Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundstücksveräußerung durch eine KG ist ein wertbegründendes Ereignis. Auflösung der negativen Kapitalkonten der Kommanditisten. Umstellung des Klageantrags nach Aufnahme des gegen einen Grundlagenbescheid gerichteten Verfahrens durch den Insolvenzverwalter

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Verkauf eines Grundstücks durch eine KG in der Zeit zwischen Bilanzstichtag und Bilanzaufstellung ist kein wertaufhellendes, sondern ein wertbegründendes Ereignis. Der hierbei erzielte Kaufpreis kann daher bei der Beantwortung der Frage, ob am Bilanzstichtag bereits feststand, dass ein Ausgleich der negativen Kapitalkonten der Kommanditisten mit künftigen Gewinnanteilen nicht mehr in Betracht kam, nicht berücksichtigt werden.

2. Nimmt der Insolvenzverwalter das infolge der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen (bzw. im Streitfall über den Nachlass) des Klägers unterbrochene Klageverfahren gegen einen Grundlagenbescheid auf, ist der ursprüngliche Antrag auf Aufhebung des angefochten Feststellungsbescheides umzustellen in einen Antrag Feststellung der Rechtswidrigkeit des Bescheides.

 

Normenkette

EStG § 15a Abs. 3; ZPO § 240

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 30.03.2017; Aktenzeichen IV R 9/15)

 

Tenor

Es wird festgestellt, dass der Bescheid für 2008 über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für 2008 und des verrechenbaren Verlustes nach § 15a EStG zum 31.12.2008 für die B. GmbH & Co KG i.L. vom 5. August 2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15.Dezember 2009, geändert durch den Bescheid vom 7. Oktober 2013, der den zur Insolvenztabelle angemeldeten und seitens des Klägers bestrittenen Steuerforderungen für 2008 zugrundeliegt, rechtwidrig ist.

Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs des Klägers abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

 

Tatbestand

Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen des verstorbenen Herrn C., der als Kommanditist mit einer Kapitaleinlage in Höhe von EUR 664.679,45 an der B. GmbH & Co. KG i.L., der Beigeladenen, beteiligt war.

Die B. GmbH & Co. KG i.L. wurde im Jahr 1980 gegründet (Eintragung im Handelsregister beim Amtsgericht Berlin-G. unter Register-Nr. HR …); sie war ein mit öffentlichen Mitteln geförderter Immobilienfonds. Gegenstand des Unternehmens der B. GmbH & Co. KG i.L. war der Erwerb der Grundstücke E.-Str. in Berlin und F.-str. in Berlin, die Errichtung von Mehrfamilienhäusern auf diesen Grundstücken sowie deren Verwaltung. An der B. GmbH & Co. KG i.L. war eine Vielzahl von Kommanditisten als Kapitalanleger beteiligt.

In den folgenden Jahren erwirtschaftete die B. GmbH & Co. KG i.L. Verluste, die den Anlegern zugerechnet wurden. Die Verluste waren teilweise nur verrechenbar gem. § 15a Einkommensteuergesetz (EStG); überwiegend waren sie aber ausgleichsfähig, da die B. GmbH & Co. KG i.L. auf die Gebäude erhöhte Abschreibungen nach dem Berlinförderungsgesetz (BerlinFG) vorgenommen hatte.

Mit Beschluss vom 6. September 2006 wurde über das Vermögen der B. GmbH & Co. KG i.L. das Insolvenzverfahren eröffnet. Eine Sanierung der B. GmbH & Co. KG i.L. war nicht vorgesehen; die Grundstücke wurden von der Insolvenzverwalterin wie folgt bewertet (Beträge in EUR):

E.-Str.

1.250.000

F.-str.

735.352

insgesamt

1.985.352

Im Rahmen des Insolvenzverfahrens wurden die Grundstücke veräußert:

Grundstück

Datum Kaufvertrag

Lastenwechsel

Kaufpreis

E.-Str.

25. Juli 2008

11. Oktober 2008

1.750.000

F.-str.

17. Juni 2009

01. September 2009

651.000

Da weder die Insolvenzverwalterin noch die Kommanditisten Feststellungserklärungen für die Jahre ab 2006 eingereicht hatten, schätzte der Beklagte die Besteuerungsgrundlagen; die laufenden Gewinnanteile der Kommanditisten wurden dabei mit EUR 0 festgestellt, so dass die Beträge hinsichtlich der Kapitalkonten und des verrechenbaren Verlustes zum 31. Dezember 2008 im Vergleich zum 31. Dezember 2005 unverändert blieben. Mit dem Feststellungsbescheid für 2008 vom 5. August 2009 (abschließende Zeichnung am 28. Juli 2009) wurden die negativen Kapitalkonten der Kommanditisten gewinnerhöhend aufgelöst. Für den Kommanditisten C. wurde ein steuerpflichtiger Aufgabegewinn in Höhe von EUR 1.459.836,25 festgestellt. In der Begründung des Bescheides führte der Beklagte aus, die Grundstücke seien in den Jahren 2008 bzw. 2009 unter Buchwert veräußert worden. Die negativen Kapitalkonten der Kommanditisten seien daher als begünstigter Veräußerungsgewinn aufzulösen. Der Feststellungsbescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO)) und wurde allen Kommanditisten einzeln bekanntgegeben.

Der hiergegen erhobene Einspruch des Kommanditisten C. hatte keinen Erfolg.

Herr C. hat fristgerecht Klage erhoben, die unter...

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