Entscheidungsstichwort (Thema)

Ermittlung der Emissionsrendite bei niedrig verzinslichen Optionsanleihen (Streitjahr 1996). Einkommensteuer 1996

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Einnahmen aus der (Weiter-)Veräußerung einer niedrig verzinslichen Optionsanleihe sind als abgezinste Schuldverschreibung nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Buchst. a EStG zu versteuern, weil der vom Ersterwerber zu zahlende einheitliche Ausgabepreis zwar dem Nennwert der Anleihe entspricht, der tatsächliche Ausgabepreis jedoch niedriger als der Nennwert der Anleihe ist, da dieser ein verdecktes Aufgeld für das Optionsrecht enthält (sog. Pari-Emission).

2. Die Emissionsrendite einer Optionsanleihe ermittelt sich durch Gegenüberstellung des Wertverhältnisses zwischen Optionsschein und Anleihe am Tag der Emission. Vom Erwerbspreis der Optionsanleihe ist der auf das Optionsrecht entfallende Anteil abzuziehen, denn neben der (niedrigen Verzinsung) der Anleihe ist der Wert des Optionsrechts als Naturalzins (Zinsersatz i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG i.V.m. § 20 Abs. 2 Nr. 1 EStG) zu erfassen. Da nach den regelmäßigen Anleihebedingungen das Optionsrecht dem Zeichner als Gegenleistung für dessen Verzicht auf eine marktübliche Nominalverzinsung gewährt wird, ist es mit dem kapitalisierten Betrag des der Gesellschaft eingeräumten Zinsvorteils zu bewerten. Wertveränderungen im Bestand eines Altaktionärs oder der Preis des Bezugsrechts zum Erwerb der Optionsanleihe sind nicht zu berücksichtigen.

3. Zur Ermittlung der vom Nichtersterwerber von Optionsanleihen ex Optionsschein bei deren Einlösung erzielten Kapitaleinkünfte.

 

Normenkette

EStG § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 Buchst. a, Abs. 2 Nr. 4 S. 4, Abs. 1 Nr. 7, Abs. 2 Nr. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 01.07.2003; Aktenzeichen VIII R 9/02)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob und in welcher Höhe Zinsen aus einer Anleihe zu versteuern sind.

Der Kläger (Kl) und seine Ehefrau hatten für das Streitjahr Kapitalerträge in Höhe von insgesamt DM 19.877 und Werbungskosten (WK) in Höhe von DM 311 erklärt. Darin waren ausweislich der beigefügten Erträgnisaufstellung der Bank Zinsen in Höhe von DM 12.950 aus einer zu 3,5 % verzinslichen Anleihe über DM 370.000 der … von 1986 (1996; Wertpapierkennnummer …) und Zinsen in Höhe von DM 175 aus einer zu 3,5 % verzinslichen Anleihe der selben Kategorie über DM 5.000 der Ehefrau enthalten.

In der Erträgnisaufstellung der Bank sind daneben folgende Beträge aufgeführt worden:

DM 66.822 – 18,06 % Zins der … (s.o.) über DM 370.000 per 3. April 1996 und/oder Ersatzbemessungsgrundlage gemäß § 43 a Abs. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) Kapitalertragsteuer DM 16.386,60; Solidaritätszuschlag DM 1.229.

Vermerk: Verminderter Steuerabzug, da teilweise freigestellt.

DM 425 – 8,5 % Zins der … (s.o.) über DM 5.000 per 3. April 1996 und/oder Ersatzbemessungsgrundlage gemäß § 43 a Abs. 2 EStG Kapitalertragsteuer DM 127,50; Solidaritätszuschlag DM 9,56

Von diesen Beträgen nahm der Kl DM 3.046 (DM 3.018 für sich und DM 28 für seine Ehefrau) in seine Steuererklärung auf. Die Kapitalertragsteuer in Höhe von DM 16.514,10 und den Solidaritätszuschlag in Höhe von DM 1.238,56 beantragte er anzurechnen. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 4 und Bl. 10 der Einkommensteuer(ESt)-Akte verwiesen.

Aus den Akten ergibt sich, dass die … am 3. April 1986 gemäß § 221 Aktiengesetz eine 3,5 % Optionsanleihe mit der WKNr. … aufgelegt hat. Danach waren 90 Aktien notwendig, um eine Anleihe in Höhe von DM 1.000 zum Kurs von 100 % verbunden mit einem Optionsschein zum Erwerb von sieben Vorzugsaktien zum Kurs von DM 185 (Nennwert DM 50) bis 20. März 1996 zu erwerben.

Am 15. Mai 1996 konnten die Optionsscheine mit einer neuen WKNr. … von der Anleihe unter der WKNr. … getrennt und selbständig gehandelt werden. Der Optionsschein wurde am 15. Mai 1986 erstmals mit DM 102 gehandelt. Die Teilschuldverschreibung ex Optionsschein wurde erstmals mit 78,75 % gehandelt (s. Auskunft der … vom 28. September 2001).

Der Kl hat von diesen Schuldverschreibungen ohne Optionsschein folgende Beträge erworben:

  • Am 5. Juni 1991 DM 80.000 zum Kurs von 81,80 % DM 65.440
  • Am 10. Juni 1991 DM 70.000 zum Kurs von 81,80 % DM 57.260
  • Am 11. Juni 1991 DM 100.000 zum Kurs von 81,80 % DM 81.800
  • Am 13. Juni 1991 DM 180.000 zum Kurs von 81,75 % DM 147.150
  • Am 29. Dezember 1993 DM 5.000 zum Kurs von 95,5 % DM 4.775

Davon hatte er DM 65.000 auf seine Tochter übertragen, so dass ihm am 3. April 1996 DM 370.000 zurückgezahlt wurden.

Seine Ehefrau erwarb am 7. Januar 1993 DM 5.000, die sie ebenfalls am 3. April 1996 einlöste.

Die Bank ging in ihrem Schreiben vom 23. April 1997 (ESt-Akten 1996, Bl. 13) und vom 6. Mai 1997 von einem Kapitalwert der Anleihe in Höhe von 78,81 % per 3. April 1986 aus. Die … ging im Schreiben vom 28. September 2001 von einem Kapitalwert in Höhe von 78,80 % aus. Beide berechnen auf dieser Basis bei einer Laufzeit von zehn Jahren eine Emissionsrend...

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