Entscheidungsstichwort (Thema)

Änderung eines Eigenheimzulagebescheides aufgrund erstmals erlassenem Grundlagenbescheid

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Finanzverwaltung ist berechtigt, sich mit Hilfe eines nach dem Erlass des Eigenheimzulagebescheids erlassenen Feststellungsbescheids die Folgeänderung eines bereits bestandskräftigen Eigenheimzulagebescheids zu eröffnen, auch wenn eine Änderung auf anderem Wege nicht zu erreichen wäre.

2. Eine unzulässige Rückwirkung liegt nicht vor, wenn die Finanzbehörde die Anpassung von Folgebescheiden auf Zeiträume beschränkt, in denen die Kompetenz zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 1 Abs. 1 S. 2 V zu § 180 Abs. 2 AO bereits begründet war.

3. Der Einwand, dass der Steuerpflichtige in das Feststellungsverfahren nicht hätte einbezogen werden dürfen, kann nur i. R. d. Einspruchsverfahrens gegen den Feststellungsbescheid und nicht gegen den Folgebescheid vorgebracht werden.

 

Normenkette

EigZulG §§ 17, 11 Abs. 5; AO § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 170 Abs. 10, § 1 Abs. 1 V zu, § 180 Abs. 2, § 351 Abs. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 29.02.2012; Aktenzeichen IX R 21/10)

BFH (Urteil vom 29.02.2012; Aktenzeichen IX R 21/10)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob das beklagte Finanzamt (der Beklagte) aufgrund eines zwischenzeitlich erstmalig ergangenen Grundlagenbescheids berechtigt war, seine bereits bestandskräftige Festsetzung von Eigenheimzulage für Genossenschaftsanteile (§ 17 des EigenheimzulagengesetzesEigZulG –) für die Streitjahre 2000 und 2001 wieder aufzuheben.

Der Kläger, Vater zweier in den Jahren 1987 und 1988 geborener Kinder, trat im Jahre 1997 als elftes Mitglied der kurz zuvor errichteten „BHG Baugenossenschaft X eingetragene Genossenschaft” (BHG e. G.) bei, die ihren Sitz in X im Bezirk des Finanzamts (FA) Y hatte. In der am 24. Juni 1997 durch die Mitgliederversammlung beschlossenen Satzung der BHG e. G., auf deren Wortlaut wegen der Einzelheiten verwiesen wird, war in § 14 Abs. 3 Satz 1 Folgendes bestimmt:

„Die Mitglieder, die eine Förderung gem. § 17 EigZulg (sic) erhalten, haben das Recht, die von ihnen genutzte Wohnung zu erwerben.”

Weitere Hinweise auf einen unwiderruflichen Charakter dieses Rechts enthielt die Satzung der BHG e. G. nicht. Am 13. November 1997 wurde die BHG e. G. in das beim Amtsgericht Z geführte Genossenschaftsregister eingetragen.

Am 25. November 1997 stellte der Kläger beim Beklagten einen Antrag auf Gewährung von Eigenheimzulage ab dem Jahre 1997 für die von ihm bei Beitritt zur BHG e. G. übernommenen Geschäftsanteile im Höhe von insgesamt 10.000 DM. Nachdem der Kläger dem Beklagten weitere Unterlagen und darunter auch die Satzung der BHG e. G. vorgelegt hatte, setzte der Beklagte mit Bescheid vom 16. Februar 1998 Eigenheimzulage für sämtliche Jahre von 1997 bis 2004 zugunsten des Klägers fest. Dabei belief sich die Eigenheimzulage für die Streitjahre 2000 und 2001 unter Einbeziehung zweier Kinderzulagen auf jeweils 1.300 DM. Nebenbestimmungen zur Vorläufigkeit oder zu einem Vorbehalt der Nachprüfung enthielt der Bescheid nicht.

Im Jahre 2002 leitete das FA Y auf der Grundlage des mittlerweile geänderten § 1 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 180 Abs. 2 der Abgabenordnung (V zu § 180 Abs. 2 AO) ein Verfahren zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen bei der Anschaffung von Genossenschaftsanteilen der BHG e. G. ein. In dessen Folge gelangte das FA Y zu der Überzeugung, dass das Handeln der BHG e. G. nicht auf die Herstellung oder Anschaffung von Wohnraum zugunsten ihrer Mitglieder, sondern weit überwiegend auf die Verwaltung von Wertpapierbesitz sowie gewerblichen Zwecken dienender Gebäude ausgerichtet sei. Mit dieser Begründung erließ das FA Y unter dem 10. Dezember 2002 einen Bescheid, durch den es „für die an der im Juni 1997 gegründeten Baugenossenschaft X e. G. beteiligten Genossen” die Feststellung traf, „dass die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Eigenheimzulage bei der Anschaffung von Genossenschaftsanteilen i. S. des § 17 EigZulG bisher nicht erfüllt” seien. Eine Ausfertigung dieses Bescheids übersandte das FA Y an den Kläger.

Nachdem der Beklagte hiervon Kenntnis erlangt hatte, hob er mit Bescheid vom 4. Februar 2003 unter Berufung auf § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) die Festsetzung der Eigenheimzulage für sämtliche Jahre und darunter auch für die Streitjahre 2000 und 2001 gegenüber dem Kläger wieder auf. Hiergegen legte der Kläger fristgerecht Einspruch ein, den er in der Folgezeit ausschließlich mit einem Hinweis auf die Bestandskraft des ursprünglichen Festsetzungsbescheids und mit Einwendungen gegen die formelle Änderungsbefugnis des Beklagten und die seiner Auffassung nach mit der Aufhebung verbundene unzulässige Rückwirkung begründete.

Der Beklagte stellt...

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