Normenkette

EStG §§ 26b, 9 Abs. 1 Nr. 6, § 12 Nr. 1; LStR 1968 Abschn. 21 Abs. 11; GG Art. 3 Abs. 1

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) war im Streitjahr 1969 als Lehrerin für die Fächer Deutsch und Biologie an einem Gymnasium in A und ebenfalls dort als Fachleiterin für Biologie an einem staatlichen Studienseminar tätig. Ihr Ehemann, von dem sie 1970 geschieden worden ist, war im Streitjahr Staatsanwalt in B. Die Eheleute gaben in ihrer Einkommensteuererklärung für 1969 A als gemeinsamen Familienwohnsitz an.

In dem gegen die Klägerin und ihren Ehemann ergangenen Einkommensteuerbescheid 1969 erkannte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt –FA–) 2 235 DM Werbungskosten bei den Einkünften der Klägerin aus nichtselbständiger Arbeit an. Hierzu gehörten u.a. Aufwendungen für Fahrten von A nach B in Höhe von 748,80 DM (52 Tage × 40 km × 0,36 DM) und für dienstlich bedingte Fahrten als Fachleiterin für Biologie in Höhe von 504 DM (40 × 35 km × 0,36 DM).

Die Klägerin legte gegen den Einkommensteuerbescheid 1969 vom 10. September 1971 mit Schreiben vom 11. Oktober 1971 allein Einspruch ein. Das FA erkannte in der Einspruchsentscheidung u.a. folgende zusätzliche Werbungskosten der Klägerin an:

  1. Von den geltend gemachten Kosten für Dienstgespräche auf dem privaten Fernsprecher von 367,28 DM einen Teilbetrag von 180 DM;
  2. von den Aufwendungen für „Dienstfahrten im Stadtgebiet zu den einzelnen Schulen” einen Betrag von 418,75 DM (1 665 km × 0,25 DM = 416,25 DM + 2 DM Rechenfehler);
  3. Kosten für Dienstreisen mit dem privaten PKW von 343 DM (1 372 km × 0,25 DM je Kilometer).

Das FA stellte die Einspruchsentscheidung dem Prozeßbevollmächtigten der Klägerin zu und sandte ihrem Ehemann eine Abschrift davon.

Die Klägerin und ihr Ehemann erhoben mit Schriftsatz vom 5. Juli 1972 gemeinschaftlich Klage. Mit der Klage wurde u.a. geltend gemacht:

I. Vom Ehemann:

Zusätzliche Werbungskosten von 2 660,82 DM und eine Versicherungsprämie von 154,56 DM als Sonderausgaben.

II. Von der Klägerin:

  1. Der vom FA in der Einspruchsentscheidung nicht anerkannte Restbetrag für dienstliche Telefongespräche von 187,28 DM;
  2. bei den Aufwendungen für „Dienstreisen im Stadtgebiet zu den einzelnen Schulen” ein zusätzlicher Betrag von 309,68 DM (er ergibt sich bei Zugrundelegung eines Satzes von 0,4375 DM je km lt. ADAC-Tabelle statt des vom FA in der Einspruchsentscheidung anerkannten Satzes von 0,25 DM je km);
  3. für PKW-Kosten auf Dienstreisen ein zusätzlicher Betrag von 257,50 DM (er ergibt sich ebenfalls aus der Differenz zwischen dem Satz nach der ADAC-Tabelle von 0,4375 DM je km und dem vom FA angesetzten Satz von 0,25 DM je km);
  4. Ausgaben für Fachliteratur, und zwar 216 DM für Grzimeks Tierleben (12 × 18 DM Raten) und 96 DM für Brechts Werke;
  5. Kosten für das Arbeitszimmer von 1 224,60 DM;
  6. 144 DM weiterer Aufwand für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte an 20 Tagen mit untypischer geteilter Arbeitszeit bei Anwendung des ADAC-Satzes von 0,4375 DM/km;
  7. 87,36 DM Lebensversicherungsbeiträge als Sonderausgaben

sowie hilfsweise: sofortige Absetzung der Anschaffungskosten für die Einrichtungsgegenstände im Arbeitszimmer von 6 439,08 DM.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage des Ehemannes der Klägerin als unzulässig ab, weil insoweit kein Vorverfahren stattgefunden habe. Es ist der Ansicht, aus der Klageerhebung durch die Klägerin könne nicht geschlossen werden, daß die Klägerin zugleich für ihren Ehemann Einspruch eingelegt habe. Denn sie sei immerhin schon seit 1970 –also schon vor Erlaß des Einkommensteuerbescheids 1969– von ihrem Ehemann geschieden worden.

Das FG wies die Klage der Klägerin teils als unzulässig und teils als unbegründet ab. Es legte u.a. dar:

Die Klage der Klägerin sei unzulässig, soweit sie, die Klägerin, die Herabsetzung der Kirchensteuer und der Ergänzungsabgabe begehre, da das FG für die Festsetzung von Kirchensteuer nicht zuständig und die Ergänzungsabgabe als solche nicht im Streit sei. Die Klage sei auch insoweit unzulässig, als die Klägerin beantrage, das FA zur Zahlung des sich aus dem Klagebegehren ergebenden Erstattungsbetrages von 1 425,80 DM nebst 5 % Zinsen auf 1 400 DM ab Rechtshängigkeit zu verurteilen. Denn hierfür bestehe kein Rechtsschutzinteresse.

Im übrigen sei die Anfechtungsklage der Klägerin unbegründet. Hierzu führte das FG u.a. aus:

Entgegen dem Begehren der Klägerin zu den vorstehend genannten Punkten zu II. b), c) und f) könne für die dort geltend gemachten PKW-Kosten nicht der ADAC-Satz von 0,4375 DM je km zugrunde gelegt werden. Da die Klägerin die PKW-Kosten nicht im einzelnen nachgewiesen habe, sei aus Gründen der Gleichbehandlung aller Steuerpflichtigen der in Abschn. 21 Abs. 12 der Lohnsteuer-Richtlinien (LStR) genannte Pauschsatz von 0,25 DM je km als eine vertretbare Schätzung der Finanzverwaltung anzusetzen. Hierzu brauche kein Sachverständigenbeweis eingeholt zu werden. Die Klägerin übersehe, daß ein Sachverständiger den Aufwand ebenfalls nur schätzen könne, da sie keine Einzelbelege über die Kraftfahrzeugkosten aufbewahrt habe.

Abgesehen davon, daß der Ehemann die Kosten für Grzimeks-Tierleben und Brechts Werke getragen habe, könnten diese zu Punkt II. d) genannten Aufwendungen bei der Klägerin auch deshalb nicht als Werbungskosten berücksichtigt werden, weil es sich um einen nicht abziehbaren Aufwand im Sinne des § 12 des Einkommensteuergesetzes (EStG) handle. Entsprechend dem Beschluß des Großen Senats des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 19. Oktober 1970 GrS 2/70 (BFHE 100, 309, BStBl II 1971, 17) könne ein Steuerpflichtiger Aufwendungen für die Lebensführung nicht durch Verbindung von privaten und beruflichen Erwägungen steuerlich deshalb in den Bereich der Werbungskosten verlagern, weil er einen entsprechenden Beruf ausübe. Es bedürfe daher keiner weiteren Darlegung, daß die Anschaffung von Grzimeks-Tierleben bei einer Biologielehrerin nicht spezifisch berufsbedingt sei. Dieses Buch werde ebenso wie Brechts Werke auch von anderen Steuerpflichtigen angeschafft.

Das Gericht brauche auf den von der Klägerin geltend gemachten Aufwand von 1 224,60 DM für das häusliche Arbeitszimmer und auf die zusätzlich geltendgemachten Lebensversicherungsbeiträge als Sonderausgaben (vorstehende Punkte zu II. e) und g)) nicht einzugehen, weil diese Beträge mit folgenden, im Steuerbescheid zugunsten der Klägerin enthaltenen Fehlern des FA zu verrechnen seien:

aa) Die vom FA im Steuerbescheid anerkannten Fahrtkosten der Klägerin zwischen B und A von 748,80 DM ständen der Klägerin nicht zu. Da die Eheleute A als gemeinsamen Wohnort bezeichnet hätten, könnten Fahrtkosten nach B (Dienstort des Ehemannes) „aus keiner Sicht” bei ihr als Werbungskosten abziehbar sein.

bb) Das FA habe der Klägerin für Aufwendungen bei „Dienstfahrten im Stadtgebiet” im Steuerbescheid einen Betrag von 504 DM und in der Einspruchsentscheidung zu Punkt 2 zu Unrecht weitere 418,75 DM zum Abzug zugelassen. Unter Berücksichtigung eines Rechenfehlers von 2,50 DM habe das FA der Klägerin mithin Werbungskosten in Höhe von 506,50 DM zu viel zuerkannt.

cc) Das FA habe in der Einspruchsentscheidung zu Unrecht einen Teilbetrag der von der Klägerin geltend gemachten dienstlichen Fernsprechkosten von 180 DM als Werbungskosten berücksichtigt. Dies widerspreche dem Aufteilungsverbot des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG, weil die Klägerin keine Aufzeichnungen über die dienstlich veranlaßten und privat geführten Gespräche geführt habe. Im übrigen sei der Fernsprechanschluß auf den Ehemann der Klägerin zugelassen gewesen.

Dem für den Fall der Klageabweisung vorsorglich gestellten Antrag auf sofortigen Abzug der Anschaffungskosten der größeren Einrichtungsgegenstände im Arbeitszimmer in Höhe von 6 439,08 DM abzüglich der bisher begehrten Absetzung für Abnutzung (AfA) von 10 % (643,90 DM) könne ebenfalls nicht stattgegeben werden. Denn die Klägerin habe insoweit ihrer Nachweispflicht nicht genügt. Eine von ihr beantragte Besichtigung der Gegenstände durch das Gericht entbinde sie nicht von der Pflicht, den Tag, die Höhe sowie die Zahlungsdaten der Anschaffungen nachzuweisen.

Die Klägerin legte gegen diese Entscheidung Revision ein.

Sie bringt u.a. vor:

Das FG habe seine Aufklärungspflicht und den Grundsatz des rechtlichen Gehörs verletzt, weil es sie nicht danach gefragt habe, ob sie selbst auch die Werbungskosten ihres Ehemannes und alle Versicherungsprämien als Sonderausgaben geltend mache. Es hätte die Möglichkeit bestanden, daß das FG die von ihrem Ehemann geltend gemachten zusätzlichen Werbungskosten von insgesamt 2 660,82 DM und die Versicherungsprämie von 154,56 DM als Sonderausgabe im Rahmen ihrer Klage anerkannt hätte. Das Gericht hätte nicht das Vorbringen des für sie und ihren geschiedenen Ehemann gemeinsam bestellten Prozeßbevollmächtigten dahin aufspalten dürfen, der Ehemann habe nur dieses, sie aber nur jenes vorgetragen. Es hätte hieraus keine so weitreichenden und überraschenden Folgerungen ziehen dürfen, ohne sie, die Klägerin, hierauf zuvor ausdrücklich hinzuweisen.

Das FG habe außerdem gegen § 9 EStG und § 11b der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) verstoßen. Denn es habe ihre Fernsprechkosten und ihre Aufwendungen für Grzimeks-Tierleben deshalb nicht als Werbungskosten anerkannt, weil ihr Ehemann die Kosten bezahlt habe. Die Vorentscheidung weiche insoweit von den BFH-Urteilen vom 22. März 1967 VI R 300/66 (BFHE 89, 69, BStBl III 1967, 596) und vom 6. Dezember 1968 VI R 86/67 (BFHE 94, 485, BStBl II 1969, 237) ab.

Die Vorentscheidung verletze zudem § 96 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Das FG hätte nicht unterstellen dürfen, Grzimeks-Tierleben und Brechts Werke würden von ihr nicht als Arbeitsmittel, sondern zur Lebensführung genutzt. Durch diese unbegründete Behauptung habe das FG ihr zugleich das rechtliche Gehör versagt. Es hätte bei Beachtung der ihm obliegenden Aufklärungspflicht der Frage nachgehen müssen, in welcher Weise sie die Bücher für den Unterricht gebraucht habe.

Entsprechend dem BFH-Urteil vom 20. Mai 1976 VI R 221/74 (BFHE 119, 158, BStBl II 1976, 507) seien die Telefonkosten in einen beruflichen und privaten Bereich aufzuteilen. Das FG hätte im übrigen den von ihr angetretenen Sachverständigenbeweis zu ihrer Behauptung erheben müssen, sie habe 367,28 DM beruflichen Telefonkostenaufwand gehabt.

Das FG sei zu Unrecht davon ausgegangen, daß das FA für „Dienstfahrten im Stadtgebiet” Beträge von 504 DM und 418,75 DM berücksichtigt habe. In den vom FA in der Einspruchsentscheidung anerkannten Werbungskosten von 3 294,87 DM seien lediglich „Dienstfahrten im Stadtgebiet” von 418,75 DM enthalten. Durch diese falschen Feststellungen habe das FG § 96 Abs. 2 FGO verletzt und es sei ihr zugleich das rechtliche Gehör versagt worden.

Das FG hätte zudem zwecks Feststellung des Werts der Einrichtungsgegenstände ihres Arbeitszimmers diese in Augenschein nehmen oder den von ihr angebotenen Sachverständigenbeweis erheben müssen. In der Nichterhebung des von ihr angebotenen Sachverständigenbeweises zu diesem Punkt und zur Höhe der Kraftfahrzeugkosten von 0,4375 DM je km liege zugleich eine Verletzung des Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG). Das FG habe insoweit objektiv willkürlich gehandelt.

Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.

1. Die Revision ist allerdings insoweit unbegründet, als die Klägerin sich dagegen wendet, daß das FG die vom Kläger im Klageverfahren geltend gemachten Werbungskosten von insgesamt 2 660,82 DM und Lebensversicherungsbeiträge von 154,56 DM auf einen (offenbar auf den Namen des Ehemannes abgeschlossenen) Bausparvertrag nicht berücksichtigt hat.

Das FG ist ohne Rechtsverstoß davon ausgegangen, daß die vom geschiedenen Ehemann erhobene Klage unzulässig war, weil insoweit kein Einspruchsverfahren als gerichtliches Vorverfahren stattgefunden hat. Die Eheleute sind zur Einkommensteuer 1969 zusammenveranlagt worden und sind deshalb nach § 7 Abs. 2 des Steueranpassungsgesetzes (StAnpG) Gesamtschuldner. Wie der BFH durch Urteil vom 5. Februar 1971 VI R 301/66 (BFHE 101, 358, BStBl II 1971, 331) entschieden hat, schließt die Gesamtschuldnerschaft nach § 7 Abs. 2 StAnpG die Möglichkeit verschiedener Entscheidungen im Rechtsmittelverfahren gegenüber den zusammenveranlagten Eheleuten nicht aus. Dementsprechend konnte der Einkommensteuerbescheid 1969 gegenüber dem Ehemann (nicht aber gegenüber der Klägerin) dadurch unanfechtbar werden, daß nur die Klägerin, nicht aber ihr Ehemann Einspruch gegen diesen Verwaltungsakt erhoben hat (BFH-Beschluß vom 20. Januar 1972 I B 51/68, BFHE 104, 45, BStBl II 1972, 287).

Das FG konnte im Streitfall zu Recht davon ausgehen, daß die Klägerin nicht zugleich auch für ihren geschiedenen Ehemann Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid 1969 eingelegt hat. Das ergibt sich eindeutig aus der persönlichen Klageschrift der Klägerin vom 11. Oktober 1971 und aus dem im Einspruchsverfahren eingereichten Schriftsatz ihres Prozeßbevollmächtigten vom 28. Januar 1972, in dem dieser betont hatte, nur allein die Klägerin zu vertreten. Im Hinblick darauf, daß die Eheleute sich im Jahr 1970 haben scheiden lassen, konnte das FG ebenfalls ohne Rechtsverstoß annehmen, daß die Ehefrau bei Einlegung ihres Einspruchs am 11. Oktober 1971 auch nicht konkludent für ihren Ehemann hat handeln wollen. Das FA hat dementsprechend die Einspruchsentscheidung vom 26. Juni 1972 zu Recht allein gegen die Klägerin erlassen. Das FG hat bei dieser Sachlage ohne Rechtsverstoß dem Umstand keine Bedeutung beigemessen, daß das FA dem Bevollmächtigten der Klägerin eine für den Ehemann bestimmte Abschrift der Einspruchsentscheidung mit übersandt hat.

War mithin die Klageerhebung durch den Ehemann unzulässig, so konnte das FG dessen Vorbringen bezüglich erhöhter Werbungskosten und eigener Versicherungsbeiträge im gemeinsamen Klageverfahren der Eheleute nicht berücksichtigen. Das FG konnte die gemeinsamen Schriftsätze der Eheleute im Klageverfahren auch nicht dahin würdigen, die Klägerin habe die Werbungskosten und Sonderausgaben ihres geschiedenen Ehemannes mit geltend gemacht. Eine solche stillschweigende Bevollmächtigung der Ehefrau würde ins Leere gehen, da der Einkommensteuerbescheid –wie dargelegt– dem Ehemann gegenüber mit Ablauf der Einspruchsfrist bestandskräftig geworden ist. Das FG hat daher bezüglich dieser Fragen weder seine Aufklärungspflicht verletzt noch der Klägerin das rechtliche Gehör versagt.

2. Die Revision ist ebenfalls insoweit unbegründet, als die Klägerin für die von ihr geltend gemachten Dienstreisen und für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bei untypisch geteilter Arbeitszeit einen nach der ADAC-Tabelle ermittelten Kilometersatz von 0,4375 DM begehrt.

Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß bei untypisch geteilter Arbeitszeit nur der doppelte Ansatz des Pauschbetrages nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 EStG von 0,36 DM je Entfernungskilometer in Betracht kommen kann (vgl. Hartz/Meeßen/Wolf, ABC-Führer Lohnsteuer, Stichwort: „Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte” zu II 3 Abs. 3 und die dort erwähnte Rechtsprechung). Bei Dienstreisen können Steuerpflichtige hingegen die ihnen tatsächlich entstandenen PKW-Aufwendungen als Werbungskosten nur absetzen, wenn sie diese Ausgaben im einzelnen nachweisen. Fehlt aber ein solcher Nachweis, so muß der Aufwand geschätzt werden (vgl. § 217 der Reichsabgabenordnung –AO– bzw. § 162 der AbgabenordnungAO 1977–). Wie der erkennende Senat im Urteil vom 15. Dezember 1967 VI R 268/67 (BFHE 90, 498, BStBl II 1968, 126) ausgeführt hat, bildet der in Abschn. 21 Abs. 11 LStR 1968 (Abschn. 21 Abs. 9 LStR 1960) genannte Pauschbetrag von 0,25 DM je Kilometer eine vertretbare Schätzung des Aufwandes, die der Arbeitsvereinfachung für die Arbeitgeber (zwecks Aufwendungsersatzes), die Arbeitnehmer und die Finanzbehörden dient und gleichzeitig die Gleichmäßigkeit der Besteuerung fördert. Die Auswirkung der Schätzung, daß die Benutzer kleinerer Kraftfahrzeuge gegenüber denjenigen, die größere Wagen fahren, bevorzugt sind, muß bei einer der Vereinfachung dienenden Schätzung in Kauf genommen werden. Sie widerspricht nicht dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG; denn sie ist nicht willkürlich und sachfremd, sondern von der Natur der Sache her unvermeidbar. Da die Klägerin im Streitfall die ihr auf den Dienstreisen erwachsenen PKW-Kosten nicht im einzelnen nachgewiesen hat, hat das FG es zu Recht nicht beanstandet, daß das FA die der Klägerin hierbei entstandenen Kosten mit dem Pauschbetrag von 0,25 DM für den gefahrenen Kilometer berechnet hat.

Nach ständiger Rechtsprechung des BFH kann der Steuerpflichtige den vorgenannten Einzelnachweis der PKW-Kosten nicht durch den Hinweis auf die Werte in der ADAC-Tabelle führen (vgl. Urteil in BFHE 90, 498, BStBl II 1968, 126 und vom 17. Dezember 1976 VI R 118/75, BFHE 121, 193, BStBl II 1977, 295). Denn diese Tabellen sind, wie der BFH in den vorgenannten Entscheidungen ausgeführt hat, nur nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen aufgestellt. Sie sollen den Autobesitzern lediglich zeigen, welche Kosten ihnen durch die Kraftfahrzeugnutzung im großen Durchschnitt entstehen. Die ADAC-Tabellen sind zum Nachweis der tatsächlich entstandenen Kraftfahrzeugkosten nicht geeignet, weil sie manche Umstände überhaupt nicht berücksichtigen, wie insbesondere den Anschaffungspreis bei Gebrauchtfahrzeugen sowie den Zeitpunkt und Erlös des Wiederverkaufs. Andererseits sind in den Tabellen Kosten enthalten, die steuerlich nicht berücksichtigungsfähig sind (insbesondere die Verzinsung des Eigenkapitals) oder die im Einzelfall überhaupt nicht oder nicht in der angegebenen Höhe angefallen sein müssen, wie z.B. Garagenmiete, Kosten für Pflege des Autos, Teilkaskoversicherung, Versicherungsbeiträge auf der Grundlage einer Basisprämie von 100 % (also ohne Berücksichtigung von Schadensfreiheitsrabatten). An dem Grundsatz der Nichtberücksichtigung von Kilometersätzen der ADAC-Tabellen hat der BFH bis heute festgehalten (vgl. auch das jüngst zu § 33 EStG ergangene Urteil des Senats vom 27. Juni 1980 VI R 147/77, BFHE 131, 53, BStBl II 1980, 651). Die Einwendungen der Klägerin veranlassen den Senat nicht zur Änderung seiner Rechtsansicht.

Die Klägerin kann die Angaben in den ADAC-Tabellen auch nicht dadurch zum Beweis der ihr tatsächlich entstandenen Aufwendungen in den Prozeß einführen, daß sie einen Sachverständigenbeweis anbietet, nach dem der sich aus der ADAC-Tabelle für sie ergebende Kilometersatz von 0,4375 DM für den gefahrenen Kilometer ihren tatsächlichen Aufwendungen entsprechen soll. Das FG hat es zu Recht abgelehnt, zu dieser Frage einen Sachverständigen zu hören. Denn der Sachverständige könnte nur zu einer Frage aussagen, auf die es in diesem Rechtsstreit deshalb nicht ankommt, weil durch die ADAC-Tabellen –wie ausgeführt– der Nachweis der tatsächlichen Kosten nicht geführt werden kann. Mangels geeigneter Unterlagen könnte der Sachverständige die Schätzung der Finanzverwaltung in Abschn. 21 Abs. 1 LStR 1970 ohnehin nur durch eine andere Schätzung ersetzen. Das ist jedoch dem FG im Hinblick auf den dieser Verwaltungsregelung zugrunde liegenden Gleichheitssatz verwehrt.

3. Begründet ist jedoch die von der Klägerin erhobene Rüge mangelnder Sachverhaltsaufklärung bezüglich der Anschaffungskosten für Grzimeks-Tierleben und Brechts Werke.

a) Der Geltendmachung dieser Aufwendungen als Werbungskosten der Klägerin steht nicht entgegen, daß diese Bücher vom Ehemann der Klägerin bestellt und nach den Feststellungen des FG auch von ihm bezahlt wurden. Bei einer Einkommensteuer-Zusammenveranlagung sind nach § 26b EStG zwar die Einkünfte der Ehegatten getrennt zu ermitteln und sodann zusammenzurechnen; auf dieser Grundlage ist dann ein einheitliches Einkommen der Eheleute zu errechnen, auf das der Einkommensteuertarif anzuwenden ist (vgl. BFH-Urteil vom 17. Februar 1976 VIII R 4/74, BFHE 118, 322, BStBl II 1976, 378 und die dort erwähnte Rechtsprechung). Bei einer solchen gesonderten Ermittlung der Einkünfte muß jedoch dem Umstand Rechnung getragen werden, daß nicht dauernd getrennt lebende und daher auf Antrag zusammenzuveranlagende Eheleute in der Regel eine Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft bilden, bei der Ausgaben mehr oder minder aus einem gemeinsamen Topf bestritten zu werden pflegen. Der BFH hat es daher nicht nur bei Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen (vgl. außer dem von der Klägerin erwähnten Urteil in BFHE 89, 69, BStBl III 1967, 596, auch das Urteil des Senats vom 22. Juni 1979 VI R 85/76, BFHE 128, 236, BStBl II 1979, 660, Begründung zu II b Absatz 3 und die dort erwähnte Rechtsprechung), sondern auch bei der Ermittlung von Einkünften nicht für schädlich angesehen, wenn die von einem Ehepartner geltend gemachten Werbungskosten vom anderen Ehepartner gezahlt wurden, falls eine solche Kostenzahlung oder das gemeinschaftliche Tragen solcher Aufwendungen im üblichen Rahmen einer gemeinschaftlichen Wirtschaftsführung liegt (vgl. z.B. Urteil in BFHE 94, 485, BStBl II 1969, 237 bezüglich der Zahlung von Hypothekenzinsen durch den Ehemann für das von beiden Eheleuten gemeinschaftlich bewohnte Haus der Ehefrau und BFH-Urteil vom 30. Mai 1967 VI R 308/66, BFHE 89, 189, BStBl III 1967, 571 bezüglich der Benutzung des einem Ehegatten gehörenden PKW für Fahrten beider Eheleute zu ihren jeweiligen Arbeitsstätten).

b) Die Vorentscheidung ist aufzuheben, weil der vom FG festgestellte Sachverhalt nicht eindeutig erkennen läßt, ob die Aufwendungen für Grzimeks-Tierleben und Brechts Werke für die Klägerin Kosten der Lebensführung waren.

Zu den Aufwendungen, die nach § 9 Abs. 1 Nr. 6 EStG 1969 (§ 20 Abs. 2 Nr. 4 LStDV 1968) als Werbungskosten zu berücksichtigen sind, gehören auch Ausgaben für Arbeitsmittel. Nicht abziehbar sind jedoch Aufwendungen für die Lebensführung, die die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt, auch wenn sie zur Förderung des Berufs oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen. Handelt es sich um Aufwendungen für beruflich genutzte Wirtschaftsgüter, die auch privat genutzt werden können oder mit deren Benutzung gleichzeitig berufliche und private Zwecke verfolgt werden können, so kommt es nach dem Beschluß des Großen Senats in BFHE 100, 309, BStBl II 1971, 17 für die Entscheidung, ob nichtabziehbare Aufwendungen für die Lebensführung vorliegen, im allgemeinen weniger auf den objektiven Charakter des angeschafften Wirtschaftsguts, sondern entscheidend auf den tatsächlichen Verwendungszweck, auf die Funktion des Wirtschaftsguts im Einzelfall an. Diese Grundsätze sind auch anzuwenden, wenn zu entscheiden ist, ob Bücher als Arbeitsmittel im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 6 EStG 1969 (§ 20 Abs. 2 Nr. 4 LStDV 1968) anzusehen sind.

Die Klägerin rügt zu Recht, daß das FG im Streitfall keine näheren Feststellungen dazu getroffen hat, in welchem Umfang sie die beiden genannten Werke für dienstliche und für private Zwecke zu nutzen pflegt. Auf die Funktion dieser Wirtschaftsgüter im Einzelfall kommt es jedoch, wie dargelegt, maßgeblich an (vgl. auch BFH-Urteil vom 28. April 1972 VI R 305/69, BFHE 106, 59, BStBl II 1972, 723).

Die Sache ist an das FG zurückzuverweisen, damit es die entsprechenden Feststellungen nachholt, so insbesondere zur Frage, inwieweit die Klägerin diese Werke im Unterricht und/oder für die Unterrichtsvorbereitung gebraucht hat. Solche Feststellungen sind auch dann erforderlich, wenn nach der Lebenserfahrung vieles dafür spricht, daß Brechts Werke nicht nur aus beruflichen Gründen gelesen werden und die Anschaffungskosten hierfür deshalb unter § 12 EStG fallen können. Es dürfte erst recht auf die Umstände des Einzelfalles abzustellen sein, ob die Anschaffung von Grzimeks-Tierleben für eine Biologielehrerin ein Arbeitsmittel darstellt oder nicht (vgl. auch das von der Vorinstanz erwähnte Urteil des FG Berlin vom 27. August 1971 III 38/71 –Entscheidungen der Finanzgerichte 1972 S. 179 Nr. 189 (EFG 1972, 179, 189)– unter Hinweis in den EFG 1979, 102, wonach der BFH die Würdigung des FG in dem nicht zur Veröffentlichung bestimmten Urteil vom 21. August 1974 VI R 232/71 bestätigt hat).

Aufgrund der Zurückverweisung der Sache wird das FG auch zu den übrigen, von der Klägerin im Revisionsverfahren geltend gemachten Einwendungen mehr tatsächlicher Art Stellung zu nehmen haben. Es wird insbesondere die Frage näher untersuchen müssen, ob das FA tatsächlich Fahrtkosten von 748,50 DM und 506,50 DM zuviel anerkannt hat und ob der vom FG abgelehnten Aufteilung der Telefonkosten das Urteil des Senats vom 9. November 1978 VI R 195/77 (BFHE 126, 418, BStBl II 1979, 149) entgegensteht. Zur Frage, ob in die Aufteilung von Telefonkosten auch Telefongrundgebühren einzubeziehen sind, nimmt der Senat auf sein Urteil vom 21. November 1980 VI R 202/79 (BFHE 132, 63, BStBl II 1981, 131) Bezug. Soweit die vom FG gegengerechneten Beträge nicht auf Fehlern des FA beruhen sollten, wird das FG auch Feststellungen zu den von ihm –von seinem Standpunkt aus zu Recht– nicht behandelten Aufwendungen der Klägerin für das häusliche Arbeitszimmer von 1 224,60 DM und weitere Sonderausgaben von 87,26 DM treffen müssen. Es wird auch prüfen müssen, ob dem von der Klägerin im Klageverfahren gestellten Hilfsantrag, die Anschaffungskosten größerer Einrichtungsgegenstände im Arbeitszimmer sofort im vollen Umfang als Werbungskosten abzusetzen, die Entscheidungen des Senats vom 18. Februar 1977 VI R 182/75 (BFHE 121, 444, BStBl II 1977, 464) und vom 28. Oktober 1977 VI R 194/74 (BFHE 123, 558, BStBl II 1978, 151 sowie die dort erwähnte Entscheidung des Großen Senats des BFH vom 26. November 1973 GrS 5/71, BFHE 111, 242, BStBl II 1974, 132) entgegenstehen. Wegen der Frage, ob das FG die Klage bezüglich des Zinsanspruches und der Ergänzungsabgabe zu Recht als unzulässig abgewiesen hat, wird auf das Urteil des Senats vom 30. November 1979 VI R 159/76 Bezug genommen.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1259708

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