Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Umsatzsteuerermäßigung für Schmuckstücke

 

Leitsatz (NV)

Von einem Goldschmied gefertigte Schmuckstücke sind keine umsatzsteuerermäßigten Kunstgegenstände (Bestätigung der Rechtsprechung). Die Beschränkung der Steuerermäßigung auf Umsätze zolltariflich näher bestimmter Kunstgegenstände ist nicht verfassungswidrig.

 

Normenkette

UStG 1980 § 12 Abs. 2 Nr. 1; Anl. Nr. 47; ZT-Nr. 99.03; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 5 Abs. 3

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsklägerin, eine freischaffende Goldschmiedin, stellt selbstentworfene Schmuckstücke her. Das beklagte und revisionsbeklagte Finanzamt (FA) besteuerte die entsprechenden Umsätze nach dem Regelsteuersatz. Die Klage, mit der die Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes i. V. m. Nr. 47 der Anlage dazu (Kunstgegenstände: . . . Nr. 99.03 . . . des Zolltarifs - ZT -) begehrt wurde, hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) entschied im Anschluß an das Urteil des erkennenden Senats vom 20. Februar 1990 VII R 126/89 (BFHE 160, 93, BStBl II 1990, 763), Originalerzeugnisse der Bildhauerkunst (ZT-Nr. 99.03) lägen nicht vor. Art. 5 Abs. 3 des Grundgesetzes (GG) sei nicht verletzt: es bedeute keine Einschränkung der Kunstausübung, wenn der Umsatzbesteuerung unterfallende Aktivitäten mit dem gesetzlich vorgesehenen Steuersatz belegt würden. Auch der Gleichheitssatz sei nicht verletzt. Es sei nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber mit der Begünstigung haltmache, sobald der geschaffene Kunstgegenstand in die Nähe einer Handelsware gerate und außer der reinen bildnerischen Ausstrahlung schmückende und zierende Funktionen zutage träten.

Mit der Revision trägt die Klägerin vor, die Versagung der Steuerbegünstigung bedeute eine nicht vertretbare wirtschaftliche Benachteiligung. Die unterschiedliche zolltarifliche Einstufung des vom Künstler gewählten Mediums verletze Art. 3 Abs. 1 GG; die Darstellungsart könnte keine unterschiedliche steuerliche Behandlung der Erzeugnisse eines darstellenden Künstlers begründen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet.

Das FG hat zutreffend entschieden, daß der Klägerin die von ihr beanspruchte Steuerermäßigung nicht zusteht. Kunstgegenstände, solche, deren Umsätze steuerbegünstigt sind, liegen bei den von der Klägerin gefertigten Schmuckstücken nicht vor (BFHE 160, 93; vgl. auch das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 18. September 1990 Rs C-228/89, EuGHE 1990 I, 3401, 3406 f., nach dem sog. Paperweights mit künstlerischem Charakter auch in Hinblick auf den bestehenden Wettbewerb mit ähnlichen Erzeugnissen industrieller oder handwerklicher Fertigung keine zollfreien Kunstgegenstände sind). Die Revision bringt insoweit Gegengründe nicht vor.

Die Beschränkung der Steuerermäßigung auf die Umsätze von im ZT näher bestimmten Kunstgegenständen - hier: Originalerzeugnisse der Bildhauerkunst - ist auch nicht verfassungswidrig. Es ist mithin nicht veranlaßt, eine Entscheidung des BVerfG über die Verfassungsmäßigkeit der umsatzsteuerrechtlichen Nichtbegünstigung der Umsätze von anderen (Kunst-)Gegenständen einzuholen (zu dem Fall eines behaupteten gleichheitswidrigen Begünstigungsausschlusses Senat, Urteil vom 9. August 1988 VII R 146/85, BFHE 154, 235, 237, BStBl II 1988, 964 - Kraftfahrzeugsteuer). Der Gesetzgeber ist von Verfassungs wegen nicht gehalten, eine steuerliche Begünstigung allen Bereichen künstlerischen Schaffens gleichermaßen zugute kommen zu lassen (BVerfG, Urteil vom 5. März 1974 1 BvR 712/68, BVerfGE 36, 321, 332, BStBl II 1974, 267, 270), etwa ,,Kunstgegenstände" schlechthin steuerlich zu begünstigen; er kann, vor allem im Hinblick auf die Schwierigkeit, den Begriff ,,Kunst" eindeutig festlegen (vgl. hierzu auch die in Umsatzsteuer-Rundschau 1987, 11 veröffentlichte Antwort auf eine parlamentarische Anfrage), genau bestimmte Kunstgegenstände wie Originalerzeugnisse der Bildhauerkunst begünstigen, handwerkliche Erzeugnisse, auch solche individueller ,,künstlerischer" Fertigung - hier Schmuckstücke, die im ZT besonders erfaßt sind -, aber unbegünstigt lassen. Hierin liegt keine unsachgemäße Differenzierung, die allein einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz darstellen würde (hierzu Senat, Urteil vom 10. Juli 1990 VII R 12/88, BFHE 162, 141, 143, BStBl II 1990, 929). Auch die Kunstfreiheitsgarantie - Art. 5 Abs. 3 GG - verpflichtet nicht zu einer unterschiedslosen Steuerbegünstigung der ,,Kunst" (BVerfG, a. a. O.).

 

Fundstellen

Haufe-Index 418434

BFH/NV 1992, 851

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