Das Gesetz stellt nur geringe Anforderungen an die Form eines Einspruchs, weil im außergerichtlichen Verfahren – anders als bei der Klage – der begehrte Rechtsschutz nicht an Formalien scheitern soll. Der Einspruch muss gem. § 357 Abs. 1 Satz 1 AO lediglich schriftlich, elektronisch oder zur Niederschrift beim Finanzamt erfolgen. Es genügt gem. § 357 Abs. 1 Satz 2 AO, wenn aus dem Schriftstück hervorgeht, wer den Einspruch eingelegt hat. Die Bezeichnung des Einspruchsführers ist also zwingend, nicht aber dessen Unterschrift bzw. die seines Beraters. Deshalb ist auch ein einfaches elektronisches Dokument wie eine einfache E-Mail geeignet, einen papiergebundenen, schriftlich eingelegten Einspruch zu ersetzen.[1] Dies gilt selbstverständlich auch für die Übermittlung durch Telefax, das zwar im Gesetz nicht erwähnt ist, aber ohne Weiteres möglich ist.

Immer mehr Gebrauch gemacht wird in der Praxis von der elektronischen Einspruchseinlegung über "Mein Elster" oder das "Kontaktformular" der Finanzämter.

Hinsichtlich des Inhalts des Einspruchs gibt es in § 357 Abs. 3 AO nur Sollvorschriften. Verstöße führen daher nicht zur Unzulässigkeit des Einspruchs. Im eigenen Interesse empfiehlt es sich, auch in diesem Bereich die notwendige Sorgfalt walten zu lassen, um nachteiligen Entscheidungen des Finanzamts vorzubeugen.

Nach allgemein anerkannten Verfahrensgrundsätzen ist es nicht notwendig, dass die Erklärung ausdrücklich als Einspruch bezeichnet ist. Es genügt, wenn zu erkennen ist, dass die Nachprüfung einer Entscheidung gewünscht wird. Die unrichtige Bezeichnung des Einspruchs ist nach § 357 Abs. 1 Satz 3 AO unschädlich. Der wirkliche Wille ist durch Auslegung zu ermitteln, wobei stets von der für den Steuerpflichtigen günstigsten Rechtslage auszugehen ist. Lässt demnach die Äußerung eines Steuerpflichtigen ungewiss, ob er einen Einspruch einlegen will, so ist im Allgemeinen die Erklärung als Einspruch zu betrachten, um zugunsten des Steuerpflichtigen den Eintritt der Rechtskraft aufzuhalten. Ist die Erklärung hingegen eindeutig, muss sich der Erklärende an ihr festhalten lassen, auch wenn die Willenserklärung zu einem verfahrensrechtlich ungünstigen oder gar unsinnigen Ergebnis führt. Daran ändert auch der Grundsatz der rechtschutzgewährenden Auslegung nichts, denn dieser setzt eine auslegungsbedürftige Erklärung voraus.[2] Im Düsseldorfer Streitfall hat der Bevollmächtigte für die falsche Person Einspruch eingelegt.

Unter bestimmten Umständen kommt allenfalls eine Umdeutung in Betracht.

 
Praxis-Beispiel

Umdeutung in Einspruch

Der Steuerpflichtige stellt innerhalb der Einspruchsfrist den eindeutigen Änderungsantrag, nachträglich Werbungskosten als neue Tatsachen zu berücksichtigen[3], obwohl die entsprechenden Voraussetzungen wegen groben Verschuldens nicht erfüllt sind. Das Finanzamt hat diese Willenserklärung in einen Einspruch umzudeuten. Eine Umdeutung kommt allerdings nicht in Betracht, wenn ein Angehöriger der steuerberatenden Berufe aufgetreten ist. Hier wird unterstellt, dass er das Erklärte auch tatsächlich gewollt, also auf den Einspruch bewusst verzichtet hat.[4]

 
Praxis-Beispiel

Auslegung als Einspruch

S begehrt in laufender Einspruchsfrist Aussetzung der Vollziehung der festgesetzten Steuer nach § 361 AO wegen nicht anerkannter Ausbildungskosten. Daneben beantragt er im Hinblick auf ein beim BFH anhängiges Verfahren mit gleicher Streitlage das Ruhen des Verfahrens nach § 363 AO. Das Wort "Einspruch" verwendet er in seinem Schriftsatz nicht. Gleichwohl liegt ein Einspruch vor, denn S hat deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er den Einkommensteuerbescheid für rechtswidrig und eine Aussetzung der Vollziehung für gerechtfertigt hält. Das Verfahren, um dessen Ruhen es in § 363 AO geht, ist allein das Einspruchsverfahren. Keine Rolle spielt es, wenn der Schriftsatz in diesem Fall von einem Berater oder Lohnsteuerhilfeverein stammt.[5]

 
Praxis-Beispiel

Abgabe der Steuererklärung als Einspruch

Das Finanzamt erlässt gegen S mangels Abgabe der ESt-Erklärung einen endgültigen Schätzungsbescheid. S reicht innerhalb der Einspruchsfrist kommentarlos die Erklärung ein. Dies wird als Einspruch gewertet.[6]

Die Rechtswirksamkeit des eingelegten Einspruchs ist nicht von einer konkreten Bezeichnung des angefochtenen Verwaltungsakts abhängig. Die Zielrichtung des Begehrens muss sich aus dem Einspruchsschreiben in der Weise ergeben, dass sich der angefochtene Verwaltungsakt aus dem Inhalt des Einspruchsschreibens entweder selbst ermitteln lässt oder Zweifel oder Unklarheiten am Gewollten durch Rückfragen des Finanzamts beseitigt werden können. Fehlt es an einer eindeutigen und zweifelsfreien Erklärung, hat das Finanzamt den wirklichen Willen des Einspruchsführers durch Auslegung zu ermitteln. Dabei ist grundsätzlich davon auszugehen, dass der Steuerpflichtige denjenigen Verwaltungsakt anfechten will, der angefochten werden muss, um zu dem erkennbar angestrebten Erfolg zu kommen.[7]

Auslegungsprobleme ergeben sich in der Praxis vor allem ...

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