Entscheidungsstichwort (Thema)

Tatsächlicher Dienstantritt als für die Bestimmung des Teilwerts einer Pensionsverpflichtung maßgeblicher „Beginn des Dienstverhältnisses”

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Unter dem – für die Bestimmung des Teilwerts einer Pensionsverpflichtung maßgeblichen – „Beginn des Dienstverhältnisses” i. S. d. § 6a Abs. 3 S. 2 Nr. 1 S. 2 und 3 EStG ist der tatsächliche Dienstantritt des Dienstverpflichteten beim Dienstberechtigten zu verstehen, und zwar auch dann, wenn für das Dienstverhältnis (noch) keine Vergütung gezahlt wird.

2. Als Dienstverhältnis i. S. d. § 6a Abs. 3 S. 2 Nr. 1 EStG ist also auch ein unentgeltliches Rechtsverhältnis, insbesondere ein Auftragsverhältnis zwischen einer GmbH und ihrem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer, anzusehen.

 

Normenkette

EStG § 6a Abs. 3 S. 2 Nr. 1 Sätze 2-3; BGB §§ 611, 622

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 26.06.2013; Aktenzeichen I R 39/12)

 

Tenor

Die Bescheide über Körperschaftsteuer 2002 und 2003 sowie Gewerbesteuermessbetrag 2002 und 2003, sämtlich vom … September 2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom … März 2009, werden dahingehend geändert, dass das körperschaftsteuerpflichtige Einkommen sowie der Gewerbeertrag im Jahre 2002 um EUR 222 318 und im Jahre 2003 um EUR 5 254 herabgesetzt werden.

Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über den Teilwert einer Pensionsrückstellung.

Die Klägerin wurde im Jahre 1998 als C GmbH gegründet. Gründungsgesellschafter waren Herr G mit einer Stammeinlage in Höhe von DM 30 000, Herr H mit einer Stammeinlage in Höhe von DM 10 000 und der mittlerweile verstorbene Wirtschaftsprüfer I mit einer Stammeinlage in Höhe von ebenfalls DM 10 000. Gegenstand der Klägerin sollte nicht die klassische Steuerberatung sein, sondern die steuer- und gesellschaftsrechtliche Konzeption eines geschlossenen Immobilienfonds im Bereich von Generalmietmodellen für Wohnungsbaugesellschaften in Berlin und Brandenburg. Zum alleinigen Geschäftsführer der Klägerin wurde G bestellt. Am 21. Februar 1998 schlossen die Klägerin und G einen Geschäftsführer-Dienstvertrag, nach dem G die Geschäfte der Klägerin zu führen hatte. Die Vertragsparteien waren sich jedoch darüber einig, dass G hauptberuflich in der Dres. E sowie daneben als Gesellschafter-Geschäftsführer der F GmbH tätig sein würde. Die Zahlung einer Vergütung wurde nicht vereinbart, allerdings vereinbarten die Vertragsparteien, dass die Klägerin sich verpflichte, mit G Verhandlungen über eine angemessene Vergütung aufzunehmen, wenn sie, die Klägerin, erfolgreich am Markt tätig werden könne. Für diesen Fall verpflichtete sich die Klägerin außerdem, mit G über die Gewährung einer Altersversorgung zu verhandeln. Die Klägerin entwickelte in der Folgezeit ein Fondskonzept, das jedoch letztlich an der Einführung des § 2b des Einkommensteuergesetzes (EStG) durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 scheiterte. Die Klägerin erzielte demzufolge zunächst keine Umsätze. Mit Gesellschafterbeschluss vom August 2002 brachten die Gesellschafter die Dres. E mit ertragsteuerlicher Rückwirkung zum 02. Januar 2002 unter Buchwertfortführung in die Klägerin ein. In der Folge wurde die Firma der Klägerin geändert. Nach der Einbringung erzielte die Klägerin Umsätze und Erträge. Mit Wirkung vom 01. November 2002 schloss sie mit G einen neuen Geschäftsführer-Dienstvertrag und erteilte ihm mit Datum vom 09. November 2002 eine Versorgungszusage.

Der Beklagte nahm bei der Klägerin in den Jahren 2007/2008 eine Außenprüfung für die Jahre 2002 bis 2004 vor. Neben anderen Prüfungsfeststellungen, die hier nicht mehr im Streit stehen, ging der Prüfer davon aus, dass bei der Berechnung des Teilwertes der Rückstellung für die Pensionsverpflichtung gegenüber G der Beginn des Dienstverhältnisses i.S.d. § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 EStG der 01. November 2002 gewesen sei. Dadurch verminderte sich die Pensionsrückstellung um EUR 222 318, was wiederum dazu führte, dass der Wert des Betriebsvermögens der Klägerin den Grenzbetrag in Höhe von EUR 204 517 gemäß § 7g Abs. 2 Nr. 1 lit.a) EStG überschritt, so dass die Klägerin eine begehrte Ansparabschreibung im Jahre 2003 nicht in Anspruch nehmen konnte.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass als Beginn des Dienstverhältnisses der 21. Februar 1998 anzusehen sei. Ein solches sei unabhängig davon anzunehmen, ob der Dienstverpflichtete eine Vergütung erhalte. Maßgeblich sei allein der Begriff des Dienstverhältnisses gemäß § 1 Abs. 2 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung (LStDV), nach dem der Dienstverpflichtete unter der Leitung des Arbeitgebers stehen oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisu...

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