9.2.1 Systematik und Teilfreistellung

Einkünfte aus Investmentfonds (Ausschüttungen, Vorabpauschale und Veräußerungsgewinne[1]) gehören bei Privatanlegern ab 2018 zu den Kapitaleinkünften nach § 20 Abs. 1 Nr. 3 EStG und unterliegen somit auch der Abgeltungsteuer.

Als Ausgleich für die Vorbelastung der Einkünfte auf Fondsebene mit inländischen bzw. mit ausländischen Steuern werden die Einkünfte des Anlegers teilweise von der Einkommensteuer befreit.[2] Diese Teilfreistellung soll eine Doppelbelastung durch die Besteuerung des gleichen Ertrags sowohl auf der Fonds- als auch auf der Anlegerebene vermeiden. Es erfolgt eine pauschale Freistellung, wobei sich die Höhe der Steuerfreistellung nach dem Anlageschwerpunkt des Investmentfonds bestimmt. Hierbei wird generell auf die Anlagebedingungen des Investmentfonds abgestellt.

Für Privatanleger gelten folgende Freistellungssätze:

 
Aktienfonds (Kapitalbeteiligungsquote > 50 %) 30 %
Mischfonds (Kapitalbeteiligungsquote ≥ 25-50 %) 15 %
Immobilienfonds (Immobilienquote > 50 %) 60 %
Auslands-Immobilienfonds (Auslandsimmobilienquote > 50 %) 80 %
sonstige Investmentfonds keine

Die Einordnungskriterien ergeben sich aus § 2 InvStG. Das Anwendungsschreiben zum InvStG regelt in den Rz. 2.6–2.41 und 20.1 ff. Zweifelsfragen zur Teilfreistellung.[3]

 
Hinweis

Schlüsselung der Fondskategorien durch die Kreditwirtschaft

Die steuerlichen Merkmale für die Teilfreistellung werden aufgrund der Anlagebedingungen durch die Kreditwirtschaft gespeichert. Damit kann auch für den Kapitalertragsteuerabzug (für Privatanleger) eine Einordnung in die zutreffende Teilfreistellung erfolgen.

In Fällen, in denen die Anlagebedingungen diese Kriterien nicht hergeben, kann der Anleger die durchgehende Überschreitung der Anlagegrenzen in der Veranlagung nachweisen.[4]

 
Hinweis

Änderung des Teilfreistellungssatzes

§ 22 InvStG fingiert die Veräußerung von Investmentanteilen und regelt die Besteuerung des sich daraus ergebenden Veräußerungsgewinns, wenn sich der auf einen Investmentfonds anwendbare Teilfreistellungssatz ändert. Diese Regelung ist erforderlich, um den gleichen Teilfreistellungssatz auf die Veräußerungsgewinne, die Ausschüttungen und die Vorabpauschalen anwenden zu können.[5]

9.2.2 Ausschüttungen

Der Anleger versteuert die ihm zugeflossenen Ausschüttungen (zuzüglich der einbehaltenen Steuerabzugsbeträge) ggf. unter Abzug der Teilfreistellung. Es wird nicht mehr wie bis 2017 dahingehend unterschieden, aus welchen Erträgen des Fonds die Ausschüttung gespeist wird.

 
Praxis-Beispiel

Ausschüttung eines Aktien-Investmentfonds

Privatanleger A erhält im Jahr 2023 eine (Brutto-)Ausschüttung aus dem XY-Aktien-Investmentfonds i. H. v. 10.000 EUR. Diese unterliegen nach Abzug der Teilfreistellung (30 %) mit 7.000 EUR der Abgeltungsteuer.

Besonderheiten gelten nur für Investmentfonds in der Liquidationsphase.[1] Einzelheiten hierzu sind in einem BMF-Schreiben geregelt.[2]

9.2.3 Vorabpauschale

Bis 2017 waren bei (teil)thesaurierenden Investmentfonds jährlich die ausschüttungsgleichen Erträge zu versteuern. Das waren die vom Investmentfonds tatsächlich erzielten "laufenden" Erträge. Ab 2018 ist stattdessen mit der Vorabpauschale[1] die risikolose Marktverzinsung zu versteuern, wenn diese höher ist als die Ausschüttung. Grundlage für die Vorabpauschale ist der Basisertrag, der sich wie folgt errechnet:

 
Rücknahmepreis der Fondsanteile zum 1.1. × Basiszins × 70 %

Der Basiszins ist aus der langfristig erzielbaren Rendite öffentlicher Anleihen abzuleiten und wird am 1. Börsentag des Jahres durch die Deutsche Bundesbank berechnet.[2]

 

Vorabpauschale ab 2018[3]

  2018 2019 2020 2023
BMF, Schreiben v. 4.1.2018 9.1.2019 29.1.2020 4.1.2023
Basiszins 0,87 % 0,52 % 0,07 % 2,55 %
Vorabpauschale (70 %) 0,609 % 0,364 % 0,049 % 1,785 %
steuerlicher Zufluss am 2.1.2019 2.1.2020 4.1.2021 2.1.2024
 
Wichtig

Keine negative Vorabpauschale

Für die Jahre 2021 und 2022 ist der Basiszins negativ, womit zum Jahresbeginn 2022 und 2023 keine Vorabpauschale anzusetzen ist.

Damit entfällt der Ansatz einer Vorabpauschale für die Einkommensteuerveranlagung 2023.

Hinweise für Jahre, in denen eine Vorabpauschale anzusetzen ist:

Zur Berechnung der Vorabpauschale wird der Basisertrag um Ausschüttungen gemindert. Die Vorabpauschale kann nicht negativ sein und ist auf die Wertsteigerung des Fondsanteils im Kalenderjahr begrenzt. Im Jahr des Erwerbs der Investmentanteile vermindert sich die Vorabpauschale um ein Zwölftel für jeden vo...

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