Entscheidungsstichwort (Thema)

Berücksichtigung von Unterentnahmen aus Wirtschaftsjahren vor 1999 bei der Ermittlung der nichtabziehbaren Schuldzinsen. Einkommensteuer 1999

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bei der Berechnung der nichtabziehbaren Schuldzinsen sind die Überentnahmen im Jahr 1999 mit den Unterentnahmen aus den Wirtschaftsjahren, die vor 1999 enden, zu saldieren.

2. Die nachträgliche Einfügung von Satz 2 in § 52 Abs. 11 EStG durch das Steueränderungsgesetz 2001 – keine Berücksichtigung von Über- oder Unterentnahmen aus vor 1999 endenden Wirtschaftjahren – hat keinen deklaratorischen, sondern konstitutiven Charakter.

 

Normenkette

EStG 1999 § 4 Abs. 4a Sätze 4, 1, § 52 Abs. 11 S. 1; EStG 2002 § 52 Abs. 11 S. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 21.09.2005; Aktenzeichen X R 40/02)

BFH (Urteil vom 21.09.2005; Aktenzeichen X R 40/02)

 

Tenor

1. Der ESt-Bescheid vom 26. Juli 2001 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 31. Oktober 2001 wird dahingehend geändert, dass der Gewinn aus Gewerbebetrieb um 2.281 DM herabgesetzt wird.

2. Die Berechnung der neu festzusetzenden Einkommensteuer wird dem Beklagten gemäß § 100 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung übertragen.

3. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

4. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann der Vollstreckung widersprechen, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung in Höhe des mit Kostenfestsetzungsbeschluss errechneten Betrags Sicherheit leistet.

5. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger (Kl) ist Inhaber eines …, das er als Einzelfirma betreibt. Er ermittelt seinen Gewinn durch Bilanzierung. Das Wirtschaftsjahr des Betriebes entspricht dem Kalenderjahr.

In seiner am 29. Juni 2001 beim Beklagten (Bekl) eingereichten Einkommensteuer (ESt)-Erklärung für das Streitjahr 1999 ermittelte er einen Gewinn aus Gewerbebetrieb in Höhe von … DM. Bei seinen Betriebsausgaben hatte der Kl Schuldzinsen in Höhe von … DM geltend gemacht. Aus einer der Bilanz beigefügten Anlage „Nicht abziehbare Zinsen nach § 4 Abs. 4a EStG” ergibt sich, dass der Kl im Wirtschaftsjahr 1999 Überentnahmen in Höhe von … DM getätigt hatte, in den Vorjahren hingegen Unterentnahmen in Höhe von … DM. Der Kl ermittelte die nicht abziehbaren Schuldzinsen gemäß § 4 Abs. 4a EStG aus dem Saldo dieser beiden Beträge, nämlich in Höhe von 6% von … DM = … DM.

Der Bekl erhöhte im ESt-Bescheid 1999 vom 26. Juli 2001 den Gewinn aus Gewerbebetrieb auf … DM, da er die pauschalierten nicht abzugsfähigen Schuldzinsen aus dem Überentnahmenbetrag von 1999 ermittelte und die Unterentnahmen der Vorjahre nicht berücksichtigte.

Den hiergegen rechtzeitig eingelegten Einspruch wies der Bekl mit Einspruchsentscheidung vom 31. Oktober 2001 als unbegründet zurück.

Mit seiner hiergegen erhobenen Klage begehrt der Kl bei der Berechnung des gemäß § 4 Abs. 4a EStG nicht abzugsfähigen Betrages die Berücksichtigung der bis zum 31. Dezember 1998 angefallenen Unterentnahmen in Höhe von … DM. Er trägt zur Begründung vor, weder der Wortlaut des § 4 Abs. 4a EStG noch des § 52 Abs. 11 EStG schränke die Geltendmachung der Unterentnahmen vor dem 31. Dezember 1998 ein.

Der Kl beantragt,

den ESt-Bescheid 1999 vom 26. Juli 2001 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 31. Oktober 2001 dahingehend zu ändern, dass der Gewinn aus Gewerbebetrieb um … DM herabgesetzt wird.

Der Bekl beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verweist zur Begründung unter Bezugnahme auf seine Einspruchsentscheidung auf das BMF-Schreiben vom 22. Mai 2000 (BStBl I 2000, 588) wonach Unterentnahmen aus den Veranlagungszeiträumen vor 1999 unbeachtlich seien. Insoweit habe der nunmehr ab 2001 geltende Gesetzeswortlaut nur klarstellende Funktion.

Beide Beteiligte haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

1. Zu Unrecht hat der Bekl bei der Ermittlung des gemäß § 4 Abs. 4a EStG nicht abzugsfähigen Betrages die vor 1999 entstandenen Unterentnahmen in Höhe von … DM nicht mit den Überentnahmen des Jahres 1999 saldiert.

Nach § 4 Abs. 4a EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung sind Schuldzinsen nach Maßgabe der Sätze 2 bis 5 dieser Vorschrift nicht abziehbar, wenn Überentnahmen getätigt worden sind. Satz 4 dieser Norm bestimmt, dass die nicht abziehbaren Schuldzinsen typisiert mit sechs vom Hundert der Überentnahme des Wirtschaftsjahres zuzüglich der Überentnahmen vorangegangener Wirtschaftsjahre und abzüglich der Beträge, um die in den vorangegangenen Wirtschaftsjahren der Gewinn und die Einlagen die Entnahmen überstiegen haben (Unterentnahmen), ermittelt werden.

Nach § 52 Abs. 11 Satz 1 EStG ist § 4 Abs. 4a in der Fassung des Gesetzes vom 22. November 1999 (Steuerbereinigungsgesetz 1999) erstmals für das Wirtschaftsjahr anzuwenden, das nach dem 31.12.1998 endet.

Weder der Wortlaut der Anwendungsregelung des § 52 Abs. 11 EStG noch von Satz 4 des § 4 Abs. 4a EStG selbst lassen Raum für die Auslegung, Unterentnahmen früherer Wirtschaftsjahre hätten unberücksichtigt zu bleiben (...

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