Rz. 88

Kapitalgesellschaften sind (mit Ausnahme der kleinen Kapitalgesellschaften im Sinne des § 267 Abs. 1 HGB) nach § 316 Abs. 1 HGB verpflichtet, ihren Jahresabschluss und ihren Lagebericht durch einen Abschlussprüfer prüfen zu lassen.[1] Im Rahmen der Prüfung des Abschlusses sind sowohl Verstöße auf Seiten der Kapitalgesellschaft als auch auf Seiten des Prüfers denkbar.[2]

[2] Zu Einzelfragen siehe auch Seitz, DStR 1991, S. 315 ff.

2.2.2.1 Verstöße auf Seiten der Kapitalgesellschaft

 

Rz. 89

Verletzung der Bestellungspflicht

Nach § 318 Abs. 1 Satz 4 HGB haben die gesetzlichen Vertreter der Kapitalgesellschaft bzw. gegebenenfalls die Mitglieder des Aufsichtsrats unverzüglich nach der Wahl des Abschlussprüfers diesem den Prüfungsauftrag zu erteilen.

 

Rz. 90

Der Begriff "unverzüglich" bedeutet nach der Legaldefinition des § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB "ohne schuldhaftes Zögern".

 

Rz. 91

Ist bis zum Ablauf des Geschäftsjahres kein Abschlussprüfer gewählt worden bzw. fällt ein gewählter Abschlussprüfer aus, ohne dass er durch einen anderen ersetzt wird, so bestellt das Gericht auf Antrag der gesetzlichen Vertreter, des Aufsichtsrats oder eines Gesellschafters den Abschlussprüfer (§ 318 Abs. 4 Sätze 1 und 2 HGB). Die gesetzlichen Vertreter trifft dabei eine Antragspflicht.

 

Rz. 92

Die Möglichkeit, die Verantwortlichen zur Erfüllung ihrer Pflichten aus § 318 Abs. 1 Satz 4 und Abs. 4 Satz 1 und 2 HGB durch Verhängung eines Zwangsgeldes nach § 335 Satz 1 Nr. 3 bzw. 4 HGB a. F. anzuhalten, ist mit dem Inkrafttreten des EHUG entfallen.

 

Rz. 93

Verletzung der Pflichten gegenüber dem Abschlussprüfer

Die gesetzlichen Vertreter einer Kapitalgesellschaft haben dem Abschlussprüfer den Jahresabschluss und den Lagebericht unverzüglich nach der Aufstellung vorzulegen (§ 320 Abs. 1 Satz 1 HGB). Der Abschlussprüfer kann zudem von den gesetzlichen Vertretern alle Aufklärungen und Nachweise verlangen, die für eine sorgfältige Prüfung notwendig sind (§ 320 Abs. 2 Satz 1 HGB).

 

Rz. 94

Macht ein Mitglied des vertretungsberechtigten Organs der Kapitalgesellschaft gegenüber dem Abschlussprüfer vorsätzlich unrichtige Angaben oder gibt es die Verhältnisse der Kapitalgesellschaft unrichtig wieder bzw. verschleiert diese, so macht es sich nach § 331 Nr. 4 HGB strafbar. Es droht eine Freiheitsstrafe von bis zu 3 Jahren oder Geldstrafe.

 

Rz. 95

Die Möglichkeit, die Mitglieder des vertretungsberechtigten Organs bei Verletzung der Vorlage- und Auskunftspflichten nach § 335 Satz 1 Nr. 6 HGB a. F. durch Festsetzung eines Zwangsgeldes zur Pflichterfüllung anzuhalten, ist mit der Streichung des § 335 HGB durch das EHUG entfallen.

2.2.2.2 Verstöße auf Seiten des Prüfers

 

Rz. 96

Tätigwerden eines nicht berechtigten Prüfers

Nach § 334 Abs. 2 HGB handelt derjenige ordnungswidrig, der zu einem Jahresabschluss, der aufgrund gesetzlicher Vorschriften zu prüfen ist, einen Vermerk nach § 322 HGB erteilt, obwohl er nach § 319 Abs. 2 HGB oder die Wirtschafts- bzw. Buchprüfungsgesellschaft, für die er tätig wird, nach § 319 Abs. 3 HGB nicht Abschlussprüfer sein darf.

 

Rz. 97

Tathandlung ist ausschließlich die Erteilung eines Bestätigungsvermerks nach § 322 HGB trotz Vorliegens einer der Ausschlussgründe. Nicht erfasst ist hingegen die Erstellung eines Prüfungsberichts nach § 321 HGB.[1] Auch die Erteilung eines Bestätigungsvermerks durch eine Person, die überhaupt nicht Abschlussprüfer ist, fällt nicht unter § 334 Abs. 2 HGB.

 

Rz. 98

Verletzung der Berichtspflicht

Nach § 332 Abs. 1 HGB macht sich strafbar, wer als Abschlussprüfer oder Gehilfe eines solchen über das Ergebnis der Prüfung eines Jahresabschlusses oder eines Lageberichts einer Kapitalgesellschaft unrichtig berichtet, im Prüfungsbericht erhebliche Umstände verschweigt oder einen inhaltlich unrichtigen Bestätigungsvermerk erteilt.

 

Rz. 99

Täter des § 332 HGB können allein der nach § 318 HGB bestellte Prüfer und der Prüfungsgehilfe sein. Andere Personen können lediglich Anstifter (§ 26 StGB) oder Gehilfen (§ 27 StGB) sein. Bei § 332 HGB handelt es sich daher um ein echtes Sonderdelikt.[2]

 

Rz. 100

Als Abschlussprüfer kommen nach § 319 Abs. 1 HGB Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften bzw. bei bestimmten Gesellschaften auch vereidigte Buchprüfer und Buchprüfungsgesellschaften in Betracht. Ist eine Wirtschafts- oder Buchprüfungsgesellschaft Prüfer, so richtet sich die strafrechtliche Verantwortung nach § 14 Abs. 1 StGB.[3] Die gesetzlichen Vertreter einer Prüfungsgesellschaft sind zum einen verantwortlich, wenn sie selbst prüfen und ihnen der Bericht zurechenbar ist. Zum anderen haben sie aber auch zu verhindern, dass andere für die Gesellschaft tätige Personen einen unrichtigen Bericht erstellen, wenn sie dies erkennen.[4]

 

Rz. 101

Gehilfen eines Abschlussprüfers sind die Personen, die den Abschlussprüfer bei seiner Prüfungstätigkeit unterstützen.[5] Bloße Schreib- oder Hilfskräfte kommen in der Regel nicht als Täter in Frage. Problematisch erscheint in diesem Zusammenhang allerdings der Wortlaut des § 332 Abs. 1 HGB...

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