Entscheidungsstichwort (Thema)

GrESt-Befreiung (GrEStEigWoG) beim Erwerb einer sog. Doppelhaushälfte im Wohnungseigentum

 

Leitsatz (NV)

1. Das GrEStEigWoG enthält keine Begriffsbestimmung der begünstigten Erwerbsobjekte.

2. Die Begriffsbestimmung der Eigentumswohnung aus § 12 II. WoBauG gibt für die Auslegung des GrEStEigWoG nichts her.

3. Auf Grund der rechtlichen Vorgegebenheiten des WEG kann der Erwerb eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück, der mit dem Sondereigentum an Räumen in einem auf dem Grundstück errichteten Gebäude verbunden ist, nicht der Erwerb eines Grundstückes i. S. der Nr. 1 und 2 des § 1 Abs. 1 Satz 1 GrEStEigWoG sein.

 

Normenkette

GrEStEigWoG § 1; WEG §§ 1, 3, 5-6, 8; II. WoBauG §§ 2, 12

 

Verfahrensgang

FG Hamburg

 

Tatbestand

Mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom 3. April 1980 erwarb der Kl. einen Miteigentumsanteil von 1/2 an einem Grundstück verbunden mit dem Sondereigentum der Doppelhaushälfte Nr. 2 des Aufteilungsplans. Der Realteilung des Grundstückes standen rechtliche Hinderungsgründe entgegen. Der Kaufpreis betrug . . . DM. Als Sonderwunsch begehrte der Kl. vom Veräußerer den Einbau einer Einliegerwohnung.

In der GrESt-Erklärung vom 15. August 1980 gab der Kl. an, ein Zweifamilienhaus erworben zu haben, und beantragte für den Erwerb GrESt-Vergünstigung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 GrEStEigWoG.

Das FA setzte gegen den Kl. GrESt in Höhe von . . . DM fest. Die Steuer berechnete es unter Gewährung eines Freibetrags in Höhe von 250 000 DM nach § 1 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 GrEStEigWoG aus einer steuerpflichtigen Gegenleistung von . . . DM. Den weitergehenden Befreiungsantrag des Kl. lehnte es ab.

Im Einspruchsverfahren machte der Kl. geltend, die von ihm in Form des Wohnungseigentums erworbene Doppelhaushälfte beinhalte zwei abgeschlossene Wohnungen. Er verwies auf den vom zuständigen Bezirksamt ausgestellten Schlußabnahmeschein, in dem es heißt, daß die Schlußabnahme für das Bauvorhaben ,,Doppelhaus mit Pkw-Stellplätzen und nachträglich genehmigten Einliegerwohnungen" stattgefunden habe. Somit stehe ihm für den Erwerb der Freibetrag von 300 000 DM nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 GrEStEiGWoG zu. Der Einspruch blieb erfolglos.

Mit der Klage begehrt der Kl. die Herabsetzung der GrESt um 3 500 DM auf . . . DM. Unter Vorlage des Anerkennungsbescheids über steuerbegünstigten Wohnraum, der für Wohnraum in einem Familienheim mit zwei Wohnungen (Erdgeschoß): 108,58 qm, Dachgeschoß: 29,65 qm) erteilt worden war, wies er wiederum darauf hin, daß er ein Zweifamilienhaus erworben habe. Die zweite Wohnung sei seit 1981 ununterbrochen vermietet.

Das FG hat die Klage abgewiesen.

Mit der vom FG zugelassenen Revision verfolgt der Kl. sein Klagebegehren weiter. Er rügt Verletzung von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 GrEStEigWoG.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Kl. ist unbegründet.

Das GrEStEigWoG begünstigte unter den dort näher bezeichneten weiteren Voraussetzungen in § 1 Abs. 1 Satz 1 den Erwerb eines Grundstücks mit einem Einfamilienhaus (Nummer 1), den Erwerb eines Grundstücks mit einem Zweifamilienhaus (Nummer 2) und den Erwerb einer Eigentumswohnung (Nummer 3). Der Freibetrag belief sich für den Erwerb eines Grundstücks mit einem Einfamilienhaus und für den Erwerb einer Eigentumswohnung auf 250 000 DM und für den Erwerb eines Grundstückes mit einem Zweifamilienhaus auf 300 000 DM (§ 1 Abs. 2 GrEStEigWoG). Eine Begriffsbestimmung der begünstigten Erwerbsobjekte enthält das Gesetz nicht. Wie der Senat bereits ausgesprochen hat (vgl. Urteile vom 30. September 1981 II R 8/80, BFHE 134, 189, BStBl II 1982, 30, und vom 10. Oktober 1984 II R 28/84, BFHE 142, 173, BStBl II 1985, 101), sind die Begriffe Ein- und Zweifamilienhaus aus dem Gesetz selbst heraus auszulegen. Das gilt in gleicher Weise für den Begriff Eigentumswohnung.

Der Begriff ,,Eigentumswohnung" wird im WEG selbst nicht verwendet. Eine auf das II. WoBauG zugeschnittene (vgl. § 2 Abs. 2 Buchst. b des Gesetzes) Begriffsbestimmung enthält dessen § 12. Danach ist eine Eigentumswohnung eine Wohnung, an der Wohnungseigentum nach den Vorschriften des WEG begründet ist. Diese Aussage gibt jedoch für die Definition des Begriffs ,,Eigentumswohnung" in § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GrEStEigWoG nichts her.

Nach § 1 Abs. 2 WEG ist Wohnungseigentum das Sondereigentum an einer Wohnung in Verbindung mit dem Miteigentumsanteil an dem gemeinschaftlichen Eigentum, zu dem es gehört. Gemeinschaftliches Eigentum sind das Grundstück sowie die Teile, Anlagen und Einrichtungen des Gebäudes, die nicht im Sondereigentum oder im Eigentum eines Dritten stehen (§ 1 Abs. 5 WEG). Nicht Gegenstand des Sondereigentums sind die Teile des Gebäudes, die für dessen Bestand oder Sicherheit erforderlich sind, sowie Anlagen und Einrichtungen, die dem gemeinschaftlichen Gebrauch der Wohnungseigentümer dienen, selbst wenn sie sich im Bereich der im Sondereigentum stehenden Räume befinden (§ 5 Abs. 2 WEG). Gegenstand des unauflöslich mit dem Miteigentumsanteil an dem Grundstück (vgl. §§ 3, 8 WEG) verbundenen Sondereigentums (§ 6 Abs. 1 WEG) sind die in der Teilungserklärung (§§ 3, 8 WEG) bestimmten Räume sowie die zu diesen Räumen gehörenden Bestandteile des Gebäudes, die verändert, beseitigt oder eingefügt werden können, ohne daß dadurch insbesondere das gemeinschaftliche Eigentum beeinträchtigt oder verändert wird (§ 5 Abs. 1 WEG).

Diese Grundsätze des WEG gelten auch dann, wenn - zulässigerweise - Sondereigentum auch an sämtlichen Räumen eines von mehreren auf demselben Grundstück befindlichen Gebäudes bestellt wird. Auch in diesem Fall erstreckt sich das Sondereigentum nicht auf die konstruktiven Teile der (äußerlich selbständigen) Gebäude (Beschluß des BGH vom 3. April 1968 V ZB 14/67, BGHZ 50, 56). Denn aus den das Wohnungseigentum i. S. des § 1 Abs. 2 WEG begründenden Teilungsvorschriften der §§ 3, 8 WEG ergibt sich, daß rechtliche Grundlage des Wohnungseigentums das Miteigentum am Grundstück ist, dieses im Vordergrund steht und das Sondereigentum nur sein Anhängsel bildet (BGH-Beschluß vom 17. Januar 1968 V ZB 9/67, BGHZ 49, 250).

Diese rechtlichen Vorgegebenheiten des Wohnungseigentums sind auch bei der Auslegung des Begriffs ,,Eigentumswohnung" in § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GrEStEigWoG zu beachten. Daraus folgt unmittelbar, daß der Erwerb eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück, der mit dem Sondereigentum an Räumen in einem auf dem Grundstück errichteten Gebäude verbunden ist, nicht der Erwerb eines Grundstücks mit einem Haus i. S. der Nummern 1 und 2 des § 1 Abs. 1 Satz 1 GrEStEigWoG sein kann. Denn gerade das ,,Haus", das Gebäude bzw. der Gebäudeteil, steht in seinen tragenden Teilen dem Erwerber einer Eigentumswohnung nach vollzogenem Erwerb nicht als denkbares Alleineigentum zu. So hat auch der Kläger zwar Sondereigentum an den Räumen in der Doppelhaushälfte Nr. 2 des Aufteilungsplanes erworben, nicht aber ein Grundstück mit einem Ein- bzw. Zweifamilien-,,Haus". Diese Räume mögen sich zwar auf zwei (abgeschlossene) Wohnungen verteilen, machen aber den Erwerbsgegenstand ,,Grundstücksmiteigentum verbunden mit dem Sondereigentum an zu einem Wohnungseigentum verbundenen Wohnungen" nicht zu einem Grundstück mit einem Zweifamilienhaus i. S. des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 GrEStEigWoG. Das ,,Haus" steht als Doppelhaus mit vier Wohnungen in seiner wesentlichen Substanz im Miteigentum des Kl. und desjenigen, der das Miteigentum zur weiteren Hälfte erworben hat.

 

Fundstellen

Haufe-Index 415360

BFH/NV 1988, 596

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