Rz. 35

Ist im Gesellschaftsvertrag bestimmt, dass beim Tode eines Gesellschafters die Gesellschaft mit dem Erben, bei mehreren Miterben jedoch nur mit einem bestimmten Miterben, aber unverändert und in vollem Umfang fortgeführt wird, so liegt eine sog. qualifizierte Nachfolgeklausel vor. Sie schränkt den Kreis der Gesellschafternachfolger ein. Zivilrechtlich geht der Gesellschaftsanteil des verstorbenen Gesellschafters unmittelbar in vollem Umfang und unverändert auf den qualifizierten Miterben (Nachfolge-Miterben) über, die anderen Miterben werden nicht Gesellschafter, sie erlangen auch keinen gesellschaftsrechtlichen Abfindungsanspruch gegen die Gesellschaft, sondern nur einen auf Erbrecht beruhenden schuldrechtlichen Wertausgleichsanspruch gegen den Nachfolger-Miterben.

Steuerlich tritt bei der sog. qualifizierten Nachfolgeklausel der Nachfolger/Miterbe – in gleicher Weise wie ein Alleinerbe – unmittelbar und in vollem Umfang in die Mitunternehmerstellung des verstorbenen Gesellschafters ein. Die den Nachfolger-Miterben auferlegte Wertausgleichsschuld gegenüber den anderen Miterben entspricht ihrem rechtlichen und wirtschaftlichen Gehalt einer Vermächtnis-, Pflichtteils- oder Erbersatzschuld; sie kann deshalb ebenso wie diese weder als Veräußerungspreis einerseits noch als Anschaffungskosten andererseits für den Mitunternehmeranteil gewertet werden. Der Nachfolger/Miterbe hat die Buchwerte des auf ihn übergegangenen Mitunternehmeranteils in vollem Umfang fortzuführen; weder beim Erblasser noch bei den nicht zu Gesellschaftern berufenen Miterben entsteht ein Veräußerungsgewinn.

Allerdings kommt es mit dem Erbfall zu einer anteiligen Entnahme etwaigen Sonderbetriebsvermögens, soweit das Sonderbetriebsvermögen nicht auf den qualifizierten Miterben entfällt. Denn das Sonderbetriebsvermögen geht – im Gegensatz zum Gesellschaftsanteil – zivilrechtlich auf die Erbengemeinschaft als Ganzes über, und zwar auch dann, wenn bei einer zeitnahen Auseinandersetzung das Sonderbetriebsvermögen auf den qualifizierten Miterben übergeht. Der Entnahmegewinn ist dem Erblasser zuzurechnen,[1] da der nicht qualifizierte Miterbe nicht Mitunternehmer geworden ist.

Zu Nachfolgeklauseln bei Kapitalgesellschaften gilt:[2]

"Die Gesellschaftsanteile an einer GmbH sind vererblich (§ 15 Abs. 1 GmbHG), was nicht ausgeschlossen werden kann. Eine Bestimmung in der Satzung, wonach der Gesellschaftsanteil mit dem Ableben erlischt, ist daher unwirksam. Es besteht jedoch – wie bei der PersGes. – die Möglichkeit, in der Satzung die Fortsetzung der Gesellschaft nur mit bestimmten Erben oder anderen Personen vorzusehen. Dazu bestehen 2 Instrumentarien: Der Gesellschaftsvertrag kann den/die Erben verpflichten, den Geschäftsanteil an eine bestimmte Person, an die GmbH, an die übrigen Gesellschafter oder an eine von den Gesellschaftern zu bestimmende Person abzutreten. Alternativ besteht die Möglichkeit, im Gesellschaftsvertrag allgemein oder unter bestimmten Voraussetzungen die Einziehung des auf einen Erben übergegangenen Geschäftsanteils vorzusehen."

"Durch den Gesellschaftsvertrag kann eine Abfindung zugunsten der Erben ausgeschlossen oder auf eine bestimmte Höhe (z. B. Buchwert) festgesetzt werden. Die Einziehung oder Abtretung ohne Abfindung wird von der h. M. als Zuwendung auf den Todesfall angesehen, hier kann ErbSt nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 ErbStG entstehen."

[1] Der beim Erblasser entstehende Gewinn aus der Entnahme des Sonderbetriebsvermögens unterliegt nicht der Gewerbesteuer, siehe BFH, Urteil v. 15.3.2000, VIII R 51/98, BStBl 2000 II S. 316.
[2] Kamps/Stenert, DB 2019, S. 931.

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