Leitsatz

1. Eine Rücklage für die künftige Anschaffung eines neuen beweglichen Wirtschaftsguts des Anlagevermögens (Ansparabschreibung) konnte auch nachträglich im Wege der Bilanzänderung zur Kompensation eines Betriebsprüfungsmehrergebnisses gebildet werden.

2. Die Rücklage setzt materiell einen Finanzierungszusammenhang zwischen der Investition und der Rücklagebildung voraus. An diesem Finanzierungszusammenhang fehlt es, wenn die Rücklage mehr als zwei Jahre nach der Investition gebildet wird; dieser Zeitabstand ist taggenau zu berechnen.

 

Normenkette

§ 7g Abs. 3 EStG a.F., § 4 Abs. 2 EStG

 

Sachverhalt

Beim Kläger, einem bilanzierenden Taxi- und Mietwagenunternehmer, führte eine Außenprüfung zu unstreitigen Gewinnerhöhungen wegen der Nichtberücksichtigung des Abzugsverbots für Geldbußen, der Schätzung höherer Privatanteile und Hinzuschätzungen wegen Buchführungsmängeln sowie Gewinnminderungen durch die sich daraus ergebenden USt- und GewSt-Verbindlichkeiten. Während des gegen die Änderungsbescheide gerichteten Einspruchsverfahrens beantragte der Kläger im Mai 2002, in der Bilanz zum 31.12.1999 die Rücklage nach § 7g Abs. 3 EStG für die zukünftige Anschaffung eines Pkws zu erhöhen und außerdem eine weitere Rücklage für die zukünftige Anschaffung eines Mercedes E 200 zu bilden. Die Fahrzeuge waren am 09.10.2000 und am 14.09.2001 angeschafft worden. Die Kopien dementsprechend im November 2003 geänderter Bilanzen für die Jahre 1999 bis 2001 legte der Kläger erstmals im Dezember 2003 vor.

Das FG wies die Klage ab, weil die Prüfung nicht zu einer Bilanzberichtigung geführt habe und eine Bilanzänderung daher ausgeschlossen sei (FG Münster, Urteil vom 27.01.2005, 12 K 4155/03 E, G, Haufe-Index 1548802, EFG 2006, 1654).

 

Entscheidung

Der BFH wies die Revision als unbegründet zurück, weil die geänderte Bilanz nicht binnen zwei Jahren, sondern erst 26 Monate nach der letzten Investition vorgelegt worden war.

 

Hinweis

Zunächst betraf der Rechtsstreit nur die Frage, ob eine Bilanzberichtigung gegeben war und der Kläger daher seine Bilanz auch ändern durfte, später dann die Berechtigung zur nachträglichen Bildung einer Ansparabschreibung.

1. Eine Bilanzberichtigung kann auch dann vorgenommen werden, wenn sich eine Gewinnänderung aus der Nicht- oder der fehlerhaften Verbuchung von Entnahmen und Einlagen ergibt und sich somit lediglich die Zusammensetzung des Eigenkapitals ändert, nicht aber dessen Saldo (BFH, Urteil vom 31.05.2007, IV R 54/05, BFH/NV 2007, 1973, BFH/PR 2007, 411). Die vom Steuerpflichtigen – nicht vom FA – vorzunehmende Bilanzberichtigung braucht ebenso wie eine kompensierende Bilanzänderung erst zu erfolgen, wenn deren Zulässigkeit gerichtlich geklärt ist. Von daher besteht für den Steuerpflichtigen also kein Zeitdruck.

Im Streitfall konnte die Bilanz hinsichtlich der Erhöhung von Privatanteilen, einer Hinzuschätzung wegen Buchführungsmängeln, der Entnahme dieser Beträge und zusätzlichen USt- und GewSt-Verbindlichkeiten berichtigt werden. Gewinnänderungen infolge der fehlenden Abziehbarkeit von Betriebsausgaben erfolgen dagegen außerhalb der Bilanz, eine Bilanzberichtigung und eine kompensierende Bilanzänderung sind insoweit ausgeschlossen.

2. Die Bildung einer Rücklage nach § 7g Abs. 3 ff. EStG a.F. gehört zu den zeitlich unbefristeten Wahlrechten, die formell bis zum Eintritt der Bestandskraft der Steuerfestsetzung ausgeübt werden können, auf welche sie sich auswirken sollen.

3. Die Rücklage kann, obwohl § 7g Abs. 3 S. 1 und 2 EStG a.F. die "künftige" bzw. eine "voraussichtlich bis zum Ende des zweiten Jahres auf die Bildung der Rücklage" vorzunehmende Anschaffung oder Herstellung voraussetzt, auch für ein im Zeitpunkt der Rücklagenbildung bereits angeschafftes Wirtschaftsgut gebildet werden (BFH, Urteil vom 08.11.2006, I R 89/05, BFH/NV 2007, 671). Entsprechendes gilt nach neuem Recht für den Investitionsabzugsbetrag.

4. Der BFH hat dem § 7g EStG ein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal spendiert: Den Finanzierungszusammenhang, d.h. die Eignung der Rücklage zur Investitionserleichterung. Eine klare Definition dieses Merkmals hat sich der BFH erspart, er ergänzt das Bild vielmehr immer wieder um einige Mosaiksteinchen. Die Rücklage darf jedenfalls nach Ablauf des Investitionszeitraums nicht mehr gebildet werden, wenn tatsächlich keine Investitionen durchgeführt worden sind. Die Sympathien der verschiedenen BFH-Senate für eine nachträgliche Rücklagenbildung als Gestaltungsmittel fällt ansonsten sehr unterschiedlich aus, § 11 Abs. 2 FGO scheint hier feinsinnige Differenzierungen auf Kosten klarer Divergenzen zu fördern. Detaillierte Äußerungen der Steuerverwaltung zum Finanzierungszusammenhang fehlen ebenfalls.

5. Der Finanzierungszusammenhang erfordert keinen Zahlungsfluss im Sinn eines tatsächlichen Ansparens oder gar der Verwendung der durch die Rücklagenbildung ausgelösten Steuerminderung zur Zahlung der Anschaffungskosten. Dass die zeitliche Grenze für den Finanzierungszusammenhang aufgrund typisierender Betrachtung...

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