Hat man sich für einen bestimmten Visualisierungstyp entschieden, gilt es, diesen möglichst einfach und klar zu gestalten. Einfachheit trägt dazu bei, die Konzentration des Berichtslesers auf das Wesentliche zu fördern. Klarheit vermeidet Unsicherheiten, Missverständnisse und Wahrnehmungsanomalien. Um diesen beiden Anforderungen Rechnung zu tragen, sollten die folgenden allgemeinen Gestaltungsempfehlungen berücksichtigt werden. Spezifische Empfehlungen für einzelne Diagrammtypen und Tabellen folgen dann in den Kapiteln 3 bis 5.

2.3.1 Berichtszweck und Kernaussagen

Die Auswahl des Zahlenmaterials und des Diagrammtyps, Hervorhebungen oder Kommentare können die Interpretation deutlich beeinflussen. Abb. 17 zeigt, wie die Aufmerksamkeit durch das Festlegen einer "Grundbotschaft" gesteuert werden kann, d. h. gewisse Informationen in den Vordergrund gerückt und andere dadurch in den Hintergrund gedrängt bzw. unsichtbar werden.

Tipp: Wählen Sie eine Visualisierung, die Ihren Berichtszweck bestmöglich unterstützt.

Abb. 17: All-time High vs. All-time Low: Differenzierte Auslegung derselben Informationsbasis führt zu 2 unterschiedlichen Aussagen[1]

Das linke Diagramm (Umsatzerlöse) verwendet dasselbe Datenmaterial als Basis wie die rechte Darstellung (Umsatzwachstum), setzt allerdings einen anderen Blickwinkel in den Mittelpunkt. Während beim linken Diagramm eine positive Aussage durch steigende Umsätze entsteht, erfolgt beim rechten Diagramm das genaue Gegenteil (sinkendes Umsatzwachstum).

Dieses Beispiel demonstriert, dass die Auswahl des Diagramms und dessen Ausgestaltung völlig unterschiedliche Interpretationen entstehen lassen kann. Die Entscheidung des Controllers über die Auswahl der Perioden, welche nicht das Gesamtbild zeigen, und die visuelle Aufbereitung der Daten, hat eine implizite Auswirkung auf die Interpretation des Entscheidungsträgers, auch wenn keine expliziten Kommentare oder Botschaften vorhanden sind.

Tipp: Stellen Sie die relevante Information unmissverständlich in den Mittelpunkt und vermeiden Sie unnötige Dekoration.

Ein Diagramm oder eine Tabelle sollte immer die für den Berichtszweck relevante Information in den Mittelpunkt rücken. Alle für das Verständnis des Zahlenmaterials erforderlichen Informationen sollten in einem aussagekräftigen Titelbereich dargestellt werden. (z. B. Einheit, zeitlicher Bezug, Organisationseinheit).

Abb. 18: Aussagekräftiger Diagrammtitel

Soll eine kurze Botschaft vermittelt werden, kann diese ebenfalls bereits im Titelbereich platziert werden. Gilt es jedoch, mehrere Hinweise anzubringen, eignet sich ein eigenes Kommentarfeld besser.

[1] Harvard Business Review (HBR), 2014, S. 39.

2.3.2 Vermeidung von Wahrnehmungsanomalien

Tipp: Vermeiden Sie verzerrende/manipulative Darstellungen.

Wahrnehmungsverzerrungen entstehen primär durch drei Fehler: Selektionsfehler, Messfehler und Darstellungsfehler. Meist werden diese unbewusst begangen, manches Mal leider auch bewusst manipulativ eingesetzt.

Selektionsfehler zeigen sich z. B. in der willkürlichen Auswahl einer sich positiv entwickelnden Kennzahl bzw. einer passenden Vergleichsperiode mit positivem Verlauf (z. B. durch Reduktion der angezeigten Perioden).

Abb. 19: Beispiel Selektionsfehler: Reduktion der angezeigten Jahre

Messfehler entstehen z. B. durch abgeschnittene Achsen oder die Verwendung von Sekundärachsen.

Abb. 20: Beispiel Messfehler: abgeschnittene Achse

Auch durch Darstellungsfehler kann die Wahrnehmungsfähigkeit der Berichtsempfänger reduziert werden. Beispiele sind die Verwendung von 3D-Effekten oder ungeeigneter Diagrammtypen.

Abb. 21: Beispiel für Darstellungsfehler – 3D Effekt

Als weiteres Beispiel für eine trügerische bzw. fehlerhafte Darstellungdient das folgende Tortendiagramm – mit geänderten Zahlen, entnommen aus einem Geschäftsbericht eines börsennotierten Unternehmens – in dem das negative Segment (Beteiligungen und Sonstiges) in der Grafik nicht ersichtlich ist. Damit trügt der erste Blick, nämlich jener, dass lediglich vier positive Segmente im Datengerüst vorhanden sind.

Abb. 22: Tortendiagramm mit negativem Segment

Durch die Wahl des Tortendiagramms als Visualisierungstyp kann das negative Segment (Segment 5) sehr schwer bis gar nicht identifiziert werden. Es ist nur bei intensiver Betrachtung der Legende erkenntlich, welche nachweislich in 90 % der Fälle nicht erfolgt. Ein solches (bewusstes oder unbewusstes) Verstecken negativer Ergebnisse stellt eine Form einer Wahrnehmungsanomalie dar.

Zudem sollte auf eine hohe Data-Ink-Ratio (Tintenverbrauch für das Drucken der Daten im Verhältnis zum Tintenverbrauch für das Drucken des gesamten Diagramms) geachtet werden. Dieses wird erreicht, indem auf dekorative Elemente, wie Hintergrundmuster, Schatten, Achsen und Gitternetzlinien möglichst verzichtet wird.

Abb. 23: Geringes versus hohes Data-Ink Ratio

Das linke Diagramm in Abb. 23 ist ein unvorteilhaftes Beispiel mit niedrigem Data-Ink Ratio. Der Rahmen, die Hintergrundfarbe, die Gitternetzlinien und die unterschiedlichen Farben der Balken stellen unnötige Dekoration ohne einen erhöhten Informations...

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