße gegen baurechtliche und brandschutzrechtliche Vorschriften wieder komplett rückgängig machen sowie anschließend erneut durchführen und können tatsächlich bestehende Regressansprüche gegen die zwischenzeitlich insolventen Baufirma bzw. den untergetauchten Architekt nicht durchgesetzt werden, so können die Aufwendungen zur Ermöglichung einer erstmaligen bau- und brandschutzrechtskonformen Nutzung der Dachgeschosswohnung nicht als außergewöhnliche Belastungen im Sinne von § 33 Abs. 1 EStG berücksichtigt werden.

2. Aufwendungen, die im Zusammenhang mit Gegenständen des existenznotwendigen Bedarfs (z. B. Wohngebäuden) stehen, können außergewöhnliche Belastungen sein. Allerdings dürfen die Aufwendungen nicht der Beseitigung von Baumängeln dienen; Baumängel sind keineswegs unüblich und nicht mit ungewöhnlichen Ereignissen wie etwa Hochwasserschäden vergleichbar (Anschluss an BFH-Rechtsprechung).

 

Normenkette

EStG § 33 Abs. 1, 2 S. 1

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden den Klägern auferlegt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Frage, ob bei der Zusammenveranlagung der Kläger zur Einkommensteuer 2016 Aufwendungen in Höhe von 149 243,77 EUR für die Sanierung einer Dachgeschosswohnung als außergewöhnliche Belastungen im Sinne von § 33 des EinkommensteuergesetzesEStG – zu berücksichtigen sind.

Der 1981 geborene Kläger und die 1986 geborene Klägerin sind Ehegatten, die im Jahr 2015 heirateten und seitdem vom Beklagten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Beide erzielten im Streitjahr 2016 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit: Der Kläger als EDV-Fachmann in Höhe von 150 166,00 EUR brutto und seine Ehefrau in Höhe von 44 825,00 EUR brutto.

Mit Vertrag vom 21. Mai 2012 (UR-Nr. …/2012 des Notars C… aus D…) erwarb der damals noch ledige und in E… wohnende Kläger das alleinige Eigentum an dem nicht ausgebauten Dachgeschossraum im Gebäude F…-Straße in D… (= Eigentumseinheit Dachgeschoss Nr. 13) gegen Zahlung eines Kaufpreises in Höhe von 191 500,00 EUR mit dem Ziel der Schaffung und anschließenden Selbstnutzung von Wohnraum. Verkäuferin der Eigentumseinheit war die G… GmbH mit Sitz in H… (Bundesland Schleswig-Holstein) als Grundstückseigentümerin. Das betreffende Wohngebäude stammt aus der Gründerzeit und weist unterhalb des Dachgeschosses vier Vollgeschosse auf. Das Dachgeschoss war vormals als Dachboden genutzt worden. Ein weiterer Teil des bislang nicht ausgebauten Dachgeschossraums wurde von Herrn I… als Eigentumseinheit erworben. Auch insoweit wurde von Herrn I… anschließend Wohnraum errichtet, der in der Folgezeit fremdvermietet wurde.

Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages waren bereits ausgearbeitete Baupläne des damals in D… wohnhaften Architekten J… vorhanden, wonach der Dachgeschossraum zu zwei Wohneinheiten mit jeweils drei Zimmern sowie Küche und zwei Bädern ausbaubar war. Die Planungsunterlagen stammten von einer K… GmbH aus L… und waren im Auftrag der Grundstückseigentümerin erstellt worden. Bereits im vorangegangenen Jahrzehnt war der Grundstückseigentümerin eine diesbezügliche Baugenehmigung erteilt worden, die aber wegen Zeitablaufs inzwischen ungültig geworden war. In diesem Zusammenhang hatte Herr M… im Jahr 2002 eine statische Berechnung des Bauvorhabens einschließlich Wärmeschutz, Schallschutz- und Brandschutznachweis erstellt. Diese Berechnung wurde durch den Prüfingenieur für Standsicherheit N… am 10. August 2012 bauaufsichtsrechtlich geprüft und dabei mit handschriftlichen Vermerken versehen.

Die statische Berechnung aus dem Jahr 2002 enthielt in den Vorbemerkungen folgenden Vermerk: „Der verantwortliche Bauleiter hat vor Baubeginn die Tragfähigkeit des vorhandenen Mauerwerks und der Holzkonstruktion im Dachgeschoss zu überprüfen. … Die Holzbauteile müssen die Anforderungen der Güteklasse II erfüllen. Sollten … Holzbauteile ihre erforderliche Güteklasse nicht mehr erreichen, so sind diese Bereiche abschnittsweise vor Beginn der eigentlichen Arbeiten zu sanieren bzw. die Holzbauteile auszutauschen”.

Auch findet sich mehrfach in der Berechnung der handschriftliche Vermerk: „Brandschutz beachten”.

In seinem Prüfbericht vom 10. August 2012 vermerkte N… Folgendes: „8.4. Der statische Nachweis der Dachkonstruktion und der Deckenbalkenanlage ist unter Hinzuziehung der Feststellungen der gutachterlichen Stellungnahme (s. Ziff.2.1) in den beschädigten Bereichen neu zu führen. …

8.10. Der verantwortliche Bauleiter hat vor Ort zu überprüfen, ob die statischen Annahmen für die vorhandenen Bauteile, betreffend der Mindestquerschnitte und Mindestgüten, richtig sind. …

8.13. Zur Durchführung der Bauüberwachung bitte ic...

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