Entscheidungsstichwort (Thema)

Werbungskostenabzug für Erwerb eines Busführerscheins

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein bereits über den LKW-Führerschein verfügender Steuerpflichtiger, der früher hauptberuflich als LKW-Fahrer gearbeitet, anschließend aus gesundheitlichen Gründen eine andere Tätigkeit ausgeübt hat, dort sicher mit dem Verlust der Stelle rechnen muss und nunmehr ernsthaft eine Tätigkeit als Busfahrer anstrebt, darf die Aufwendungen für den Erwerb des Busführerscheins als Fortbildungskosten und damit als (vorab entstandene) Werbungskosten abziehen. Das gilt auch dann, wenn der Steuerpflichtige zwar nach dem Erwerb des Führerscheins tatsächlich nur in geringem Umfang Einkünfte als Busfahrer erzielt, wenn aber aufgrund zahlreicher Bewerbungen und einer unverbindlichen mündlichen Stellenzusage ein konkreter, objektiv feststellbarer Zusammenhang der Aufwendungen für den Busführerschein mit angestrebten künftigen Einnahmen als Busfahrer besteht.

 

Normenkette

EStG 2003 § 9 Abs. 1 S. 1, § 10 Abs. 1 Nr. 7, § 19 Abs. 1 Nr. 1, § 12 Nr. 1

 

Tenor

1. Unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 30. Januar 2006 wird der Einkommensteuerbescheid für 2003 vom 3. Mai 2004 dahingehend geändert, dass die Einkommensteuer auf 6.606,– EUR herabgesetzt wird.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Ermöglicht der noch zu erlassende Kostenfestsetzungsbeschluss eine Vollstreckung im Wert von mehr als 1.500,– EUR, hat der Kläger in Höhe des vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruchs Sicherheit zu leisten. Liegt der vollstreckbare Kostenerstattungsanspruch im Wert bei 1.500,– EUR oder darunter, ist das Urteil hinsichtlich der Kosten ohne Sicherheitsleistung vollstreckbar. In diesem Fall kann der Beklagte der Vollstreckung widersprechen, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung in Höhe des vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruchs Sicherheit leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Aufwendungen zum Erwerb eines Busführerscheins als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen sind oder als Aus- oder Weiterbildungskosten im Rahmen der Sonderausgaben. Die Höhe der entstandenen Aufwendungen ist zwischen den Beteiligten nicht streitig.

Der unverheiratete, am 4. August 1952 geborene Kläger erzielte im Streitjahr als Maschinenführer bei der Firma (im Weiteren B), später der (im Weiteren X) als Nachfolgefirma der B, einem Hersteller von Kabel- und Leitungsprodukten für den Elektronik- und Kommunikationsmarkt, Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Daneben war er im Streitjahr bei der Spedition (im Weiteren E) als Lkw-Fahrer tätig. Laut einer zweiten Lohnsteuerkarte (Steuerklasse VI) erzielte er aus dieser Beschäftigung Einkünfte vom 1. Januar bis 31. März 2003 in Höhe von 1.122,– EUR.

Von 1974 bis 1989 war der Kläger hauptberuflich als Lkw-Fahrer tätig gewesen. Seit 1974 hat er einen Lkw-Führerschein. Als Berufskraftfahrer hatte er Hänger- und Sattelzüge im Fernverkehr gefahren. Später hatte er wegen des Be- und Entladens, aus gesundheitlichen Gründen, hauptberuflich keine Lkws mehr fahren können. Nebenberuflich war er als Lkw-Fahrer noch bis einschließlich 2003 tätig gewesen.

Mit Schreiben vom 26. Juni 2003 war ihm von B betriebsbedingt, wegen Wegfalls des Arbeitsplatzes, zum 31. Dezember 2003 gekündigt worden. Bereits Anfang des Jahres 2003 war aufgrund verschiedener Pressemitteilungen der B klar gewesen, dass diese, wegen der geplanten Verlegung des Werks von Deutschland ins Ausland, betriebsbedingte Kündigungen vornehmen werde.

Im März 2003 hatte sich der Kläger beim Arbeitsamt für „Fabrikarbeit, Fahrerstellen Klasse 2” als arbeitsuchend gemeldet. Von diesem bekam er keine finanzielle Unterstützung für die Aufwendungen für den Busführerschein. Am 18. Dezember 2003 hatte er schließlich mit der X einen neuen Arbeitsvertrag als Umspuler abgeschlossen. In den Jahren 2002 und 2003 arbeitete er teilweise auch als geringfügig beschäftigter Lkw-Fahrer bei der E. Seit Januar 2005 hat er einen Minijob beim Deutschen Roten Kreuz im Behinderten-Transport.

In seiner Einkommensteuererklärung für 2003 machte der Kläger bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit Aufwendungen für „Fortbildung Busführerschein” in Höhe von 2.431,60 EUR geltend. Ihre Entstehung erläuterte er dahingehend, dass er aufgrund der Entlassung den Busführerschein gemacht habe. „Um der Arbeitslosigkeit zu entgehen! Um als Busfahrer tätig zu werden!” Dazu sei es aber nicht gekommen, weil er bei der Firma B/X habe bleiben können.

Im Einkommensteuerbescheid für 2003 vom 3. Mai 2004 berücksichtigte der Beklagte die geltend gemachten Aufwendungen für den Busführerschein nicht als Werbungskosten in Höhe von 2.432,– EUR bei den Einkünften aus § 19 Einkommensteuergesetz 2003 (EStG), sondern als Aus- oder Weiterbildungskosten gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG mit dem Höchstbetrag von 920,– EUR bei den Sonderausgaben. Die vom Kläger geltend gemachten ...

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