Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Übungsleiter-Freibetrag für Aufwandsentschädigung für ehrenamtliche Beratung Rentenversicherter. Freibetrag nach § 3 Nr. 26a EStG nur einmal pro Jahr

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Von einer rechtlich selbstständigen Selbstverwaltungskörperschaft (hier: Deutsche Rentenversicherung Bund) gezahlte Entschädigungen nach § 41 SGB IV, die eine als Rentenversichertenberaterin und Mitglied in einem Widerspruchsausschuss tätige Ruhestandsbeamtin erhält und hiermit gewerbliche Einkünfte erzielt, sind weder nach § 3 Nr. 26 noch nach § 3 Nr. 12 EStG steuerfrei.

2. Der „Betreuer” im Sinne des § 3 Nr. 26 EStG muss eine pädagogische Ausrichtung haben. Kennzeichnend für pädagogische Tätigkeiten ist, dass sie eine umfassende Persönlichkeitsentwicklung beabsichtigen oder dass sie in einen strukturierten Ausbildungsgang eingebettet sind.

3. Der Freibetrag nach § 3 Nr. 26 a EStG kann ebenso wie der Freibetrag nach § 3 Nr. 26 EStG auch bei Ausübung verschiedener Tätigkeiten nur einmal pro Jahr gewährt werden.

 

Normenkette

EStG § 3 Nr. 12 Sätze 1-2, Nr. 26a, § 15 Abs. 2; SGB IV § 41

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 03.07.2018; Aktenzeichen VIII R 28/15)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darum, ob Entschädigungen nach § 41 Sozialgesetzbuch – SGB – IV Aufwandsersatz im Sinne des § 3 Nr. 26 EinkommensteuergesetzEStG – darstellen.

Die Klägerin erzielte Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als Ruhestandsbeamtin der Deutschen Rentenversicherung.

Daneben war sie bei der Deutschen Rentenversicherung Bund als Versichertenberaterin und Mitglied in einem Widerspruchsausschuss tätig. Für diese Tätigkeiten wurden der Klägerin im Streitjahr Entschädigungen nach § 41 SGB IV in Höhe von 7.788,– EUR gezahlt, wovon 7.044,– EUR auf die Tätigkeit als Versichertenberaterin und 744,– EUR auf die Tätigkeit als Mitglied eines Widerspruchsausschusses entfallen.

In ihrer Einkommensteuererklärung 2012 erklärte die Klägerin diese Entschädigungen als steuerfreie Einnahmen. Im Zusammenhang mit der Tätigkeit für die Deutsche Rentenversicherung Bund entstanden der Klägerin Aufwendungen für ein Arbeitszimmer, Kontoführungsgebühren, Verpflegungsmehraufwand und Telekommunikation in Höhe von insgesamt 1.369,– EUR.

Der Beklagte ging davon aus, dass die Einnahmen von der Deutschen Rentenversicherung Bund auf eine freiberufliche Tätigkeit im Sinne des § 18 EStG zurückgehen, auf die zwar die Regelung des § 3 Nr. 26 a EStG, jedoch nicht die Regelung des § 3 Nr. 26 EStG anwendbar sei. Dem folgend ermittelte er einen Gewinn aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von 6.539,– EUR, wobei er sowohl auf der Einnahmen- als auch auf der Ausgabenseite den Freibetrag nach § 3 Nr. 26 a EStG in Höhe von jeweils 500,– EUR abzog.

Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 13. Mai 2013 Einspruch ein. Der Einspruch hatte lediglich in der Weise Erfolg, dass der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 5. Juli 2013 weitere 120,– EUR für Telekommunikationsaufwendungen als Betriebsausgaben berücksichtigte. Im Übrigen wies er den Einspruch als unbegründet zurück.

Am 17. Juli 2013 hat die Klägerin Klage erhoben.

Die Klage sei begründet, da ihr der sogenannte Übungsleiterfreibetrag nach § 3 Nr. 26 EStG in Höhe von 2.100,– EUR zustehe. Daneben stehe ihr für ihre Tätigkeit als ehrenamtlich tätiges Mitglied eines Widerspruchsausschusses der Freibetrag nach § 3 Nr. 26 a EStG zu. Als ehrenamtliche Versicherungsberaterin wirke sie als Bindeglied zwischen dem Rentenversicherungsträger und seinen Versicherten. Dazu müsse sie alle Fragen rund um die Rentenversicherung beantworten, Anträge aufnehmen und Hilfestellung bei Leistungsanträgen bieten. Der Versicherte müsse richtig, vollständig und unmissverständlich beraten werden. Dazu zähle auch die Erläuterung der Versicherungsverläufe und Rentenleistungsbescheide hinsichtlich der Anerkennung, Anrechenbarkeit und Bewertung rentenrechtlicher Zeiten. Sie nehme Widersprüche auf, formuliere Widerspruchsbegründungen und erörtere die mögliche Erfolgslosigkeit eines Rechtsbehelfs. Auch das Erkennen des Bestehens anderer Zusatzversorgungsansprüche gehöre im Rahmen der Wegweiserfunktion zu ihren Aufgaben. Sie betreue insbesondere Versicherte, die z.B. wegen Krankheit, Pflegebedürftigkeit, Hilflosigkeit oder unzureichender Deutschkenntnisse nicht in der Lage seien, sich um die erforderlichen sozialversicherungsrechtlichen Belange zu kümmern. Regelmäßig führe sie Hausbesuche oder Besuche in Krankenhäusern sowie Pflegeheimen durch. Daneben biete sie regelmäßig Sprechstunden in verschiedenen Rathäusern und Bürgerämtern an. Da § 3 Nr. 26 EStG auch für sog. Betreuer gelte, sei nicht nachzuvollziehen, warum dieser Freibetrag nicht auch für ihre ehrenamtliche Tätigkeit als Versichertenberaterin gewährt werden solle. So werde es auch von einigen anderen Finanzämtern praktiziert. Auch ihre Tätigkeit sei mit direkten, per...

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