Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorsteuerpauschalierung bei Übersetzern

 

Leitsatz (redaktionell)

Übersetzer sind nach dem Zweck des § 23 UStG sowie der §§ 69 und 70 UStDV in die Berufsgruppe der Schriftsteller zumindest dann einzubeziehen, wenn deren Arbeit über eine rein übersetzungstechnische Übertragung hinaus auch eine eigenschöpferische Leistung beinhaltet.

 

Normenkette

UStG § 23 Abs. 1 Nr. 1; UStDV §§ 69-70; EStG § 4 Abs. 3, § 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 23.07.2009; Aktenzeichen V R 66/07)

 

Tenor

1. Unter Änderung des (Änderungs-)Bescheids vom 11. März 2002 und Aufhebung der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 20. März 2003 wird die Umsatzsteuer der Klägerin für das Jahr 2000 auf 835,44 EUR herabgesetzt.

2. Das Finanzamt trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Das Finanzamt kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des durch Kostenfestsetzungsbeschluss festgesetzten Erstattungsbetrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Klägerin als Übersetzerin ihre Vorsteuern nach Durchschnittssätzen ermitteln darf.

Die Klägerin ist als Literaturübersetzerin selbständig tätig. Sie ermittelt ihre Gewinne zulässigerweise nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Ihre Umsätze beliefen sich im Jahr 1999 auf 34.784 DM. Ihre Vorsteuern hat sie in den Jahren 1998 und 1999 nach Durchschnittssätzen ermittelt, ohne dass dies vom beklagten Finanzamt (FA) beanstandet worden wäre.

Im Jahr 2000 (dem Streitjahr) hat sie die nachfolgend genannten Bücher

  • • „XXX” von XY,

    Titel der deutschen Ausgabe: „xxx”

  • • „YYY” von ZO

    Titel der deutschen Ausgabe: „yyy” sowie

  • • „ZZZ” von XU

    Titel der deutschen Ausgabe: „zzz”

aus dem Englischen ins Deutsche und

• „CCC” von AO

Titel der deutschen Ausgabe: „ccc”

aus dem Französischen ins Deutsche übersetzt. Sämtliche dieser Bücher haben Unterhaltungsliteratur zum Gegenstand. Die Titel von XY, ZO und AO wurden dem Gericht in Taschenbuchausgabe sowohl in ihrer Originalausgabe wie auch in ihrer deutschen Version vorgelegt. Das Buch von XU liegt nur in der von der Klägerin und B übersetzten deutschen Ausgabe in gebundener Form vor.

Für ihre Übersetzertätigkeit hat die Klägerin im Jahr 2000 Honorare in Höhe von 37.136 DM zuzüglich – nach dem ermäßigten Steuersatz berechneter – Umsatzsteuer (USt) erhalten. In ihrer USt-Erklärung für 2000 hat sie ihre Vorsteuern mit einem Durchschnittssatz von 2,6 % ihrer Umsätze ermittelt und mit 965,54 DM beziffert. In dem daraufhin ergangenen Bescheid vom 06. März 2002 berücksichtigte das FA zwar die Umsätze nach Maßgabe der Erklärung, nicht hingegen die erklärte Vorsteuer, wobei es darauf hinwies, dass für Übersetzungen eine Berechnung nach Durchschnittssätzen nicht vorgesehen sei. Auf einen entsprechenden Antrag hin berücksichtigte es in einem nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) geänderten Bescheid vom 11. März 2002 Vorsteuern in der der Klägerin tatsächlich in Rechnung gestellten Höhe von 417,30 DM und setzte die USt 2000 auf nunmehr 1.115,64 EUR herab.

Mit der hiergegen nach erfolglos gebliebenem Vorverfahren (vgl. die Einspruchsentscheidung vom 20. März 2003) am 16. April 2003 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren auf Berücksichtigung ihrer Vorsteuern nach Durchschnittssätzen weiter. Sie ist der Ansicht, dass Übersetzer genauso wie Schriftsteller ihre Vorsteuer in Anwendung der Sonderregelung des § 23 Abs. 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) in Verbindung mit Abschnitt A IV. Nr. 5 der Anlage zu §§ 69 und 70 der Umsatzsteuerdurchführungsverordnung (UStDV) mit einem Durchschnittssatz von 2,6 % des Umsatzes geltend machen könnten; auch sie schafften geschriebene Werke. Abgesehen davon, dass die Verordnungsregelung nicht nach Literaturgattungen unterscheide, insbesondere auch Unterhaltungsliteratur in ihren Anwendungsbereich einbeziehe, beschränke sich ihre – der Klägerin – Tätigkeit nicht auf eine reine übersetzungstechnische Übertragung eines Textes aus einer Fremdsprache ins Deutsche, sondern stelle eine eigenschöpferische Leistung dar, die darin bestehe, dass sie die inhaltlichen und formalen Gedanken des Autors in einer Weise in die deutsche Sprache übertrage, die Atmosphäre und Aussage des Werkes entsprechend der Möglichkeiten der deutschen Sprache erfasse. Wegen aller Einzelheiten der Klagebegründung wird auf die Schriftsätze des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 16. Juli und 01. Oktober 2003, die mit Schriftsatz vom 30. April 2007 übersandten Erläuterungen einzelner Textstellen aus den genannten Werken durch die Klägerin selbst (FG-Akte Bl. 42-60) sowie die Stellungnahme vom 06. Juni 2007 Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt,

unter Änderung des Bescheids vom 11. März 2002 und der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 20. März 2003 die USt auf 835,44 EUR festzusetzen.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweise...

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