Leitsatz

Ein Autodidakt, der über Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt, die in Breite und Tiefe denen eines Diplom-Informatikers entsprechen, kann einen ingenieurähnlichen und damit freien Beruf ausüben, wenn er Betriebs- und Datenübertragungssysteme einrichtet und betreut.

 

Normenkette

§ 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG

 

Sachverhalt

Der Kläger legte an einer Fachschule für EDV die staatliche Prüfung als Betriebswirt-EDV ab. Nach einer Angestelltentätigkeit im Bereich der Systemanalyse, Systemberatung, Systemtechnik und Systemprogrammierung machte er sich als Unternehmensberater auf dem Gebiet des EDV-Consulting/Software Engineering selbstständig.

Das FA beurteilte seine Tätigkeit insgesamt als gewerblich. Vor dem FG erzielte der Kläger einen Teilerfolg. Das FG stellte fest, dass er als Autodidakt über die Kenntnisse und Fähigkeiten eines Diplom-Informatikers verfügte. Es beurteilte die im Labor einer Kundenfirma geleisteten Systemsoftwareentwicklungsarbeiten als ingenieurähnlich und damit als freiberuflich. Die Installation und Einrichtung von Betriebssystemen und Datenübertragungssystemen beurteilte das FG hingegen als gewerbliche Tätigkeit, weil der Kläger insoweit nicht selbst Systemsoftware entwickelt habe (FG Münster, Urteil vom 05.05.2004, 8 K 3508/02 G, Haufe-Index 1575907, EFG 2006, 1917).

 

Entscheidung

Der BFH hob die Vorentscheidung auf und gab der Klage insgesamt statt. Der Kläger habe nach den Feststellungen des FG über die Kenntnisse und Fähigkeiten eines Diplom-Informatikers verfügt. Er sei auch in einem wesentlichen Betätigungsfeld von Informatikern tätig gewesen, nämlich dem der Entwicklung, Implementierung und Betreuung von Software. Zum Teil habe der Kläger Software selbst entwickelt. Soweit das nicht der Fall gewesen sei, habe sich seine Tätigkeit nicht auf die reine Installation von Programmen beschränkt. Vielmehr habe er die Software den örtlichen Gegebenheiten angepasst und auf andere Systeme umgestellt. Diese Tätigkeit sei der eines Ingenieurs vergleichbar.

 

Hinweis

Auf die vorstehenden Praxishinweise zu den Urteilen vom 22.09.2009, VIII R 31/07 (siehe Seite 128) und VIII R 79/06 (siehe Seite 129) wird verwiesen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 22.09.2009 – VIII R 63/06

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