Die Regelungen zum einheitlichen Vertragswerk finden nicht grenzenlos auf alle Sachverhalte Anwendung, in denen der tatsächliche Zustand des Erwerbsgrundstücks im zeitlichen Zusammenhang mit dem Erwerb verändert wird.

Vorplanungen durch Veräußerers oder Bauverpflichtung des Erwerbers

Voraussetzung für die Annahme eines bebauten Grundstücks als Erwerbsgegenstand ist, dass die auf Veräußererseite handelnden Personen zur Veränderung des körperlichen Zustands des Grundstücks verpflichtet sind. Umfangreiche Vorplanungen durch die Veräußererseite (z. B. Bebauungsvorschläge, Baubeschreibungen, Teilungspläne für Wohnungseigentum, geschätzte Kostenberechnungen) begründen für sich allein nicht die Annahme, dass ein vorbereiteter Geschehensablauf hingenommen wird oder faktische Zwänge vorliegen.[2] Dies gilt auch für eine im Grundstückskaufvertrag übernommene zivilrechtliche Bauverpflichtung des Erwerbers gegenüber der Veräußererseite und für die Bindung des Erwerbers an eine bestimmte bauliche Gestaltung ("Wie" der Bebauung), wenn die Veräußererseite nicht zur Gebäudeerrichtung verpflichtet ist. Auch ein Eigeninteresse der Veräußererseite daran, dass die Bebauung des erworbenen Grundstücks zeitnah und in der gestalterisch durch sie vorgegebenen Weise (etwa durch ein in den Grundstückskaufvertrag einbezogenes Gestaltungshandbuch) erfolgt, führt nicht zu einer der Veräußererseite zuzurechnenden zivilrechtlichen Herstellungspflicht.[3]

 
Wichtig

Erwerb des unbebauten Grundstücks bei fehlender Verpflichtung der Veräußererseite

Fehlt es an der Verpflichtung der Veräußererseite zur Herstellung des Gebäudes und wird das Gebäude stattdessen durch den Erwerber errichtet, liegt eine grunderwerbsteuerrechtlich nicht relevante eigennützige Leistung des Erwerbers an sich selbst vor. Gegenstand des Erwerbsvorgangs ist dann nicht das bebaute Grundstück, sondern nur das unbebaute Grundstück. Das gilt auch dann, wenn der Veräußerer neben dem Grundstück Dienst- bzw. Sachleistungen anbietet, sich zur Lieferung beweglicher Gegenstände (z. B. Baumaterialien oder Fertighausteile) oder zur Bereitstellung von Planungsunterlagen verpflichtet.[4]

Beweisanzeichen für eine derartige Konstellation sind insbesondere gegeben, wenn nach dem Grundstückserwerb Werkverträge mit den ausführenden Bauunternehmen und Handwerksbetrieben durch den Erwerber im eigenen Namen und auf eigene Rechnung abgeschlossen werden.[5]

Dabei ist unbeachtlich, wenn sich der Erwerber eines mit den Vorplanungen befassten Architekten, Projektanten oder Initiators bedient und Angebote über entsprechende Werkverträge vor dem Erwerb des Grundstücks vorlagen.

Erwerb eines Grundstücks zusammen mit dem Eintritt in einen bestehenden Bauvertrag

Verpflichtet sich der Erwerber eines unbebauten Grundstücks, in einen vom Verkäufer abgeschlossenen Generalübernehmervertrag einzutreten, und stimmt der an diesem Vertrag beteiligte Dritte zu[6], folgt allein daraus nicht, dass Erwerbsgegenstand das Grundstück in bebautem Zustand ist.[7]

Erwerb eines Hausbausatzes vom Grundstücksverkäufer

Die Annahme eines einheitlichen Erwerbsgegenstandes "bebautes Grundstück" setzt voraus, dass entweder der Veräußerer selbst oder ein mit ihm zusammenwirkender Dritter dem Erwerber gegenüber verpflichtet ist, den tatsächlichen Grundstückszustand zu verändern, d. h. das Grundstück zukünftig in einen bebauten Zustand zu versetzen. Beim Erwerb eines Hausbausatzes vom Grundstücksverkäufer kann deshalb nur dann das mit dem Bausatzhaus bebaute Grundstück einheitlicher Erwerbsgegenstand sein, wenn der Grundstücksveräußerer auch zur Aufstellung und Montage der Bausatzteile auf dem Grundstück verpflichtet ist.[8]

Grundstückserwerb durch eine zur Veräußererseite gehörende Person

Beim Erwerb eines noch zu bebauenden Grundstücks sind die Bauerrichtungskosten nicht in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer einzubeziehen, wenn das Grundstück von einer zur Veräußererseite gehörenden Person mit bestimmendem Einfluss auf das "Ob" und "Wie" der Bebauung erworben wird. Gegenstand des Erwerbsvorgangs ist in diesem Fall das unbebaute Grundstück.

Hintergrund hierfür ist, dass der Erwerber beim einheitlichen Erwerbsgegenstand in seinen Möglichkeiten, sowohl den Grundstücksverkäufer als auch den Bauunternehmer selbst zu bestimmen, eingeschränkt ist. Demgegenüber ist eine zur Veräußererseite gehörende Person, die an der Bebauung mitwirkt, indem sie diese maßgeblich beeinflusst, grunderwerbsteuerlich nicht Erwerber eines unbebauten Grundstücks im Zustand der späteren Bebauung, sondern Bauherr. In Betracht kommen Personen, die das Grundstück selbst veräußern oder Bauleistungen erbringen oder das Bauvorhaben bzw. die Vermarktung des bebauten Grundstücks dadurch fördern, dass sie Grundstück und Bauleistung zu einer einheitlichen Gesamtleistung zusammenführen. Hierbei ist erforderlich, dass diese Person mit der Person identisch ist, die das Grundstück erwirbt.[9]

 
Hinweis

Erwerb durch Funktionsträger[10]

Erwerben Funktionsträger (Treuhänder oder Proj...

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