Liegt kein Verkaufspreis vor, aus dem der gemeine Wert abzuleiten ist, ist der Wert unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten der Kapitalgesellschaft oder einer anderen anerkannten, auch im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für nichtsteuerliche Zwecke üblichen Methode zu ermitteln. Dabei ist die Methode anzuwenden, die ein Erwerber der Bemessung des Kaufpreises zugrunde legen würde.[1]

 
Praxis-Tipp

Bewertungsvorschriften gelten für alle Arten von Betriebsvermögen

Durch den Verweis in § 109 Abs. 1 und Abs. 2 BewG für die Bewertung des Einzelunternehmens oder des Anteils an einer Personengesellschaft gelten die in § 11 Abs. 2 BewG für die Bewertung von Anteilen an Kapitalgesellschaften normierten Vorschriften entsprechend für das Betriebsvermögen.

Ein verbindliches Bewertungsverfahren ist dabei vom Gesetzgeber für die Bewertung nicht vorgeschrieben worden. Bei der Einführung der Bewertungsvorschriften 2009 wurde in der Gesetzesbegründung festgestellt, dass üblicherweise zumindest bei Beteiligungen an großen Gesellschaften die Ertragswertmethode angewandt wird, weil sie von der Frage ausgeht, welches Kapital ein gedachter Investor einsetzen würde, um aus seinem Investment eine angemessene Rendite zu erzielen. Der Steuerpflichtige kann den gemeinen Wert aber auch durch Vorlage eines methodisch nicht zu beanstandenden Gutachtens erklären, das auf den für die Verwendung in einem solchen Verfahren üblichen Daten der betreffenden Kapitalgesellschaft aufbaut. Anhaltspunkte dafür, dass ein Erwerber neben den ertragswert- oder zahlungsstromorientierten Verfahren bei der Bemessung des Kaufpreises eine andere übliche Methode zugrunde legen würde, können sich insbesondere auch aus branchenspezifischen Verlautbarungen ergeben.[2]

 
Praxis-Tipp

IDW S1 als anerkanntes Bewertungsverfahren

Typischerweise könnte als Bewertungsverfahren hier die Bewertung nach dem branchen- und rechtsformübergreifenden IDW S1 in Betracht kommen.[3]

Branchentypische Bewertungsmethoden hat das Bayerische Staatsministerium der Finanzen zusammengestellt.[4]

Die Ertragswertmethode ist jedoch nicht für die Bewertung jedes Unternehmens geeignet bzw. am jeweiligen Markt nicht stets üblich. Wenn daher in solchen Fällen andere gebräuchliche Bewertungsmethoden zur Preisbildung angewandt werden, hat das Steuerrecht, das an den gemeinen Wert (Verkehrswert) anknüpft, dies zu respektieren. Alternative Methoden sind u. a. vergleichsorientierte Methoden und Multiplikatorenmethoden. Die Feststellungslast, ob eine derartige Methode anstelle der Ertragswertmethode anwendbar ist, trägt der sich jeweils darauf Berufende.

Um Schätzungsunschärfen, die zulasten des Steuerpflichtigen gehen würden, zu vermeiden, soll auf die Sicht eines gedachten Käufers abgestellt werden, da dieser im Unterschied zum Verkäufer bemüht sein wird, den Preis möglichst niedrig zu halten. Dieser auf einen Verkehrswert abzielende Wert eines solchen Schätzverfahrens ist dann auch der für die Zwecke der Erbschaftsteuer maßgebende gemeine Wert.

 
Praxis-Tipp

Beweislast trägt derjenige, der sich auf alternative Bewertungsverfahren beruft

Die Beweislast, ob es sich um ein anerkanntes Verfahren handelt, hat jeweils derjenige, der sich auf dieses Verfahren beruft. Damit muss der Steuerpflichtige nicht nur einen Wert des Betriebsvermögens ermitteln, er muss sich auch darüber Gedanken machen, dass es sich um ein anerkanntes Verfahren handelt, das zu einem sachgerechten Wert führt.

[2] R B 11.2 Abs. 2 ErbStR.
[3] IDW S 1: Grundsätze zur Durchführung von Unternehmensbewertungen, IDW Fachnachrichten 2008, S. 271-292.

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