Entscheidungsstichwort (Thema)

Abgrenzung des Arbeitszimmers von der Betriebsstätte

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Entscheidend für die Abgrenzung des Arbeitszimmers i. S. d. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b EStG zum betriebsstättenartigen Raum ist die Funktion und Nutzung des Büroraums sowie dessen Größe und Ausstattung.

2. Die für die Berufsausübung eines Unternehmenstrainers wesentliche Kerntätigkeit liegt nicht in der Vorbereitung der Seminare in seinem Arbeitszimmer, sondern in der ausserhäuslichen Durchführung der Seminare bei den Mitarbeitern seiner Auftraggeber.

3. Für die Annahme des Mittelpunktes einer beruflichen Tätigkeit genügt nicht, dass das häusliche Arbeitszimmer die zentrale Ausgangs- und Anlaufstelle der betrieblichen oder beruflichen Betätigung ist und für Vor- und Nacharbeiten erforderlich ist, wenn die Tätigkeit im Übrigen schwerpunktmäßig außerhalb des Arbeitszimmers ausgeübt wird.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b

 

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.

2. Die Beschwerde wird nicht zugelassen.

3. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob Aufwendungen für beruflich genutzte Räume gem. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b des EinkommensteuergesetzesEStG – nur beschränkt oder unbeschränkt abzugsfähig sind.

Der Antragsteller – Ast. – hat eine kaufmännische Ausbildung und war früher in der Unternehmensleitung eines amerikanischen Konzerns tätig. Er stieg aus dieser Tätigkeit aus und machte eine Ausbildung als Heilpraktiker im psychologischen und psychotherapeutischen Bereich. In den Streitjahren 1997 und 1998 war er als selbständiger Unternehmenstrainer und -berater in der Aus- und Fortbildung von Mitarbeitern in strategischer und psychologischer Ausrichtung tätig. Er schulte Mitarbeiter in Unternehmen, die dadurch befähigt wurden, neue Konzepte umzusetzen.

Der Ast. erklärte für den Veranlagungszeitraum – VZ – 1997 Honorare für Seminare in Höhe von 199.256 DM und für den VZ 1998 in Höhe von 164.421 DM als Einnahmen aus selbständiger Arbeit. Als Heilpraktiker erzielte er in den Streitjahren keine Einnahmen. Als Betriebsausgaben machte er Aufwendungen für Büroräume im VZ 1997 in Höhe von insgesamt 17.620 DM und im VZ 1998 in Höhe von 22.217 DM geltend.

Der Antragsgegner, das Finanzamt – FA –, veranlagte den Ast. zunächst erklärungsgemäß mit Einkommensteuerbescheid vom 6.4.1999 für 1997 und vom 28.1.2000 für 1998 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

Im Jahr 2001 führte das FA bei dem Ast. eine Betriebsprüfung für die Streitjahre durch.

In ihrem Prüfungsbericht vom 7.11.2001 vertrat die Prüferin die Auffassung, dass die von dem Ast. geltend gemachten Aufwendungen für Büroräume nur als Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer in Höhe von 2.400 DM berücksichtigt werden könnten, da die Büroräume nicht den Mittelpunkt der gesamten beruflichen und betrieblichen Betätigung des Ast. darstellten.

Das FA folgte den Prüfungsfeststellungen – auf die ergänzend verwiesen wird – und änderte die Einkommensteuerfestsetzung für die Streitjahre 1997 und 1998 jeweils mit Bescheid vom 6.3.2002 gemäß § 164 Abs. 2 der AbgabenordnungAO –. Den vom Ast. hiergegen am 28.3.2002 erhobenen Einspruch wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 29.4.2005 zurück. Über die hiergegen am 25.5.2005 erhobene Klage (Az. 3 K 92/05) wurde bisher noch nicht entschieden.

Der Ast. hat mit Schreiben vom 31.5.2005 einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gestellt, den das FA mit Schreiben vom 10.6.2005 abgelehnt hat.

Mit bei Gericht am 16.6.2005 eingegangenem Schriftsatz begehrt der Ast. nunmehr die gerichtliche Aussetzung der Vollziehung, zu deren Begründung er Folgendes vortragen lässt:

Es bestünden „ernstliche Zweifel”, ob die Versagung des vollen Betriebsausgabenabzuges für die Büroräume rechtmäßig sei. Dort liege der qualitative Mittelpunkt der Tätigkeit des Ast.. Die Seminare, die dieser auswärts abhalte, basierten auf umfangreichen Unterrichtsmaterialien, die er in langjähriger Arbeit in seinen betrieblichen Räumen entwickelt habe. Der Aufbau und die Zusammensetzung dieser Unterrichtsmodule stelle sich als sehr komplex dar. Bei den Seminaren würden diese lediglich vorgetragen. Ausschlaggebend sei, dass bei den Seminaren keine eingekauften oder aus Büchern abgeleiteten fertigen Einheiten vorgetragen würden, sondern ausschließlich selbst entwickelte Unterrichtseinheiten.

Entgegen der Auffassung des FA sei nicht ausschlaggebend, dass der wirtschaftliche Erfolg der Tätigkeit des Ast. in der Durchführung der Seminare liege. Ebenso wenig sei entscheidend, wo der Ast. den wesentlichen Teil seiner Betriebseinnahmen erziele.

Auch quantitativ stelle das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit dar. Von 300 Arbeitstagen im Jahr sei der Ast. im Jahr 1997 an 80 Arbeitstage und im Jahr 1998 an 83 Arbeitstage außerhalb seines Büros tätig gewesen.

Schließlich sei die Vorschrift des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b EStG vorliegend nicht einschlägig, da es sich vorliegend nicht um ein Arbeitszimmer, sondern um eine Betriebsstätte ha...

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